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"Sirina?", tippte mich Joe am Arm an. "Si-ri-na! Hallo?"
Ich blinzelte und sah sie an. "Hm?"
"Was ist heute nur los mit dir?", fragte sie mich und ich schüttelte unschuldig meinen Kopf.
"Gar nichts ist heute los", meinte ich und errötete leicht, weshalb ich wieder auf mein Tablett voller Essen starrte.
Es war nicht so, dass ich oft an den Traum dachte, aber die letzten Tage schweiften meine Gedanken immer ab.
"Wieso verhält du dich so eigenartig?", fragte sie nach und durchbohrte mich mit ihren Blicken.
"Sirina!"
Ich schluckte und sah erneut zu meiner Freundin. "Was ist?"
Joe seufzte auf.
"Naja, was ich sagen wollte, war einfach, dass mir dann schließlich selbst Adrien ge-", begann sie, doch ich riss die Augen auf.
"Findest du nicht auch, dass das Essen heute total anders schmeckt?", fiel ich ihr ins Wort und sie runzelte ihre Stirn.
"Sicher", meinte sie langsam und sah mich prüfend an.
Aufkeinenfall wollte ich an Adrien erinnert werden, denn wenn ich ihn sah, erschienen die heißen Szenen vor meinem Inneren Auge.
Joe räusperte sich und fuhr fort.
"Eigentlich hatte ich zwar jemanden anderen um Hilfe gebeten, aber schlussendlich war ich dann doch ganz dankbar, dass Adrien -"
"Hast du schon mit bekommen, dass unser Direktor zum zweiten mal Vater wird? Verrückt nicht!", meinte ich und Joe schüttelte den Kopf.
"Was ist denn los?", fragte sie fast schon aufgebracht und sah mich an.
Ich wusste, dass sie mich mit Worten durchlöchern würde, hätte ich jetzt nichts gesagt.
Ich schluckte und sah auf mein Essen.
Bei meiner Antwort ließ ich mir extrem viel Zeit.
"Vorgestern Abend hat Adrien meine Eltern kennengelernt", begann ich und stoppte.
"Und? So schlecht?", fragte sie, doch ich schüttelte meinen Kopf.
"Ganz im Gegenteil: Ich glaube, sie würden ihn sogar als Schwiegersohn tolerieren", überlegte ich und Joe schüttelte leicht den Kopf.
"Das ist doch gut, oder nicht?"
Ich zuckte mit den Schultern.
"Ja, aber das ist nicht das ... Problem", meinte ich. "Danach waren wir zwei in meinem Zimmer und ..."
"Und?"
In Joes Augen sah ich Neugierde.
"Und wir haben eben ... rumgemacht", sagte ich etwas leiser und sah mich flüchtig um, aber niemand beachtete uns.
Joe lächelte und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
"Und es war gut?"
Ich verkniff mir ein Grinsen, was mir aber nicht gelang.
"Es war verdammt gut", flüsterte ich und Joe bohrte ihre Finger in meinen Arm. "Joe!"
Sie grinste mich an und ich schüttelte nur meine Kopf.
"Allerdings ist mein Dad reingeplatzt", fügte ich hinzu und Joe riss ihre hübschen Augen auf.
"Oh, Scheiße", wisperte sie und schmunzelte.
"Das ist aber nicht das, worüber ich mir Gedanken mache", meinte ich und sah mich erneut um.
"Versprich mir, das du kein Wort darüber verlierst", meinte ich und sah sie eindringlich an.
Joe hob ihre Augenbrauen.
"Du weißt, so etwas mache ich nicht."
Ich nickte und atmete tief aus.
"In der folgenden Nacht ... hatte ich einen Traum", flüsterte ich.
Joes Blicke wurden gieriger.
"Mehr Infos bitte."
Ich schluckte und senkte meinen Blick. Ich konnte ihr dabei nicht in die Augen schauen.
"Wir beide lagen zusammen im Bett und haben ebenfalls rumgemacht", meinte ich und errötete.
In ganz groben Details erzählte ich weiter, dann sah ich zu Joe, die grinsend nachdachte.
"Und? Was sagst du?", wisperte ich und biss mir auf die Unterlippe.
Joe sah mir direkt in die Augen.
"Ein ganz klarer Fall von Sextraum", murmelte sie und ich riss die Augen auf.
"Nein", lachte ich und schüttelte den Kopf. "Ganz sicher nicht!"
Doch Joes Mundwinkel hoben sich etwas mehr und ich dachte länger nach.
Und irgendwann begriff ich, dass sie recht hatte.
Panisch sah ich zu ihr.
"Warum hatte ich das geträumt?", flüsterte ich und fuhr mir aufgeregt durch die Haare.
"Ganz ruhig", schmunzelte sie. "Dadurch, dass ihr am Abend zuvor intimer geworden seid, überträgt sich das auf den Traum."
Ich nickte. Das klang schlüssig.
"Aber es gehört immer ein bisschen Begierde dazu, um so etwas zu produzieren."
Ich sah sie an und lachte auf. "Nein!" Ich schüttelte meine Kopf, doch Joe sah mich absolut ernst an.
"I-ich will nicht weiter gehen. Das ist ein zu großer Schritt und wir kennen uns noch nicht einmal so lange", stellte ich klar, doch Joe hatte tief im Inneren recht.
Ich wollte es mir nicht eingestehen, aber mir hatte der Abend ziemlich gut gefallen.
Ich schluckte.
"Du solltest mit ihm darüber reden", meinte Joe und sah mich eindringlich an, doch ich riss vor Schreck meine Augen auf.
"Nein! I-ich kann nicht", stotterte ich leise.
Was wird er über mich denken? Was würde er sagen?
Sirina, seine hormongesteurte Freundin.
"Du solltest aber", murmelte sie und ich verzog mein Gesicht.
Schon wieder hatte Joe recht, aber ich wollte und konnte es Adrien nicht erzählen.
Wenn es mit schon peinlich und schwer gefallen war vor Joe, meiner besten Freundin, wie sollte ich es Adrien beichten.
Ich befürchtete, dass ich in Scharm ertrunken wäre.
"Ich werde es ihm erzählen", murmelte ich schließlich. "Nur nicht heute."
Joe Blicke wurden neutraler.
"Du solltest nicht so lange warten", flüsterte sie und sah an mir vorbei.
Ich wusste, dass Adrien durch die Tür auf und zu kam. Ich konnte seine Präsenz spüren.
Mich packte die Angst.
Ich konnte ihm auf keinen Fall unter die Augen treten.
Schnell griff ich nach meiner Tasche und stand auf.
"Kannst du ihn für mich -", wollte ich sie fragen, aber sie nickte bereits.
"Geh."
Mit einem Lächeln verschwand ich aus dem Hintereingang, um so viel Abstand wie möglich aufzubauen.

PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt