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Adrien packte meine Tasche neben seine in den Kofferraum und schloss mit einem Stoß die Tür.
"Ich wünsche dir ganz viel Spaß", lächelte meine Mutter und umarmte mich zum dritten mal.
Obwohl ich nur zwei Tage wegfahren würde, machte sie ein ganz schönes Drama daraus.
"Danke", murmelte ich gegen ihr Haar und nickte.
"Komm her, Spätzchen", forderte mich mein Vater auf und legte ebenfalls seine Arme um meine Taille.
"Erlebt was schönes, genießt es und habt einfach Spaß zusammen." Er löste sich und sah mir hochgezogener Augenbraue an. "Aber nicht zu viel Spaß, verstanden?"
Ich presste die Lippen aufeinander.
Ich konnte von Glück reden, dass Adrien nichts gehört hatte, ansonsten wäre das ziemlich peinlich gewesen.
Mit fiel der Abend ein, an dem er Adrien und mich beim rummachen erwischt hatte, und meine Wangen färbten sich eine ganze Farbnuance tiefer.
"Dad", presste ich hervor und sah schnell weg, aber er lachte nur auf.
Peinlich berührt lief ich rüber zu Adrien, der lächelnd am Auto angelehnt wartete.
"Bis dann, Mr und Mrs Malone", verabschiedete Adrien sich schnell von meinen Eltern, die ihm zu winkten.
Er hielt mir die Beifahrertür auf und ich stieg in das Auto ein.
Blitzschnell befand er sich auch schon auf der anderen Seite und legte den ersten Gang ein.
"Bereit?", fragte er abwartend und sah mich kurz von der Seite aus an.
"Bereit."
Adrien fuhr los und bretterte gekonnt über die Straßen. Noch kannte ich alle Straßen, doch nach ein paar Minuten waren wir bereits außerhalb der Stadt.
"Also", begann ich, doch sein Blick war konzentriert auf die Straße gerichtet. "Wohin fahren wir?"
Seine Augen huschten zu mir rüber und deine Mundwinkel zuckten nach oben.
"Lass dich überraschen", murmelte er, doch ich hob meine Augenbraue.
"Ich hasse Überraschungen", kommentierte ich und Adrien lachte auf.
"Niemand hasst Überraschungen."
Bei dieser Aussage schmunzelte ich.
Adrien legte den nächsten Gang ein, dann fand seine Hand wieder den Weg zu meinem Oberschenkel.
"Das ewige Warten halte ich aber nicht aus", jammerte ich und dann tiefer in meinen Sitz.
"Wir fahren gerade einmal zwanzig Minuten", lächelte Adrien, doch ich zuckte nur mit den Schultern.
"Dann lenk mich ab", schlug ich vor und Adrien überlegte, während ich ihn dabei heimlich beobachtete.
Sein Blick war zwar auf die Straße gerichtet, doch ihr Fokus lag nicht ganz auf dem Asphalt. Seine Kieferknochen spannten sich etwas an, seine Stirn lag leicht in Falten. Die Hand umschloss in einem festen Griff das Lenkkrad oben.
Er sah selbst dabei so verdammt gut aus, obwohl wir nur Auto fuhren.
Hier zu sitzen und ihn beobachteten zu können, war für mich immernoch surreal, immerhin kenne ich ihn nur an der Seite von Claire.
Was der Grund für ihre Trennung oder Adriens angeblich großes Geheimnis war, wusste ich immernoch nicht.
Vielleicht war die Chance auf eine Antwort heute gar nicht mal so schlecht.
"Dein Lieblingsgericht?", fragte er nach ein paar Momenten in Gedanken und ich blinzelte.
"Was?"
"Na dein Lieblingsgericht, jeder hat eins", meinte er grinsend und ich verstand, worauf er hinauswollte.
Mir gefiel die Idee gut, immerhin wusste ich eine Menge, aber die kleinen Sachen blieben aus.
Ich biss mir auf die Lippe und dachte nach.
"Den Auflauf von meiner Mom."
Adrien verzog das Gesicht. "Ein Auflauf?"
Er sprach es mit so viel Ekel aus, dass mir bereits der Appetit verging.
Ich schlug ihm auf die Schulter.
"Der Auflauf von meiner Mom ist köstlich", fuhr ich ihn an und nickte zusätzlich. "Und deins? Sag jetzt nicht ..."
"Pizza", sprachen wir beide aus und ich zog meine Augenbraue nach oben. "Langweilig."
Adrien riss die Augen auf und zog seine Hand von meinem Bein weg.
"Sirina Malone, wie kannst du so etwas sagen?"
Ich lächelte aufgrund seiner Reaktion. "Das sagen so viele, ich will aber jemanden außergewöhnlichen."
Er schüttelte lächelnd seinen Kopf und legte Seine Hand auf mein Schenkel ab.
"Lieblingsband?"
Ich holte Luft und atmet tief aus.
"Du zuerst", forderte ich ihn auf.
"Ganz klassisch die Beatles", meinte er und nickte.
"Die Jonas Brothers", murmelte ich leise und Adrien lachte auf.
"Natürlich."
Auf die Antwort kassierte er einen Schlag gegen die Schulter.
"Hey, was soll das bitte bedeuten?"
"Sie sind eine klassische Teenie-Boyband."
Ich schüttelte den Kopf. "Sie begleiten mich schon mein ganzes Leben lang."
Adrien wechselte das Thema.
"Lieblingsfarbe?"
"Kaminrot", meinte ich selbst sicher. "Und bei dir?"
"Blau", sagte er nach einigen Momenten.
"Das ist keine richtige Antwort", murmelte ich und fuhr fort. "Aquamarin, Eisblau, Babyblau, Königsblau, Marnieblau, -"
"Wieso muss es denn eine bestimmte Richtung sein?", fragte er nach und ich sah ihn an.
"Es gibt so viele Blautöne, man muss sich festlegen können", erklärte ich und Adrien warf mir einen Blick zu.
"Dann das Blau deiner Augen", meinte er und ich lächelte mit aufeinander gepressten Lippen auf.
Das war die unerwartendste und gleichzeitig süßeste Antwort, die ich hätte erwarten können.
"Charmeur", kommentierte ich und Adrien lachte.
"Du wolltest jemanden Außergewöhnlichen."
Ich schüttelte grinsend meine Kopf und biss mir auf die Unterlippe.
Er ist wirklich außergewöhnlich ...

~

Adrien fuhr die Einfahrt der Imbisskette hoch und parkte.
Wir waren schon seit Stunden unterwegs und langsam konnte ich einfach nicht mehr sitzen. Zudem wuchs unser Hunger immer mehr an, aber da ich keine Ahnung hatte, wie weit unser Ziel war, hielten wir an einem kleinen Schnellrestaurant an.
Zusammen liefen wir zu dem Laden.
Ein Glöckchen an der Tür verriet, dass wir eingetreten waren.
Neugierig sah ich mich um. Es war einer dieser typischen Imbisse, aber mir gefiel es hier gut.
Adrien steuerte auf einen Tisch zu und setzte sich gegenüber von mir.
"Man, hab' Ich einen Kohldampf", murmelte er und studierte genau die Karte.
Lächelnd steckte ich meine Nase in die Speisekarte.
Nach ein paar Minuten lief eine Bedienung an uns vorbei und nahm unsere Bestellung auf.
"Du willst mit immernoch nicht sagen, wohin wir fahren?", fragte ich ihn bestimmt zum fünften mal heute, doch er schüttelte lächelnd den Kopf und lehnte sich an.
"Das heißt, du siehst mich gerne leiden", meinte ich und verschränkte meine Arme, doch Adrien stützte seine Unterarme gegen den Tisch.
"Das ist kein Leiden, das ist Geduld, was du offensichtlich nicht -"
Seine Antwort wurde durch sein Handyklingeln unterbrochen.
Er hatte mir selber gesagt, er wolle das Wochenende nur mir widmen, also drückte er weg.
Grinsend lehnte ich mich vor.
"Geduld ist zwar nicht meine Stärke, aber dafür -"
Adriens Handy summte erneut auf.
Seufzend sah er auf den Bildschirm.
"Tut mir -"
"Geh schon ran", murmelte ich.
Adrien stand dankend auf und verließ unseren Tisch.
Die Kellnerin kam mit unserem Essen und stellte es auf unserem Tisch ab.
Genau in diesem Moment, als mir der Geruch von fettigem Essen in die Nase stieg, knurrte mein Magen auf.
Doch ich wollte nicht unhöflich sein, also wartete ich.
Mir fiel auf, dass wir keine Servietten hatten, also stand ich auf und holte welche.
Ich hörte Adriens Stimme gleich hinter der Wand, er schien sehr aufgebracht zu sein.
"Das ist mir egal. Ihr wisst, dass ich das Wochenende mit Sirina verbringe und mir die Probleme zumindest einmal fern halten will", meinte er wütend und atmet heftig aus. "Das weiß ich, Tristan, aber ich kann und werde das nicht hier und jetzt regeln. Meine Freundin wartet auf mich."
Ich fand es irgendwie süß, wie er für mich einstand.
"Nein, Tristan", fuhr er ihn an und atmete einmal aus, um zur Besinnung zu kommen. "Du regelst diese Angelegenheiten, ich vertraue dir vollkommen, du bist nicht nur mein bester Freund, sondern auch meine Rechte Hand."
Ich runzelte die Stirn.
Angelegenheiten? Probleme?
Diese Geheimnistuerei koche bald über.
Ich verstand einfach nicht, wieso er seine Probleme nicht mit mir teilen wollte. Ich bin da für ihn, immer, und es gibt nichts, was man nicht zusammen lösen kann.
Ich hörte, wie Adrien kurz vor dem Auflegen war, sodass ich wieder zu unserem Tisch lief.

PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt