Kapitel 53: Der mutigste Mann

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„Du siehst gut aus", stellte Tonks lachend fest, ging zu ihrem Mann und nahm ihn in den Arm, Remus legte seine Arme um sie, drückte sie an sich, strich über ihren Rücken.
„Du hast mir gefehlt", sagte er leise an ihrem Ohr.
„Du fehlst mir auch", sie löste sich von ihm und küsste seine Lippen, streichelte über seine Wange, „ich bin so stolz auf dich, du hast das alles so toll gemeistert. Teddy ist ein toller Junge."
„Unser Junge...", sagte Remus glücklich.
„Unser Junge", wiederholte Tonks lächelnd, „kümmer dich ein wenig um Severus, Hermines Tod hat ihn ganz schön aus der Bahn geschlagen...", bat sie ihn.
Remus nickte, „ich geb mir Mühe."
Tonks lachte, gab ihm einen weiteren Kuss und löste sich dann langsam auf, hob zum Abschied die Hand, „Bis bald."
Remus lächelte, er gab Severus den Stein zurück, er saß immer noch auf der Erde und wischte sich gerade die Tränen von der Wange.

„Du musst den Stein zerstören.", sagte Hermine, „Sonst wirst du immer wieder in Versuchung kommen... bedaure nicht die Toten... du musst leben."
„Ich bin zu schwach", flüsterte er.
„Du bist nicht schwach, du warst nie schwach. Ich helfe dir dabei.", sie nahm seine Hand und drückte sie, „Leg ihn auf die kahle Stelle...", sie zeigte auf eine wenig von Gras bedeckte Stelle vor ihm.
Severus Hand zitterte, als er den Stein der Auferstehung auf die Stelle platzierte, er schluckte.
„Zerstör ihn", bat sie ihn wieder, zeigte auf einen großen Stein und lächelte. Er atmete tief ein und aus, nahm den Stein, seine Hand zitterte umso mehr, Hermine legte ihre Hand auf seine, plötzlich war da wieder diese unfassbare Wärme und Güte, die durch seinen Körper floss.
„Wenn wir uns wieder sehen hab ich dir so viel zu erzählen", sie lächelte, hob seine Hand mit ihrer hoch, dann schlugen sie zusammen auf den Stein, der mit einer kleinen Druckwelle in winzig kleine Einzelteile zerfiel und in dem Moment als der Stein zerstört war, verschwand sie.

Es war still auf der Lichtung, die Leere in seinem Inneren war mit ihr gegangen, er fühlte sich lebendiger, als wäre eine Last und Schuld von seinen Schultern genommen worden, als wäre ihm wieder ein wenig mehr Leben eingehaucht, ein wenig mehr Kraft zu leben. Eine ganze Weile saß er einfach nur auf der Wiese, sah auf seine Hände und die zerstörten kleinen Stücke des Steins, ein schiefes Lächeln huschte kurz über seine Lippen. Er spürte eine Hand an seiner Schulter und sah auf, Remus stand neben ihm, lächelte ebenfalls leicht, hielt ihm eine Hand hin, um ihm beim Aufstehen zu helfen.
„Komm schon, wir gehen", schlug Remus vor, ging vor in Richtung Schloss, Severus folgte ihm.
Als sie im Schloss ankamen wurden sie von McGonagall aufgehalten, „Guten Morgen, was macht ihr beiden denn schon so früh hier?", fragte sie freundlich, bemerkte eine Veränderung in beiden Männern, wusste aber nicht genau, woran es lag.
„Wir... haben uns von ihr verabschiedet", sagte Severus leise.
McGonagalls Miene hellte sich ein wenig auf, sie nickte wissend, sah zu Remus welcher ebenfalls besser aussah, sie ging einen großen Schritt auf Severus zu, umarmte ihn fast schon mütterlich und klopfte ihm auf den Rücken, als sie sich löste wandte sie sich an Remus, tätschelte leicht seine Wange und lächelte selig, „ich hoffe ihr vertragt euch jetzt", fügte sie hinzu, gab beiden nochmal einen eindringlichen Blick und verschwand dann in der Großen Halle um zu frühstücken. Remus und Severus sahen sich an, lachten leicht und folgten dann ebenfalls in die Halle.

Je mehr Tage und Wochen verstrichen umso besser fühlten sich die beiden, der Abschied tat beiden gut.
Severus war wieder völlig in sein soziales Umfeld integriert, wurde von Harry und Ginny oder George und Ron besucht, die dann auch zu Remus gingen. Arthur und Molly luden ihn mindestens einmal in der Woche ein, einen Abend bei dem ‚Rudel' zu verbringen, was für Severus zu einer Art Ritual geworden war. Remus und er gingen sogar das ein oder andere Mal nach Hogsmeade oder in die Winkelgasse zum Tropfenden Kessel um ein gemütliches Butterbier mit Ingwer zu trinken.

Als Severus an einem Mittag Aufsätze in seinem Büro korrigierte wurde er von McGonagall aus seinen Gedanken gerissen, was nicht allzu schlimm war, denn die Aufsätze waren wieder einmal grausam.
„Severus, kann ich kurz mit dir reden?", fragte sie verhalten, ihre Augen huschten nervös über sein Gesicht.
„Natürlich", er zeigte auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch, legte die Feder beiseite, die vorher schnell über das Papier geflogen war und jeden Fehler unbarmherzig anstrich.
Die Schulleiterin stellte sich zu dem Stuhl, setzte sich aber nicht hin, was immer ein Zeichen war, dass es ein ernstes Thema war und sie schnell aus der Situation fliehen könnte, wenn alles gesagt wäre.
Katzen eben, dachte er und schmunzelte leicht.
„Es geht um den Raum von Hermine... es liegen noch so viele Sachen in ihm... vor einiger Zeit ist erst ein großes Paket gekommen, ich weiß nicht, was ich damit machen soll. Vielleicht möchtest du die Sachen mitnehmen?", fragte sie vorsichtig.
Er atmete tief durch, er hatte damit gerechnet, dass sie eines Tages auf ihn zukommen würde, „ich sehe mir die Sachen an", versicherte Severus und nickte.
Minerva lächelte glücklich und erleichtert, nickte und verschwand dann schnell wieder aus seinen Räumen.
Nachdem Severus alle Aufsätze korrigiert hatte verstaute er alles in die Schublade seines Schreibtischs, lief mit großen Schritten aus seinen Räumen und flog durch die Flure des Gebäudes.
Er öffnete schnell die Tür ihrer Räume und trat ein, ihr Geruch lag immer noch in der Luft, ein Pullover lag auf dem Sofa, das Buch, welches er ihr geschenkt hatte lag auf dem Tisch. Er lächelte leicht, ging zu ihrem Schreibtisch und besah sich die Aufsätze, die halb korrigiert auf dem Holz lagen.
Sie war genauso streng wie ich, er schmunzelte erneut, legte die Aufsätze wieder zurück und besah sich das Paket, von dem Minerva vor wenigen Stunden gesprochen hatte. Er hob es kurz hoch, es war recht schwer, legte es wieder ab und drehte sich um.
Er zauberte sich eine große Tasche, verstaute alle persönlichen Gegenstände von Hermine verkleinert in ihr. Er ging in ihr Schlafzimmer, ein weiches Seidentuch lag auf dem Bett, er nahm sich den Stoff, ließ ihn durch seine Finger gleiten und legte seine Nase an ihn.
Diese Blumen, er lächelte leicht, knöpfte seinen linken Ärmel auf, band sich das Tuch um den Arm und knöpfte den Ärmel wieder zu. Als alles in der Tasche verstaut war wandte er sich wieder zum Schreibtisch, Severus nahm das Paket mit nach unten, ebenso wie die Tasche, in der der Rest ihres Lebens war.
Er ging langsam in die Kerker, öffnete seine Räume, legte das Paket auf den Couch-Tisch, die Tasche mit ihren Sachen auf seinen Schreibtisch und machte sich einen Tee.
Er atmete tief ein und aus, ging zur Couch, setzte sich auf das Leder und öffnete das Paket, nippte zwischendurch an seinem Tee.

Es war eine Neuauflage des Buches „Die Geschichte der Zauberei", auf dem Buch lag ein kleiner Zettel.
Hier ist die Neuauflage mit Ihren Aufzeichnungen über die Schlacht von Hogwarts, mit freundlichen Grüßen...", Severus ließ den Zettel fallen und starrte auf den Einband.
Die Geschichte der Zauberei, wie oft hatte er das Buch in seiner Schulzeit aufgeschlagen, nun würden Hermines Worte in dem Buch stehen, ihre Meinung wäre für immer für die Nachwelt aufbewahrt.
Ein wehmütiges Lächeln schlich sich über seine Züge, er schlug das Buch auf, suchte im Inhaltsverzeichnis nach der Schlacht von Hogwarts, blätterte auf die Seite und las die Zeilen.

Eine kurze Zeit später, als er alles gelesen hatte, standen ihm die Tränen in die Augen, sie flossen über seine Wangen und tropften auf das Buch. Er schloss schmerzhaft die Augen und versuchte sich zu beruhigen, es klopfte an der Tür.
„Ich weiß, dass du da bist", hörte er Remus hinter der Tür sagen.
Severus stand auf, öffnete die Tür und stand dem Werwolf gegenüber, auch seine Augen waren gerötet.
„Hast du es gelesen?", fragte Remus mit bedeckter Stimme. Severus nickte.
„Sie hat dich wirklich sehr geliebt", Remus legte ihm eine Hand auf die Schulter, „ich wollte Blumen an ihr Grab bringen. Kommst du mit?"
Ich bin immer bei dir, er hörte ein leises Flüstern in seinem Ohr, sah zu Remus, der ihn freundlich und verständnisvoll anlächelte, dann nickte er und verließ mit seinem Freund zusammen das Schloss in Richtung Grabstelle.

Die Schlacht von Hogwarts-
die Flut der Information über diese große Entscheidung ist beinahe unermesslich.
Es war die Nacht vom 1. auf den 2. Mai 1998 in der der Dunkle Lord Hogwarts mit seiner Armee der Todessern angriff und die Schutzmauern, die das Schloss umgaben, zum Einstürzen brachte.
Der Orden des Phönix unter der Leitung von Remus Lupin, die Auroren des Ministeriums, die Lehrer von Hogwarts und auch die Schüler zauberten Seite an Seite, verteidigten und starben Seite an Seite.
Vergessenes Vertrauen wurde in dieser Nacht neu aufgelegt, Chancen wurden geboten und ergriffen.

Die Heldentaten von Minerva McGonagall, Seamus Finnigan, Neville Longbottom, Ronald Weasley und Harry Potter sind wohl bekannt und bedürfen keiner weiteren Aufklärung, ein jedes Kind kennt die Geschichte von Harry Potter und wie er am Ende den Dunklen Lord besiegen konnte.
Fast in Vergessenheit geriet dagegen eine weitaus dunklere Figur als der junge Mr Potter. Eine Figur, die so dunkel und mysteriös wie die Nacht selbst erscheint.
Der Hogwartsprofessor Severus Tobias Snape übernahm die Rolle des Doppelspions in Voldemorts Reihen, er beschaffte für mehr als 16 Jahre unter Lebensgefahr Informationen für den Orden und Albus Dumbledore, der viele Jahre den Kampf gegen Tom Riddle, alias Voldemort anführte und Potter den Weg zum Sieg ebnete.
Severus Snape war der Held in den Schatten, der Strippenzieher, der loyalste Mann, der stets über Potter und seine Freunde wachte, der Mann, der das Goldene Trio stets beschützte und auf sie Acht gab, als Dumbledore, den er auf dessen Wunsch hin getötet hatte, diese Aufgabe nicht länger übernehmen konnte.

Snape war die Schlüsselfigur, er war die Verbindung zur Dunkelheit, zu all den Grausamkeiten, die sich keiner von uns je erträumen konnte.
Er hat sich tagtäglich für das Gute in Gefahr gebracht, er wäre für das Gute gestorben, wäre er nicht von einem Teil des Goldenen Trios gerettet worden. Er lehrt seit jenem Tag weiterhin an der Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei.
Severus Snape war, ist und bleibt für immer ein Held; mein Held.
-Hermine Granger, London 2004

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Triff mich dort, wo das Ende beginnt, in Echos, wo deine Welt ‚ich' bin und meine Welt ‚du' bist.

***Triff mich dort, wo das Ende beginnt, in Echos, wo deine Welt ‚ich' bin und meine Welt ‚du' bist

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________________________________________Ende

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