widerspenstiger Funke

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Nach dem Kreuzverhör war es still um uns. Wir waren ausgelaugt und ich musste die Informationen verarbeiten, die er mir auf meinen Wunsch gab. Die restlichen Unterrichtsstunden kamen mir endlos lang vor und erleichtert ließ ich mich zu Hause auf mein Bett fallen. Melinda sagte ich, ich würde mich nicht gut fühlen und prompt standen eine Tasse Tee und Kekse in meinem Zimmer. 

Mit Kopfhörern in meinen Ohren höre ich Musik und starre an die Decke. Wie soll es nur weitergehen? Er muss sich entscheiden, ob er mich mag oder nicht... aber mag ich ihn eigentlich? Ben geht mir eindeutig unter die Haut. Nicht nur, dass er verdammt gut aussieht, seine beschützerische Art, diese dunkle Seite an ihm zieht mich magisch an. 

Noch dazu ist er intelligent. Er bemüht sich nicht einmal richtig und kennt trotzdem jede Antwort auf die Fragen, die unser Lehrer uns stellt. Ich würde ihn zu gerne mal in einem anderen Unterricht sehen. Sein einziges Problem ist, dass er viele Fehlstunden hat... Und dazu noch ein großes Autoritätsproblem. 

Noch nie habe ich jemanden gesehen, der auf die Art und Weise mit seinen Lehrern diskutiert, wie Ben es tut. Am Ende einer jeden Diskussion sieht es aus, als würden sie sich demütig bei ihm entschuldigen. Und er? Er verzieht keine Miene und geht gelangweilt an seinen Platz. 

Ben wirkt unnahbar, aber dennoch kommt dieser besorgte Gesichtsausdruck manchmal zum Vorschein, den er so sehr versucht, zu verstecken. Doch ich hatte ihn schon gesehen und das mehrmals. Das war vermutlich einer der Gründe, wieso er sauer auf mich war. 

Bei dem Gedanken an seine Tattoos breitet sich ein komisches Gefühl in meinem Magen aus.. 

Und als ich daran denke, dass wir zusammen in der Schule saßen und gelacht haben, muss ich erneut schmunzeln. 

„Dieser Typ treibt mich in den Wahnsinn", murmle ich vor mich hin. Wie kann es sein, dass er eigentlich die ganze Zeit nur wütend auf mich ist und mich schlecht behandelt, ich aber dennoch ununterbrochen an ihn denke? Ich scheine ein ernsthaftes Problem zu haben.

Ich beschließe mich von meinen Gedanken abzulenken und lerne ein bisschen. Morgen ist Freitag und dann... fuck. Morgen ist Freitag. 

Unser Prof hatte die glorreiche Idee, die restlichen Stunden auf diesen Tag zu schieben, damit wir richtig was schaffen können. Ich hasse diese Lehrersprache - als wären wir im Kindergarten. 8 Stunden in einem Raum mit Ben, dessen Laune unberechenbar und seine Wut wie ein Pulverfass zu sein scheint. 

Nachricht von Kendra. Leuchtet es auf meinem Handy auf. Habe dich und Ben heute reden sehen, alles in Ordnung? 

Gute Frage. 

Es geht. Alles sehr verwirrend. 

Lass uns Samstag etwas unternehmen. Mache morgen krank und dann können wir reden. 

Am liebsten würde ich morgen ebenfalls krank machen. Es würde passen, schließlich hatte ich Melinda bereits gesagt, dass ich mich nicht gut fühle. Auf der anderen Seite ist da dieser kleine, aber widerspenstige Funke der Neugier, der mich unbedingt morgen in der Schule und neben Ben sehen möchte. 

Gewappnet mit Schokolade und einer weiteren Tasse Tee lenke ich mich mit einem Film ab. Es ist ein sehr klischeehafter, viel zu romantischer Film, doch er hat ein Happy End und genau das kann ich gerade gut gebrauchen. 

Müde laufe ich ein letztes Mal für diesen Tag die Treppen herunter, um mein Geschirr in die Spülmaschine zu stellen. 

Als ich unten ankomme, höre ich Melinda, wie sie mit  mit jemandem diskutiert. Ich spähe um die Ecke und vor ihr im Laden steht ein großer, kräftiger Typ, der ganz in schwarz gekleidet ist. Ich kann nicht erkennen, ob das der selbe wie neulich ist, aber von der Statur her passt es. 

„Melinda, du bist Familie für uns. Wir haben die schon weitere Tage gegeben, aber langsam musst du mir etwas geben. Ich will das nicht tun müssen..." 

Oh Gott. Vor lauter Schreck rutsche ich von der letzten Treppenstufe ab. Die beiden drehen sich um und ich verstecke mich, gehe rückwärts langsam wieder hoch und schließe mein Zimmer ab. 

Meine Atmung geht viel zu schnell, als ich mich gegen die verschlossene Tür presse und darauf warte, Schritte zu hören. 

Erst nach einigen Minuten traue ich mich, mich wieder zu bewegen. 

Trust me, I am a Bad Boy. / AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt