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Ich grinste auf und sah Joe dabei zu, wie sie kritisch die Fotos betrachtete.
"Nimm doch einfach das", schlug ich ihr erneut vor doch sie verzog ihr Gesicht.
"Bist du verrückt?", meinte sie und ich sah sie an.
"Du siehst süß darauf aus."
Sie zog ihre Augenbrauen hoch.
"Ich lächle zu übertrieben", meinte sie und ich rollte mit den Augen.
"Das hast du auch zu den anderen Fotos gesagt."
Joe lehnte sich zurück und tippte mit ihrem Zeigefinger an die Lippe.
Sie musste einen Bericht über sich selber schreiben, um sich damit endlich offiziell bei allen Lesern vorzustellen, die ihre Artikel in der Schülerzeitung mitverfolgen.
"Wie wäre es mit dem hier", murmelte ich und zeigte ihr ein ähnliches Bild.
Joe kaute auf ihrer Unterlippe. Ich sah, wie sie mit sich innerlich kämpfte.
"Du siehst toll aus", lächelte ich sie an.
Sie blickte von dem Bildschirm zu mir.
"Hör auf mir zu schmeicheln", grinste sie und nahm den Laptop auf ihren Schoß.
Danach tippte sie wild auf ihrer Tastatur herum und starrte wie gebannt auf das leuchtende Bild.
"Was machst du?", fragte ich sie nach einiger Zeit und sie sah zu mit rüber.
"Ich nehm es, Schlaumeier", murmelte sie und ich lachte auf.
"Gib es zu, ich weiß, was am Besten passt", grinste ich und drehte mich auf dem Stuhl.
"Bloß nicht zu bescheiden", zog sie iuch auf und ich zuckte mit den Schultern.
Mein Handy summte auf und ich zog es lächelnd aus meiner Tasche.
Wir müssen reden, jetzt, Bibliothek.
-A
Ich schluckte und starrte auf die Buchstaben.
Ich bin Adrien erfolgreich seit zwei Tagen aus dem Weg gegangen, aber er merkte seit dem ersten Tag, dass etwas nicht stimmte.
"Alles in Ordnung?", fragte Joe mich und meine Mundwinkel hoben sich leicht.
"Ja", flüsterte ich und griff nach meinen Sachen. "Ich muss jetzt leider los."
Meine Freundin nickte und verabschiedete sich mit einer langen Umarmung von mir.
Ich trat aus dem Büro der Schülerzeitung und lief den Gang entlang.
Langsam aber sicher baute sich Nervosität auf.
Was würde ich zu ihm sagen?
'Hey, ich bin dir aus dem Weg gegangen, weil ich einen Sextraum von dir hatte und es mir ziemlich gefallen hat, ich aber Angst habe in der Realität den nächsten Schritt zu wagen, aber sonst ist alles in Ordnung.'
Ich verzog mein Gesicht.
Ehrlichkeit ist wichtig, aber das war dann doch etwas zu viel.
Ich betrat die Bibliothek und sah mich nach meinem Freund um.
Die Einzigen, die ich jedoch sehen konnte, war die Bibliothekarin und vereinzelnd Schüler.
Mein Handy vibrierte erneut.
Vorletzte Reihe, ganz hinten.
-A
Ich lächelte leicht.
Es war fast so, als könnte er spüren, dass ich den Raum betreten hatte.
Also lief ich genau dorthin, wo Adrien war.
Nervös trat ich in die richtige Reihe und sah Adrien an einem Tisch angelehnt.
Ich stand sekundenlang vor ihm und blickte auf den Boden.
"Hey", flüsterte ich und sah kurz auf.
Sein Blick war trotzdem die ganze Zeit auf mich gerichtet.
"Hallo."
Seine Stimme klang so sanft aber gleichzeitig so kraftvoll und dominant.
Ich hatte sie sehr vermisst und sie zu hören, empfand ich als wirklich befriedigend.
Das Schweigen war so unangenehm, dass ich zappelig hin und her trat.
"Sirina", sagte Adrien neutral und ich sah auf.
"Hm?"
"Ist alles okay zwischen uns?", fragte er in einem ruhigen Ton und ich zuckte die Schultern.
"Ich denke schon", murmelte ich und rümpfte meine Nase.
"Aber?"
Adriens Worte klangen kein bisschen vorwurfsvoll.
Wäre er mir aus dem Weg gegangen, hätte ich nicht so locker reagiert.
"Aber was?", fragte ich nach und sah wieder vom Boden in sein Gesicht.
"Sirina, ich bin nicht dumm", rollte er mit seinen hübschen Augen.
Ich biss mir auf die Lippe und blieb still.
"Wieso bist du mir aus dem Weg gegangen?"
Ich schluckte.
Das war sie also. Die Frage, auf die ich mich hätte vorbereiten können, auf die ich mich aber trotzallem nicht vorbereitet hatte, deswegen wunderte es mich nicht, dass ich sprachlos vor ihm stand.
"Ich ... ähm", stotterte ich, denn ich hatte absolut keine Ahnung, was ich darauf antworten sollte. "Ich hatte einfach viel zu tun."
Adrien hob eine Augenbraue.
Er wusste, dass ich log. Beschämt schaute ich nach unten.
"Und warum bist du mir wirklich aus dem Weg gegangen?"
Ich bewunderte seine innere Ruhe.
Leise seufzte ich auf und fuhr mir durch mein Haar.
Ich konnte es ihm nicht länger verschweigen. Er verdiente die Wahrheit.
"An dem Abend, als du meine Eltern kennen gelernt hast und wir oben in meinem Zimmer waren", begann ich schüchtern und spielte mit meinem Haargummi an meinem Handgelenk. "Wir ... sind uns einfach so nahe gekommen, dass das Ganze für mich absolut neu war."
Adrien runzelte leicht die Stirn.
"Du musst wissen, dass du meine wirklich erste, richtige Beziehung bist und ich es einfach nicht kenne, so viel Zärtlichkeit miteinander auszutauschen", murmelte ich.
Alles, was ich sagte, war ernst gemeint. Ich wollte ihn nicht mehr anlügen, ich wollte keine Geheimnisse vor ihm haben.
Außerdem vermisste ich ihn sehr, selbst nach den wenigen Tagen.
"Ich weiß nicht", meinte ich schlussendlich. "Vielleicht war das einfach zu viel auf einmal. Ich will nicht sagen, du hast mich überrumpelt, aber ..."
Ich suchte nach den richten Worten, doch Adrien kam mir zu Hilfe.
"..., aber du bist es einfach nicht gewohnt und kannst es nicht richtig einschätzen", beendete er meinen Satz.
Ich sah zu ihm auf und nickte mit einem schwachen Lächeln.
Und wie ich ihn vermisst hatte ...
Ich wagte vorsichtig einige Schritte auf ihn zu, bis ich einen halben Meter vor ihm stehen blieb.
Ich erkannte Sehnsucht in seinen Augen und ich wettete, in Meinen konnte man dasselbe sehen.
Adrien löste seinen Blick von mir und seufzte laut auf.
Ich lehnte mich neben ihm gegen den Tisch und beobachtete sein Auftreten.
"Es ... tut mir leid", murmelte er leise und mein Herz brach ganz leise ein kleines Stück.
Ich wollte ihn nicht leiden sehen, das hatte ich nicht beabsichtigt.
"Ich wollte dich nicht zu irgendetwas zwingen, was du nicht wolltest ..."
"Adrien", flüsterte ich und berührte leicht seinen Arm, sodass er mich ansah. Das er so etwas annahm, kränkte mich. "Du hast mich zu nichts gezwungen. In dem Moment wollte ich es genauso, wie du, es ist nur -"
Ich überlegte etwas, denn ich hatte noch immer nicht die richtigen Worte parat.
"Es hat mir im nach hinein einfach gezeigt, dass ich es langsam angehen möchte", sprach ich meinen Gedanken laut aus. "Auch wenn andere Beziehungen weiter sind als wir, ich will einfach nichts erzwingen, nur weil es in der Gesellschaft üblich ist, verstehst du?"
Adrien atmete tief ein und wieder aus. Ich wollte ihn endlich wieder in den Arm nehmen, ihn berühren, ihn küssen, aber davor musste ich mir sicher sein, dass er auch alles richtig aufgenommen hatte, so wie ich es wollte.
Langsam nickte er mit dem Kopf.
"Ich denke, du hast recht", wisperte er und fixierte einen Punkt geradeaus.
Zufrieden presste ich meine Lippen aufeinander. Ein Stein fiel mir gerade vom Herzen.
"Darf ich dich jetzt endlich wieder küssen?"
Er grinste mich sanft an und ich schmunzelte auf.
"Jetzt, ja", flüsterte ich und Adrien legte seine Hand an meine Wange, um mich zu ihm zu ziehen.
Meine Lippen legte sich auf seinen Mund und mein Magen flatterte auf. Ich hatte das Gefühl endlich wieder komplett zu sein, und es fühlte sich unbeschreiblich schön an.
Wir lösten uns voneinander, trotzdem rutschte ich näher an ihn heran, sodass ich meinen Kopf auf seine Schulter stützte.
Einige Minuten genossen wir die Stille, aber ich kostete jede Sekunde mit ihm aus.
"Ist es ein schlechter Zeitpunkt zu erwähnen, dass meine Eltern dich zu einem Familientreffen eingeladen haben?", unterbrach er die Ruhe und ich richtete mich zu ihm auf.
Ich wusste, dass er seine gesamte Familie meinte, und die waren wirklich eine Menge.
Ich atmet tief aus und schloss die Augen.
"Vielleicht", meinte ich und sah ihn wieder an. "Aber ich würde mich freuen, deine ganze Familie kennen zu lernen."

PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt