Entscheidungen

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Als ich um halb 8 das Haus mit einem Kaffee in der Hand verlasse, steigt die Aufregung vor dem ersten Schultag nach zwei Monaten umso mehr. Ich habe letzte Nacht fast kein Auge zugemacht und fieberhaft überlegt, ob ich Kendra heute auf das, was ich gesehen habe, ansprechen soll. 

Außerdem weiß ich noch nicht, ob ich ihr von meinem Streit mit Ben erzähle, aber wenn ich nichts dergleichen tue, muss ich sie anlügen und das möchte ich auch nicht.

Als ich vor der Schule ankomme, steht Kendra bereits am Eingang und wartet auf mich. Ich gehe durch die Sicherheitskontrolle und laufe ihr entgegen. 

Sie lächelt mich an und drückt mich an sich. "Es ist sooo schön, dass du wieder da bist", sagt sie. 

Das erste Mal, dass auch ich wieder ein kleines Lächeln auf den Lippen habe.

Wir gehen in das Schulgebäude und als wir auf dem Weg zum Klassenraum sind, werden wir von unserer Klassenlehrerin angehalten. Sie schaut mich von oben bis unten ungläubig an. 

"Maria, wie schön dass Sie wieder da sind", sagt sie schließlich. Ich nicke nur. 

"Können Sie bitte in der großen Pause zum Sekretariat kommen?" Wieder nicke ich. Die anderen starren uns an und mit gesenktem Blick beeilen wir uns, zu verschwinden. 

"Darauf habe ich mich am meisten gefreut.", seufze ich. "Einmal Augen zu und durch, ab morgen ist es wieder das normalste der Welt, dass du hier bist", sagt Kendra und ich hoffe, dass sie recht behält.

Die ersten Stunden vergehen überraschend schnell.

Ich bin erleichtert, dass ich doch nicht so viel angestarrt werde, wie ich dachte, schließlich wusste jeder Bescheid. 

Natürlich tuscheln hier und da ein paar Leute, aber der Aufruhr war größer, als Dakota Fitz etwas mit ihrem Mathelehrer angefangen hatte. Irgendwie beruhigend, dass mein Skandal nicht schlimmer war als ihrer.

"Also nicht, dass ich mich nicht freue, aber wie kommt es, dass du wieder zur Schule gehst?", fragt Kendra in der Pause. 

Ich ziehe die Schultern hoch. 

"Naja, es ging alles ziemlich schnell, als ich plötzlich nicht mehr in die Schule kam und im Endeffekt wusste ich nicht mal, wieso. Ich habe mich einfach treiben lassen und auf das gehört, was andere mir gesagt haben. Jetzt fokussiere ich mich auf das, was ich möchte", sage ich selbstsicher. 

Kendra verzieht das Gesicht. 

"Ihr habt euch getrennt?"

Das war das einzige, was sie aus diesem Satz heraushörte. 

"Naja, nicht direkt, aber so weitergehen kann es auch nicht" 

Ihr Blick schweift in die Ferne. "Sicher, das waren ein paar merkwüdige Wochen, aber es muss doch irgendetwas vorgefallen sein", sagt sie leise. 

Ich folge ihrem Blick und sehe Jason auf der anderen Seite der Mensa. 

"Ach, da kommen viele Dinge zusammen. Was ist mit dir und Jason?", frage ich, um von mir abzulenken. Der Name Jason bringt sie gedanklich wieder an unseren Tisch zurück. 

"Ich habe keine Ahnung, ehrlich nicht. Jason ist immer beschäftigt, will mir aber nicht sagen, womit und er wirkt abweisend. Ich glaube, er will mich nicht mehr, aber will auch nicht Schluss machen" 

Ihr trauriger, verzweifelter Blick versetzt mir einen Stich ins Herz. Ich hasse es, dass sie denkt, es läge an ihr. Ich wünschte, ich könnte ihr alles erzählen, aber das war gerade nicht der richtige Moment. 

"Er kommt her", sagt Kendra plötzlich und auch ich sehe, wie Jason und Tyler auf uns zu laufen. 

Mein Herz pocht schneller, auch wenn ich weiß, dass sie den Vorfall nicht ansprechen werden.

Trust me, I am a Bad Boy. / AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt