Überraschungsbesuch

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Melinda hat nach Feierabend eine Lasagne für uns gemacht, während ich geduscht und mit Kendra telefoniert habe. Sie wollte natürlich alles über den restlichen Abend mit Ben wissen und hat sofort einen Pärchen-Abend vorgeschlagen. 

Auch wenn ich mir sicher bin, dass Ben absolut nicht der Typ für sowas ist, habe ich ihr versprochen, ihn danach zu fragen. 

Mit einem kuscheligen Pullover und einer kurzen Hose mache ich mich auf den Weg nach unten. Ich atme tief den leckeren Geruch von dem Essen ein und schließe die Augen. "Mh, es riecht fantastisch", stöhne ich als ich in der Küche ankomme. 

"Du kommst genau richtig, die Lasagne ist gerade fertig", lächelt Melinda. 

Gemeinsam sitzen wir am Tisch und genießen das leckere Essen. Es schmeckt so gut, dass ich mir noch einen zweiten Teller nehme. Durch das schreckliche Essen in der Schule weiß ich gutes Essen umso mehr zu schätzen. 

Als wir fertig sind, lehnt Melinda sich mit ihrem Glas Wein zurück und seufzt. "Weißt du, ich war auch mal mit einem von ihnen zusammen", sagt sie gedankenverloren. 

Mit großen Augen sehe ich sie an. 

"Ja", schnaubt sie. "Als ich mein Café eröffnet habe, standen ziemlich schnell vier Typen vor meiner Tür und fragte mich, ob ich Schutz benötige. Mir war klar, dass das nur eine rhetorische Frage war und ich habe mich darauf eingelassen, um unnötigen Ärger aus dem Weg zu gehen", sie trinkt einen großen Schluck aus ihrem Glas. 

"Ich habe mich unter der Bedingung darauf eingelassen, dass tatsächlich jemand vor Ort ist als eine Art Security. Anfangs habe ich nämlich noch viel mehr Notfälle hier aufgenommen und man weiß nie, wie jemand reagiert, der auf Drogen ist oder eben nicht" 

"Also hat ein Mann namens Mirko seine Tage hier bei uns im Laden verbracht. Es kam natürlich nicht oft vor, dass er eingreifen musste, aber ich war dennoch froh, das er da war. Wir verbrachten viel Zeit miteinander und haben uns wirklich gut verstanden. Ich habe mich auf ihn eingelassen, aber schnell gemerkt, dass wir viel zu unterschiedliche Ansichten haben" 

"Was waren das für Ansichten?", frage ich. 

"Er war sehr besitzergreifend und wollte irgendwann, dass ich den Laden aufgebe", erklärt sie. "Total absurd", sie schüttelt ungläubig den Kopf. "Außerdem wusste ich nie, was er eigentlich macht und das hat mich irgendwann wirklich verrückt werden lassen" 

"War es schwer für dich, dich wieder zu trennen?", frage ich nach einer Weile. 

"Sehr, ich habe ihn wirklich geliebt und wir hatten eine schöne Zeit, aber diese Jungs sind alle so starrsinnig. Sie lernen aus eine Art Codex wie die Welt zu sein hat und alles andere wird nicht akzeptiert", mit einem Kloß im Hals nicke ich, trinke mein Glas leer und starre an die Wand hinter ihr. 

Wir saßen noch eine Weile so da, dann ging ich hoch. Müde und mit Kopfschmerzen schmiss ich mich auf mein Bett und habe mich seither nicht bewegt. Was für ein komplizierter Scheiß. 

Ich konnte in ihren Augen sehen, wie sehr Melinda ihn geliebt hat. Und nun ist sie seit Jahren auf sich allein gestellt, arbeitet für drei und hat keinen mehr wirklich an sich rangelassen. Das ist traurig, so will ich nicht enden, auch wenn ich sie für ihre harte Arbeit bewundere. 

Ausgerechnet jetzt klingelt mein Handy und Bens Name erscheint auf dem Display. Mein Magen verkrampft sich und ich beschließe nicht ans Telefon zu gehen. 

Es dauert nur wenige Minuten, da habe ich eine Nachricht von ihm:  Wieso gehst du nicht ran? Bist du zu Hause?  Ich beschließe nicht zu antworten, sondern einfach schlafen zu gehen. 

Trust me, I am a Bad Boy. / AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt