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Ich seufzte und rieb mir meine müden Augen.
Natürlich versuchte ich neben Adrien, die Schule nicht zu vernachlässigen.
Gerade hatte ich den größten Teil meiner Hausaufgaben erledigt, und obwohl noch ein weiter Teil, der aus Mathe und Geschichte bestand, auf mich wartete, war ich bereits am Ende mit meiner Konzentration.
Mein Handy vibrierte auf und ich sah auf dem Bildschirm Adriens Namen aufleuchten. Automatisch schlug mein Herz schneller.
Ich nahm den Anruf an und hielt mir mein Handy ans Ohr.
"Hey Fremde", begrüßte er mich sanft. Seine Stimme erzeugte bei mir Gänsehaut.
"Hey Fremder", gab ich mit einem Lächeln zurück. "Was gibt's?"
"Was machst du gerade?"
Ich schaute auf mein Schreibtisch, der voll war mit Büchern, Blöcken und Stiften.
"Schulkram, und du?"
Selbst beim Aussprechen kam mir meine Antwort noch langweiliger vor.
"Ich bin bei mir daheim und schaue gerade einen Film", raunte er und ich schluckte bei seiner tiefen Stimmen. "Und dann musste ich an dich denken."
Mein Herz machte einen kleinen Satz bei diesen Worten.
"Wieso? Weil du weißt, dass ich ein Filmjunkie bin?", fragte ich sarkastisch nach und Adrien lachte in den Hörer, sodass ich auflächelte.
"Ja, deshalb vielleicht auch", meinte er. "Und weil ich dich vermisse", fügte er nach einer Pause hinzu.
Innerlich kreischte ich auf. Ich schlug mir die Hand vor den Mund, weil ich befürchtete, Schnappatmungen zu bekommen.
"Ich dich auch", flüsterte ich in die Leitung, nachdem ich mich beruhigt hatte.
Einen Moment hörte man nur unseren gleichmäßigen Atem und automatisch musste ich mir vorstellen, wie Adrien auf seinem Bett lag, der Fernseher nebenbei lief und er an die Decke starrte.
"Neben mir ist noch ein Platz frei", wisperte er und ich grinste.
"Nur wenn du auch Popcorn hast", murmelte ich und spielte mit meinen Haaren. Adrien schmunzelte.
"Die Schüssel steht gleich neben mir."
"Okay, dann bis gleich", flüsterte ich.
"Bis gleich", meinte er genauso leise und legte auf, wie ich.
Ein paar Momente verharrte ich in meinem Stuhl, doch dann sprang ich auf und durchforstete meinen Kleiderschrank nach etwas besserem, als meiner Jogginghose.
Schnell zog ich mir neue Klamotten an, machte mich zurecht und raste runter in den Flur. Ich packte meine Jacke und zog meine Schuhe an.
Meiner Mom schrieb ich, während ich im Bus saß, eine Nachricht.
Die Fahrt dauerte eine Ewigkeit, ich wollte endlich Adrien sehen.
Ich nahm mir vor mich wirklich mit meinem Führerschein zu beschäftigen.
An der richtigen Haltestelle stieg ich aus und lief los zu seinem Haus.
Dort angekommen strich ich mir meine Jeans glatt und klingelte.
Ungeduldig schaute ich mich außen um. Keine Menschenseele war draußen. Ich hatte mich schon immer gefragt, ob die anderen Bewohner der Siedlung überhaupt rausgingen.
Adrien öffnete die Tür zu seinem eigenen Haus und ich trat dankend ein.
Sofort zog er mich in eine lange Umarmung, die ich mit Freude erwiderte.
Er nahm mir meinen Mantel ab und ich zog meine Schuhe aus.
Für einen Moment war es still zwischen uns, doch ich überbrückte diese Ruhe schnell.
"Kann ich kurz eu-, ich meine, dein Badezimmer benutzen", murmelte ich.
Adrien lächelte über meinen Fauxpas, aber er nickte.
"Du weißt ja, wo es ist", neckte er mich, was meine Erinnerungen an den Abend und die Nacht in seinem Bett hervor brachten.
Ich merkte, wie ich leicht an Röte gewann und nutzte sofort die Gelegenheit um in das Badezimmer zu gehen.
Schnell schloss ich ab und stütze mich am Waschbecken ab.
Ich atmete tief aus und betrachtete mein Spiegelbild.
Obwohl ich zu Hause noch müde war, war ich durch die Fahrt und die Nervosität wieder hellwach geworden.
Ich nahm mir eine Bürste zu Hand und kämmte mein Haar durch. Kurz strich ich mein Oberteil glatt und trug etwas Lippenstift auf, dann betrachtete ich mich nochmals.
Kurz atmete ich durch, dann öffnete ich die Tür in Adriens Schlafzimmer, wo er es sich bereits gemütlich gemacht hatte.
Er lächelte mir zu und streckte seine Hand nach mir aus, die ich gerne annahm und mich zu ihm legte.
Automatisch kuschelte ich mich an seine Seite heran und sog seinen Geruch auf.
Sein einer Arm hielt mich an der Taille fest, während die andere mir das Popcorn reichte und ich herzlich danach griff.
Der Film, den Adrien schaute, war ein Klassiker: Casablanca.
Er hatte einen wirklich guten Geschmack, wie ich fand.
Die ruhige Atmosphäre brachte meine Nervosität und Unruhe langsam nach unten.
Je öfter ich mich mit Adrien traf, desto wohler fühlte ich mich bei ihm.
Plötzlich erschien die Szene, wo sich Ingrid Bergman und Humphrey Bogart küssten und ich schluckte.
Beim Kinoabend waren Adrien und ich uns erneut ziemlich nahe gekommen, so nah, dass wir uns hätten küssen können.
Das nächste mal, das waren seine Worte, die in meinem Kopf hallten.
Mein Körper fing an zu prickeln und mein Herzschlag erhöhte sich.
Adrien hatte seinen Blick auf mich gesenkt.
Vorsichtig rutschte ich etwas nach hinten, sodass wir uns auf derselben Höhe befanden.
Adrien hatte immernoch seine Augen auf mir und ich erwiderte endlich seinen Blick.
Seine braunen Augen waren so intensiv und tiefgründig, dass ich glaubte, er würde direkt in meine Seele schauen.
Ich befeuchtete meine Lippen und Adriens Aufmerksamkeit fiel auf diese.
In seinen Augen erkannte ich Gier und etwas wie Sehnsucht.
Ich spürte, wie sein freier Arm sich zu mir hob und er sich überraschend auf mich rollte.
Sein Gesicht war mir mittlerweile so nahe, dass ich seinen Atem auf meinen Wangen spürte und ich seine Sommersprossen erkennen konnte.
Sein Geruch und Charme kratzten an meinen Nerven.
Seine Hand strich über meine Wange, sodass ich Gänsehaut bekam.
Ich wollte es endlich, aber etwas hielt mich davon ab. Vielleicht hatte ich Angst davor, was nach dem Kuss passieren würde.
Waren wir danach ein Paar?
Oder würde er mir aus dem Weg gehen?
Ich schluckte und platzierte meine Hand auf seiner harten Brust.
"Vielleicht -", krächzte ich und räusperte mich. "- sollte ich noch Popcorn machen."
Ich sah, wie Adrien leicht die Stirn runzelte, aber sich schließlich von mir runter rollte.
Schnell stieg ich vom Bett ab und lief schnell in die Küche.
Ich lehnte mich gegen den Tresen und atmet tief aus.
Mist!
Ich hatte es vermasselt.
Warum war ich auch so dämlich und ziehe mich zurück?
Sarkastisch schnaubte ich über much selber und fuhr mir durch die Haare.
Ich hatte kalte Füße bekommen und jetzt war die Stimmung wieder dahin, dabei sehnte ich mich genauso sehr wie Adrien herauszufinden, was zwischen uns ist.
Seufzend legte ich die Popcorntüte in die Mikrowelle und ließ die Körner aufplatzen.
Ich nahm die heiße Tüte, öffnete sie und ließ die aufgepoppten Körner in eine neue Schüssel fallen.
Niedergeschlagen nahm ich mir eins und aß es.
Plötzlich spürte ich zwei starke Hände an meiner Taille, die mich sanft umdrehten.
Adrien stand vor mir und sah mich sinnig an, sodass ich schlucken musste.
Er war mir so nah, dass ich auf keinen Fall aus seinen Fängen fliehen konnte.
Die Zeit schien wie in Zeitlupe zu vergeben.
Unser Atem wurden irgendwann gleichmäßig regelmäßig und bildeten eine tiefer Bindung. Die Spannung zwischen uns sprühte schon fast Funken.
Adrien lehnte sich vorsichtig nach vorne und streifte mit seinen Lippen die meine.
Mit all meinen Sinnen wurde ich von ihm angezogen. Es war fast so, als würde mein Körper zu schweben beginnen. Dieser Kuss entfachte in mir ein Verlangen, das weit über den Kuss hinausging- und er hatte lediglich meine Lippen sanft berührt. Meine Adern pulsierten und verströmten eine angenehme Wärme auf meiner Haut, in meinem Herzen, in meinem ganzen Körper. Und ich wollte, dass dieses Gefühl niemals aufhören würde.
Es war ein hauchzarten Kuss, aber er sagte so viel aus.
Adrien lehnte sich leicht zurück um auf meiner Reaktion zu warten, doch nach kurzem Blick auf seine Lippen, war ich diejenige, die sich ruckartig vor lehnte, die Hände um seinen Nacken schlang und seinen Mund an meinen drückte.
Es war wie ein Rausch. Ganz anders als bei meinem ersten Freund. Irgendwie reifer, intensiver, besser.
Adrien schob seine Hände an meine  Oberschenkel und hob mich hoch.
Ich bekam nicht mit, wohin er mich trug, denn meine Aufmerksamkeit galt nur seinem Mund, doch als ich das weiche Bett unter meinen Körper spürte, wusste ich, dass es sein Schlafzimmer war.
Adriens Hände fuhren entlang meines Körper und zeichneten meine Seitenlinie nach. Seine Lippen küssten meine Mundwinkel und dann meinen Hals. Mit Überraschung stellte ich fest, wie wundsam dieser Punkt war und schnappte nach Luft.
Als Reaktion lächelt Adrien und senkte seine Lippen wieder auf meine.
"Das wollte ich schon die ganze Zeit tun", flüsterte er gegen meine Lippen. Ich lächelte und zog ihn näher an mich heran, während meine andere Hand sich in sein Tshirt krallte.
Plötzlich summte mein Handy auf und ewig langer Klingelton ertönte.
Doch anstatt loszulassen, küssten wir uns noch inniger.
Es war fast so, als würden wir vor der Realität flüchten.
Beim zweiten Anruf seufzte ich und Adrien ließ mich los.
"Vielleicht solltest du rangehen."
Ich nickte und griff nach meinem Telefon.
"Sirina? Schatz?", murmelte meine Mum und ich unterdrückte einen weiteren Seufzer.
"Ich habe dir doch geschrieben, wo ich bin", versuchte ich so freundlich wie möglich zu sagen, denn das Einzige, was ich jetzt wollte, waren Adriens Lippen auf meinen.
"Du hast mir versprochen, mir wieder mit den Anzeigen zuhelfen."
Innerlich brodelte in mir ein Feuer, aber ich presste meine Lippen zusammen, sodass es nicht nach außen sichtbar wurde.
Ich hatte es endlich geschafft, Adrien für mich alleine zu haben und ihn endlich zu küssen, trotzdem werden wir unterbrochen.
"Ich komme ja gleich", gab ich mich geschlafen und legte auf.
"Was ist los?", fragte Adrien und strich mit seinen Fingerkuppen über meine Wange.
Selbst diese kleine Berührung erweckte Glücksgefühle bei mir.
"Ich muss nach Hause", wisperte ich und biss mir auf die Lippen. Adrien nickte bedrückt, doch ich zog ihn näher an mich heran. "Davor muss ich aber noch wichtiges erledigen."
Adrien grinste und senkte seine Lippen federleicht auf meine.

PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt