Kapitel 51: Das Rudel

901 71 5
                                    


„Etwas stimmt nicht", sagte Harry leise, „bei so vielen Dementoren müsste seine Seele schon längst entfernt worden sein...", er schüttelte verwirrt den Kopf.
Lucius schrie weiter, plötzlich hörte man ein merkwürdiges Reißgeräusch, etwas, was bei einer Entseelung durch Dementoren wohl noch nie in all der Zeit vorgekommen war.
„Er hat keine Seele", flüsterte Severus, als es ihm wie Schuppen von den Augen fiel, „er hat keine Seele mehr... deswegen können die Dementoren sie ihm nicht aussaugen...", er dachte an Hermines Worte, ‚seine Seele wird weder im Leben noch im Tod Frieden finden'
„Aber was passiert denn dann?", fragte Ginny und besah sich mit Schrecken das unglaubliche Schauspiel, welches immer weiter fortgeführt wurde.
„Ich glaube... sie saugen die Magie aus ihm", warf Remus leise ein, alle Köpfe drehten sich zu Lucius Malfoy, der weiter markerschütternd schrie.
Severus hatte das Gefühl, die Dementoren würden langsam sauer werden, sie intensivierten den Kuss noch und weitere Risse und Reißgeräusche, als würde Fleisch mit bloßen Händen auseinander gerissen werden, hallten durch den Raum.

Eine dunkle Wolke, die leicht glitzerte stob wie zähflüssiges Öl aus seinem Mund und wurde von den Dementoren bereitwillig aufgenommen, je mehr dieser merkwürdigen Konsistenz aus seinem Mund floss, desto mehr drängten sich die Dementoren an ihn und verdeckten ihn nach kurzer Zeit vollkommen.
Die Zuschauer, von denen viele bereits den Blick abwenden mussten, warteten so lange, bis sich die dunklen Kreaturen und Wächter von Askaban wieder langsam von Malfoy entfernten.
Als sie den Blick auf den Angeklagten freigaben ging ein weiteres Raunen durch den Raum.

Auf dem Stuhl saß ein zusammengesunkener, ausgemergelter Mann mit langen blonden stumpfen und sehr viel dünneren Haaren, sein Gesicht war eingefallen, seine Augen lagen tief in seinem Kopf, eine Mischung aus Wahnsinn und Leere lag in seinem Blick.
Aus dem einstigen prunkvollen Mann war nichts weiter als ein Schatten seines Schattens geworden.
Lucius Malfoy war gebrochen, er war machtlos, magielos und hatte zusätzlich seinen Verstand einbüßen müssen. Das Reißen, was Severus gehört hatte, war das Aufreißen der Magie gewesen, die tief in den Zellen seines Körpers gelagert war. Er wusste nicht, dass das möglich war und was aus Zauberern passierte, deren Magie ausgesaugt worden war.
Malfoy wurde von zwei Auroren abgeführt, was mit ihm nun passierte wusste keiner so genau, er war nicht tot, so wie Kingsley entschieden hatte, aber das was er war, war schlimmer als tot zu sein, zumindest für einen Mann wie Lucius.
Das Zaubergamot erklärte die Verhandlung für beendet und die Zuschauer strömten nach und nach aus dem Raum, Severus wurde von seinen Freunden ebenfalls rausgezogen, er war nachdenklich, fügte sich seinem Schicksal und wurde von Molly und Arthur mit in den Fuchsbau genommen, wo sich alle zum Abschluss des Tages trafen.

Während Molly und Ginny das Essen vorbereiteten stand Severus am Fenster, Arthur und Harry unterhielten sich in einer anderen Ecke, Remus kam mit einem Glas Butterbier zu Severus und hielt es ihm hin. Dankbar nahm Severus ihm das Bier ab und trank einen großen Schluck, „Ingwer?", fragte er verwirrt und sah Remus an.
„Hermine hat es am liebsten mit Ingwer getrunken", sagte Remus schief lächelnd, nippte dann an seinem Butterbier, welches ebenfalls mit Ingwer versetzt war.
„Auf Hermine", Severus prostete Remus zu, dieser nickte, „auf Hermine."

Die beiden Männer gingen erleichterter zum großen Tisch zurück, Ginny wuselte gerade umher und schmückte die letzten freien Stellen, Harry und Arthur sahen Molly über die Schulter, Ron und George vertrieben im Garten die Gnome, die durch den Duft des Essen angelockt wurden.
„Severus, setz dich doch bitte", trällerte Molly gut gelaunt durch den Raum, „Remus, du auch!", sie zauberte alles Mögliche an Essen und Trinken auf den Tisch, eins duftete köstlicher als das andere, Arthur trommelte derweil alle anderen an den Tisch und zusammen feierten sie ein kleines Fest, die überstandene Verhandlung und das Ende des Schreckens von Lucius Malfoy.
Nach dem Essen saßen sie alle noch ein wenig zusammen und unterhielten sich angeregt, Severus war ruhig, er sah auf den Tisch vor sich, strich sich durch das Gesicht und die Haare zurück.
„Geht es dir gut, Severus?", fragte Molly am anderen Ende des Tisches und ließ sanft alle Gespräche verstummen.

Offenbarung || Echos Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt