Epilog

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Ich betrachtete mich im Spiegel und sank tiefer in den Stuhl.
"Du siehst wunderschön aus", kommentierte Ruby mein Aussehen und ich warf ihr ein dankendes Lächeln zu.
"Sie sieht nur so aus, weil wir ihr dabei geholfen hab- Autsch!"
Joe warf Ruby einen ernstem Blick zu, als sie sich die Stelle rieb, an der sie von ihr gezwickt wurde.
Sarah kam und Wohnzimmer und hielt ein paar weiße Schuhe hoch. "Sind es die richtigen?"
Ich nickte und streifte sie mir über.
Ein angespannter Seufzer verließ meinen Mund. Alle beobachteten mich, doch dafür hatte ich keinen Nerv.
"Du schaffst das!", munterte mich Ruby auf und ich sah sie durch den Spiegel an.
"Sie hat recht, Sirina. Wir alle werden da sein und dich unterstützen", fügte Joe hinzu und nickte zusätzlich.
"Ihr und noch weitere sechzig Leute", warf ich ein und entließ Luft aus meinen Lungen.
Wenn ich jetzt schon so aufgeregt war, wie würde es wohl bei meiner Hochzeit sein.
"Mach dir keinen Stress", versuchte mich auch Sarah zu beruhigen, was mich sichtlich überraschte. "Du bist nicht die erste, die hinfallen würde."
Und da war sie wieder ...
"Sarah", fuhr Ruby sie an und durchlöcherte sie mit einem wütenden Blick.
"Das war nur ein Scherz", flüsterte sie und hob abwehrend ihre Hände.
Diese ganze Konversation wirkte für mich ganz fern. Ich bereitete mich innerlich, so nervös ich auch war, auf die Zeremonie vor.
"Was ist, wenn ich etwas falsches sage? Oder mache? Das Rudel wird mich nicht akzeptieren. Ich bin nicht so wie ihr", lief ich panisch auf und ab.
Joe blieb vor mir stehen und sah mich an. Sie verschränkte ihre Arme.
"Sirina Malone, du hörst mir jetzt zu", ihr Blick war fesselnd, "Du wirst dich weder versprechen, noch hinfallen. Das Rudel wird dich akzeptieren, und weißt du auch, wieso?"
Sie erwartete keine Antwort von mir, denn sie sprach bereits weiter. "Weil du für die Position als Luna geboren wurdest."
Ich schenkte ihr ein Lächeln.
"Joe hat recht. Es wird für uns eine Bereicherung sein, einen neuen Alpha und eine neue Luna annehmen zu können. Ihr seid beide herzensgute Menschen, die nur das Beste für ihr Rudel wollen. Und das schon immer."
Rubys Augenbrauen hoben sich, damit ich auf ihren Aufmunterungsversuch reagieren sollte.
Ich atmete tief aus.
"Ich weiß noch nicht einmal, ob ich das, was ich in der Zeremonie tue, richtig ist. Ich möchte, eure neue Luna sein. Ich möchte, dem Rudel meinen Dank aussprechen. Aber -"
"Nichts aber!", fuhr Sarah mich an, doch ich nahm es nicht als Beleidigung auf. In ihren Händen hielt sie einen Kranz aus weißen Blumen.
"Wir alle glauben an dich, wir glauben an euch. Ihr werdet eure Führungsaufgaben wundervoll erfüllen, weil ihr das Potential dazu habt."
Ich biss mir auf die Zunge, um nicht gleich in Tränen auszubrechen.
Sarah legte mir den Kranz auf den Kopf und richtete nochmals meine Haare.
"Ich danke euch", war das einzige, was ich noch zu Stande brachte.
Es klopfte an der Tür und Adrien spähte hinein.
"Darf ich reinkommen?"
Ich war froh, dass er hier war. Er gab mir immer ein Gefühl von Sicherheit. Sicherheit, die ich jetzt brauchte.
"Aber natürlich eure Majestät", flötete Joe und verbarg sich leicht.
Adrien schmunzelte über ihre Bemerkung, doch als er mich sah erstarb sein Lächeln.
Ich war mir sichtlich unsicher, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen war.
"Wow", flüsterte er und fuhr mit seinen Augen ein zweites mal über meinen Körper.
Das Kleid, das ich trug, hätte ich mir niemals selber ausgesucht. Es war bodenlang und fiel in sanften Wellen hinunter. Meine Schultern lagen frei, doch meine Arme ziehrten ein leichter Tüllstoff. Es war Tradition, dass bei einem Führungswechsel der neue Alpha und die neue Luna in weiß gekleidet waren, während der alte Alpha und die alte Luna ganz in dunkelblau auftraten.
Adrien sah mit seiner weißen Hose und dem weißen Hemd aus, wie ein Staatsmann. Er wirkte souverän und erwachsen, gleichzeitig versprühte er Autorität und Macht.
Es gefiel mir gut.
"Du siehst ...", Adrien suchte nach einem passenden Wort. "... atemberaubend schön aus."
Ich lächelte ihn an.
"Okay, wir sollten zu unseren Plätzen gehen", schlug Ruby vor und die anderen nickten. "Viel Glück!"
Ich nickte ihnen dankend zu, dann waren sie auch schon verschwunden.
Adrien lief in langen Schritten auf mich zu und zog mich in eine tiefe Umarmung.
Ich ließ mich leicht gegen seinen starken Körper fallen und sog den mir gewohnten Geruch auf.
"Nervös?", flüsterte er mir ins Ohr.
War das eine Pfannfrage?
"Ich glaube, ich kippe gleich um", wisperte ich zurück und drückte mich näher an ihn.
"Du schaffst das, hast du mich verstanden?"
Er warf mir einen langen Blick zu.
"Ich weiß, dass du so etwas noch nie gemacht hast. Du hast Angst, aber die brauchst du nicht zu haben.
Ich tue das hier auch zum ersten Mal, aber wir schaffen das, gemeinsam."
Diese Worte zu hören, bedeuteten mir alles.
"Ich habe noch etwas für dich", raunte er mir in mein Ohr und mein Herz stolperte kurz.
Überrascht sah ich ihn an. Er löste sich kurz von mir und zog aus seiner Hosentasche eine Schatulle aus rotem Samt heraus.
Irritiert runzelte ich die Stirn, sodass Adrien zu Grinsen anfing.
"Ich habe mich nie bei dir dafür bedankt, dass du das alles hier in Kauf nimmst", erklärte er kurz, doch ich ließ ihn los.
"Adrien, ich liebe dich. Und alles was zu deinem Leben gehört, soll auch zu meinem Leben gehören."
Mein Freund schmunzelte und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht.
"Und dafür liebe ich dich", wisperte er und schmiegte meine Wange in seine Hand.
"Das alles ist nicht gerade leicht zu verdauen. Nicht jeder würde mich und mein Leben akzeptieren wie du es tust. Dass du auch noch die Position als neue Luna annimmst, ist wie ein erfüllter Wunsch für mich."
"Adrien, ich-"
"Nein", schnitt er mir das Wort ab. "Ich möchte mich auch noch in zwanzig Jahren an diesen Moment mit dir erinnern können."
Mir stiegen Tränen in die Augen.
Adrien öffnete die Schatulle, die eine wunderschöne, zarte Kette beeinhaltete.
Sie wurde geschmückt durch einen feinen Mondanhänger.
"Sie ist ... wundervoll", flüsterte ich und betrachtete das Schmuckstück.
"Ein besonderer Mensch verdient auch ein besonderes Accessoire."
Ich warf ihm einen bedeutenden Blick zu und lächelte.
Adrien nahm die Kette heraus, legte die Verpackung bei Seite und öffnete den Verschluss.
Ich drehte mich um und strich mir die Haare aus dem Nacken.
Als der Schmuck meine Haut berührte, erschauderte ich.
Seine Finger strichen über den Verschluss auf meiner Haut und ich schloss die Augen.
Adriens Lippen streiften sanft meinen Nacken, sodass mein Körper leicht erzitterte.
Unglaublich, was allein diese kleine Berührung mit mir machte.
Sein Arm schloss sich um meine Taille und zog mich zu seiner Brust, während seine Hand liebevoll meinen Hals umschloss und meinen Hinterkopf auf seine Schulter drückte.
Ich ließ meine Haare los und sah ihn an.
Sein Blick war so tiefgründig, dass er mir den Boden unter meinen Füßen wegriss.
Adriens Finger umrandeten meine Lippenkontur und schoben mein Kinn anschließend zu seinem Mund.
Die Berührung war so zart und liebevoll, dass ich glaubte, ich würde schweben.
Meine Hand umschloss seinen Nacken und zog ihn nich näher zu mir, falls das irgendwie möglich war.
Gott, wie ich diesen Jungen liebe ...
Er gab mit immer ein Gefühl voller Zuneigung und Liebe. Ich bezweifelte stark, dass jemand anderes dieselbe Wirkung auf mich haben könnte.
"Wir sollten ...", hauchte er gegen meine Lippen und öffnete leicht die Augen.
Mein heißer Atem strich seinen wunderbaren Mund.
"Ja", wisperte ich zurück, doch wir bewegten uns beide nicht.
Der Moment war zu perfekt, um ihn jetzt loszulassen. Doch ich wusste, dass er nicht für immer anhalten würde.
Ich schluckte hart und richtete mich normal auf. Adrien räusperte sich leise und glättete sein Hemd.
Er warf mir einen prüfenden Blick zu und hielt mir seinen Arm hin, an dem ich mich einhackte. Ich spürte seinen muskulösen Körper leicht durch den dünnen Stoff.
Plötzlich schoss die Nervosität wieder durch meine Adern, sodass sein meine Finger tiefer in seine Haut gruben.
"Ich liebe dich über alles", entgegnete er ruhig in warf mir einen aufmunternden Blick zu.
Ich lächelte ihn an. Die Tür, die wir passieren mussten, läutete irgendwie ein Ende ein. Ein Ende, dass mit sagte, ich würde nie wieder in mein altes Leben zurückkehren können. Aber das wollte ich gar nicht.
Ich wusste auch, dass das der Anfang von etwas Neuem war.

PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt