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Ich streckte mich vorsichtig und drehte mich dann auf die andere Seite.
Langsam wurde ich wieder wach. Mein Blick fiel auf die leere Betthälfte neben mir, aus Reflex strich ich über die unberührte Bettdecke.
Keine Ahnung, ob Adrien wieder zurück gekommen war oder nicht, doch meine Vermutung lang eher darin, dass er die restliche Nacht bei Liam verbracht hatte.
In mir kam ein Gefühl von leichter Trauer auf, obwohl ich dazu absolut kein Recht hatte, den Liam ging vor.
Meine Gedanken schweiften zur gestrigen Nacht, bevor Adrien gegangen war.
Mir stieg die Röte ins Gesicht, als ich an den heißen leidenschaftlichen Kuss denken musste.
Ich verdeckte meine Augen mit meinem Arm und atmete tief aus.
"Verdammter Mist", fluchte ich leise und verzog mein Gesicht.
Die Frage, die im Raum stand, war definitiv, wie es dazu kommen konnte, aber auch sicherlich, was das zwischen Adrien und mir war.
Ich hatte mir geschworen, Adrien aus dem Weg zu gehen und ihn zu vergessen. Er hatte mich verletzt, so tief, dass ich glaubte, ich würde aus dem Loch nie wieder rauskommen und jetzt hatte ich ihn geküsst.
Was hatte ich mir dabei gedacht?
Es gab Millionen, wenn nicht Milliarden anderer Männer, und ausgerechnet Adrien konnte ich nicht aus meinem Kopf bekommen.
Wie sollte ich mich ihm gegenüber jetzt verhalten? Hatte sich jetzt etwas verändert? Möglich, dass er den Kuss zwischen uns lieber vergessen möchte, doch konnte ich das auch so leicht?
Seufzend stand ich auf und betrachtete das große Bett.
Immer wieder sah ich vor meinem inneren Augen die Szenen aus letzter Nacht.
Ich musste hier weg. Schnell schnappte ich mir meinen Cardigan und trat aus dem Zimmer.
So leise wie möglich, schloss ich die Tür, drehte mich um und lief einige Schritte, bis mir Tristan entgegen kam.
Perplex blieb ich stehen, genauso wie er. Sein Blick folgte der Richtung, aus der ich kam, dann veränderte sich seine Mimik leicht.
Er wusste, dass es Adriens Zimmer war, doch er sagte nichts, obwohl ich merkte, wie ihm etwas auf der Zunge lag.
Schnell huschte ich an ihm vorbei in mein Zimmer und schloss die Tür.
Mist!
Kopf schüttelnd machte ich mich für den Tag fertig, dann klingelte mein Handy summte auf und ich griff danach.
"Hey, Mom", begrüßte ich sie herzlich.
"Sirina, Schatz? Wie geht's dir?"
Augen verdrehend ließ ich mich nach hinten auf mein Bett fallen.
"Es ist alles gut bei uns, und bei euch?"
"Wir vermissen dich schrecklich", flüsterte sie, dabei wusste ich, dass ihre versteckte Intention war, mich wieder Heim zu holen.
Ich stieß die Luft aus meinen Lungen.
"Mom, du weißt, wieso ich gegangen bin", entgegnete ich leise und sie atmete tief aus.
"Wie geht es Joe?"
Mein Gewissen meldete sich sofort und ich drehte mich auf den Bauch.
"Soweit ganz gut, ich helfe ihr, wo ich nur kann", murmelte ich und biss mir fest auf die Lippe. "Ihre Familie ist nicht einfach, aber das wird schon."
Diese Lügerei gefiel mir gar nicht, doch ich konnte ihr wohl schlecht die Wahrheit erzählen.
"Mom, ich bekomme gerade noch einen Anruf, kann ich dich später zurückrufen?"
"Natürlich, Schatz", murmelte sie niedergeschlagen.
Ich verzog mein Gesicht bei ihrer Tonlage.
"Wir haben dich lieb, Spätzchen", hörte ich im Hintergrund - eindeutig mein Dad.
Meine Mundwinkel hoben sich. "Ich euch auch. Bis dann."
Schweren Herzens legte ich auf, doch es war keine Zeit für Trauer, denn Joe wartete in der Leitung.
"Sirina", atmete sie schwer aus und ich setzte mich auf. "Wo bist du?"
"T-tut mir leid, ich war in anderen Gedanken und hatte völlig vergessen, dir Bescheid zu geben", flüsterte ich und fuhr mir durch mein Haar. "Ich bin bei meinem Vater, also meinem Richtigen und verbringe einige Tage bei ihm."
Joe atmete erleichtert aus.
"Ich hatte mir solche Sorgen gemacht. Seit Tagen warst du nicht in der Schule, ich wollte bereits bei euch zuhause anrufen, weil du ja nicht an dein Handy gegangen -"
"Was?", rief ich dazwischen.
"Ich ... ähm ... habe nicht bei euch angerufen", klärte sie mich unsicher auf. "Wieso ist das so schlimm?"
Beruhigt verdrehte ich die Augen.
"Nein, es ist nur ...", ich machte eine Pause, denn mir fiel keine plausible Erklärung ein, "... du kennst doch meine Eltern, sie sind nicht gerade gut auf das Thema zu sprechen."
Joe gab einen Ton von sich. Sie schien nicht gerade überzeugt zu sein, aber etwa anderes fiel mir auf die Schnelle nichts ein.
Plötzlich trat Ruby in mein Zimmer. Sie schien außer sich zu sein - aufgeregt und durch den Wind.
"Sirina, los komm", plapperte sie los und zog mich aus dem Bett, doch Joe befand sich noch in der Leitung.
"Wer war das?", fragte sie nach, und ich stolperte Ruby hinter her.
"Das ... war niemand", murmelte ich, doch meine Lüge war wirklich nicht überzeugend.
"Sirina, sag mir die Wahrheit? Wo bist du?", fragte Joe nach.
Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, Ruby lief hektisch hin und her und Joe hackte gerade jetzt nach.
"Joe, ich kann gerade nicht, okay? Ich rufe dich zurück, bye", hauchte ich in mein Handy, doch Joe ließ sich nicht einfach abschütteln.
"Warte, Sir-" Ich legte auf und steckte mein Handy tief in meine Hosentasche.
Meine Aufmerksamkeit schoss zu dem blonden Mädchen vor mir. Sie schleppte mich von einem Zimmer zum nächsten.
"Ruby, was ist los?", fragte ich nach, doch sie war geistig nicht anwesend. "Ruby!"
Ihr Gesicht wandte sich schlagartig zu mir.
"I-ich kann dir jetzt nicht alles erklären, Adrien wollte dich bei sich haben", erklärte sie knapp und zog mich am Handgelenk zu seinem eigenen Haus.
Ihr Verhalten machte mir wirklich Angst, sie verhielt sich so komisch.
Sie klopfte an der Tür und jemand mir Fremdes ließ uns eintreten.
Entgegen meiner Vermutung war das Haus voller Leute, die meisten Menschen kannte ich nicht, doch ich vermutete, dass es viele der restlichen Siedlungsbewohner waren.
Es herrschte eine große Unruhe, der Lärm war kaum auszuhalten, alle redeten panisch durcheinander.
Ruby nahm mich an der Hand und zwängte sich durch die Menschenmasse nach vorne zum Kamin.
Mir war nicht wohl dabei, dass jeder mich anstarrte. Meinen Blick hatte ich auf den Boden gesenkt.
"Da seid ihr ja endlich", entgegnete Adrien erleichtert, er sah wirklich gestresst aus.
Seine Augen huschten zu mir. Es schien so, als würde er mich von oben bis unten einmal abchecken.
"Adrien, was ist hier los?"
Sein Blick glitt zu Ruby, die sich in Felix' Arme stürzte.
"Du hast es ihr nicht gesagt?", fragte er nach, aber sie schüttelte lediglich ihren Kopf.
Er nahm mich etwas zur Seite und atmete aus. "Wir haben gerade von Micheal erfahren, dass Ian und Claire mit ihren Anhängern auf dem Weg sind."
Ich brauchte einige Momente um sicher zu gehen, was ich gerade gehört hatte.
"Sie ... stimmt das?", wandte ich mich an Tristan, der bei uns stand.
Er nickte.
Tief holte ich Luft. Ich rieb mir meine Schläfe. Obwohl ich wusste, dass der Tag irgendwann kommen würde, an dem sie uns angreifen würden, hatte ich nicht gedacht, dass er so schnell kommen würde.
"Was", ich sah Adrien an, "passiert jetzt?"
Es war lediglich ein Flüstern, doch aussagekräftig genug.
Waren wir den schon bereit? War Adrien schon bereit?
Mir schmerzte der Kopf.
Als Adrien die Lautstärke richtig wahrnahm, knurrte es so laut auf, dass es mit einem Schlag still im Haus wurde.
Es machte mir Angst, wie viel Macht er doch ausstrahlte.
Er stieg auf den niedrigen Couchtisch, sodass alle ihn ansehen konnten.
Der Moment war so episch, dass ich die Luft anhielt.
"Ich weiß, dass diese Nachricht bei vielen von euch Unruhe auslöst", begann er und blickte in die Runde. "Ich werde nicht lügen, auch ich habe Angst."
Ein Raunen ging durch die Menge.
"Aber das heißt nicht, dass wir nicht unvorbereitet sind", fuhr er fort.
Seine Austrahlung war bemerkenswert, so dominant und so autoritär.
"Seit Tagen haben wir uns auf diesen Moment vorbereitet, wir werden das durchstehen - zusammen."
Leises Klatschen folgte.
"Wir werden kämpfen und unser Territorium verteidigen. Wir werden unsere Vorfahren stolz machen, so wie sie es für die früheren Generationen getan haben."
Zustimmung in vor von Jubel begleitete seine Aussage.
"Wir werden Seite an Seite kämpfen, für unsere Familie, für unsere Liebsten und für unsere Kinder", rief er durch das Haus und Gebrüll antwortete ihm.
Der Zusammenhalt war unglaublich.
Ich konnte die Bindung jedes einzelnen Mitglieds fühlen.
In Adriens Blick sah ich Stolz - Stolz, der nur seinem zukünftigem Rudel galt.
Ich wusste, dass er für jeden einzelnen alles tun würde, wenn es darauf an käme - so wie es ein richtiger Anführer tun sollte.
"Ich bitte euch, nicht als Anführer, sondern ein Teil von unserem Rudel", fuhr er fort, diesesmal etwas leiser, "steht mir bei diesem Kampf beiseite - wie Brüder es tun, wie Wölfe es für einander tun."
Ein Aufschrei erfolgte und alle tobten Beifall.
Ich wusste, dass Adrien es geschafft hatte, sie davon zu überzeugen, ihr bestes zu geben, für einander, Seite an Seite an der Front zu stehen.
Über Adriens Lippen flog ein kleines Lächeln, dass jedoch sofort wieder verschwand.
"Wie werden es so tun, wie wir es besprochen haben. Ihr alle wisst, was ihr zu tun habt, also los!"
Die Menge verflüchtigte sich schlagartig, doch alle engeren Verwandten blieben noch im Haus.
"Okay", atmete Adrien aus und wandte sich an seine Familie. "Mom, du nimmst alle Kinder mit. Die anderen, wir werden uns, wie wir es besprochen hatten, aufteilen. Tristan und Sarah, ihr kommt mit mir. Ruby, Felix, ihr werden hier bei den anderen bleiben."
Keiner sagte ein Wort, alle nickten lediglich. Anspannung lag im Raum.
Ich fühlte mich irgendwie fehl am Platz, denn, womit konnte ich schon helfen?
Kimberley trat zu ihrem Sohn und zog ihn in eine feste Umarmung. Ich sah, wie sie ihm etwas ins Ohr flüsterte. Sie hatte Tränen in den Augen.
Danach trat sein Dad zu ihm und betrachtete ihn für einen kurzes Augenblick, bis auch er seine Arme um die breiten Schultern legte.
"Ich bin so, so unfassbar stolz auf dich, Adrien, weißt du das?", murmelte er und Adrien schloss die Augen.
Obwohl ich nicht an dieser Situation beteiligt war, schossen mir vor Trauer Tränen im die Augen.
Erst jetzt wurde mir wirklich bewusst, dass möglicherweise jemand zu schaden kommen könnte - oder schlimmer noch, den Angriff nicht überstehen würde.
Mit lief ein kalter Schauer über den Rücken.
Als nächstes folgten Felix und Ruby, die sich einzelnd von ihm verabschiedeten.
"Du kommst zurück, hörst du? Du wirst mich nicht alleine mit den Idioten lassen", entgegnete sie mit heiserner Stimme.
Adrien nickte in ihr blondes Haar und ließ sie dann los.
"Passt auf euch auf", raunte er, bevor sie das Haus verließen und sich auf ihren Posten begaben.
Lediglich Tristan, Sarah, Adrien und ich befanden sich noch in dem riesigen Raum.
Adriens Blick wechselte zu mir. Er sah mich ein paar Momente genau an, bis er sich schließlich räusperte.
"Gebt ihr mir noch fünf Minuten?", fragte er seine Freude, doch es war eher eine Bitte.
Sie nickten beide und ließen uns zwei alleine.
Als Sarah die Tür hinter sich schloss, sahen wir uns beide an.
Adrien stand etwas von mit weg, doch er beglich den Abstand, indem er auf mich zu kam.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Hier standen wir nun beide und ließen uns nicht aus den Augen.
"Ich weiß, dass das hier nicht das ist, was du dir vorgestellt hast als wir uns kennen gelernt haben", begann er und ich lächelte leicht. "Ich werde niemals der normale Junge sein, mit einer normalen Familie und normalen Problem."
Sein Blick wurde tiefgründiger.
"Ich kann dir nicht immer das geben, was eine perfekte normale Beziehung ausmacht, aber wenn ich das Überleben sollte -"
"Adrien", unterbrach ich ihn und wandte den Blick ab.
Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, dass er es möglicherweise nicht schaffen könnte.
Sein Zeigefinger stützte mein Kinn wieder nach oben.
"Wenn ich das überleben sollte", setzte er nochmals an. "Dann werde ich alles erdenkliche dafür tun, um um dich zu kämpfen."
Er schüttelte leicht den Kopf. Sein Blick hielt an mir fest, so als würde er sich jede kleinste Hautschuppe von mir einprägen. "Ich möchte nicht, dass du aus meinem Leben verschwindest. Du bist das Beste, was mir passiert ist. Das Beste, was überhaupt einem Idioten wie mir passieren kann."
Ich biss mir auf die Lippe.
Diese Worte bedeuteten mir alles.
"Um jeden Preis der Welt, will ich wieder deine Gunst gewinnen.
Ich will mit dir jede Sekunde meines Lebens verbringen, dich im Arm halten können, und dich", er lachte auf, "mit schlechten Witzen zum lachen bringen."
Ich lächelte.
Seine Augen wurden leicht glasig, genauso wie meine. Es fühlte sich an wie ein Abschied. Abschied, der für immer wäre.
"Ich möchte mit dir noch so vieles erleben, dir die Welt zu Füßen legen."
Er machte eine Pause, damit die Worte auf mich wirken konnten, doch er wollte noch so viel mehr sagen, allerdings hielt er sich zurück.
"Ich möchte", er atmete tief aus, seine Finger streiften sanft meine Wange, "dich wieder berühren können."
Die Sehnsucht in seinen Augen war nicht ignorierbar.
"Aber ich weiß, dass du Zeit brauchst", lächelte er traurig.
Er wusste, dass das hier vermutlich unser letztes Gespräch war, und trotzdem ließ er mir den Abstand, den ich verdiente.
Seine Hände umschlossen mein Gesicht fest, ich ließ es mir nicht nehmen mich an diesen festzuhalten.
Adriens Lippen drückten mir einen federleichten und langen Kuss auf die Stirn.
Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich auf die Wärme, die sich in meinem gesamten Körper ausbreitete. Wenn ich daran dachte, dass ich sie das letzte mal zu spüren bekam, wurde mir schlecht, doch ich blockte dieses Gefühl ab.
Es war ein Moment der Stille und Harmonie. So unglaublich tiefgründig.
Langsam zog er seine Lippen von meiner Stirn weg.
"Pass auf dich auf, Sirina", hauchte er und mich überkam die Gänsehaut.
Kurz hielt er inne, dann lief er an mit vorbei zur Tür.
Mir schossen Tränen in die Augen.
Ich wollte nicht, dass er geht. Ich wollte nicht, dass ihm irgendetwas passiert.
Zwischen uns war so viel geschehen, so viel ungeklärtes, dass wir noch nicht besprochen hatten. Ich wollte ihm noch so viel sagen, noch so viel erzählen, doch ich brachte kein einziges Wort heraus.
Er könnte bei dem Versuch, Ian aufzuhalten, sterben und ich würde ihn nie wieder sehen. Ich würde nie wieder sein Lächeln betrachten können, nie wieder seine Stimme hören. Ich könne nie wieder diese Spannung zwischen uns fühlen, und nie wieder von ihm berührt werden.
Nein, ich wollte, dass er überlebt. Ich wollte, dass er zu mir zurück kommt, weil das nicht das Ende unserer Geschichte sein durfte.
"Adrien", rief ich durch den Raum und drehte mich zu ihm um.
Er verlangsamte seine Schritte und wandte sich ebenfalls zu mir. Sein Gesichtsausdruck war ruhig.
Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich wollte ihm gerne sagen, wie sehr ich ihn vermisste, wie sehr mir seine Art und der Humor von ihm fehlte. Ich würde ihm gerne erzählen, wie viel er mir bedeutete, und wie sehr ich mir wünschte, er würde mich noch einmal in seinen Armen halten. Ich würde ihm gerne sagen, dass ich ihm verziehen hatte, und wie es um meine Gefühle für ihn standen.
Doch stattdessen entschied ich mich für das eine Richtige, dass mir in dem Moment am wichtigsten war.
"Ich liebe dich", flüsterte ich und presste die Zähne zusammen.
Die drei Worte erfüllten jeden kleinsten Raum in diesem großen Haus.
Zuerst war ich mir nicht sicher, ob ich ihm gerade wirklich meine Liebe gestanden hatte, da keine wirkliche Reaktion von ihm kam. Doch nach einigen Momenten der Stille, lief er auf mich zu. Die eine Hand um meine Wange, die andere in meinem Haar vergriffen, drückte er seine Lippen auf meine.
Es geschah alles so schnell, dass ich gar nicht anders konnte als meinen Reflexen zu folgen.
Meine Hand griff in sein Shirt und zog daran, um ihm noch näher zu sein. Meine andere Hand schlang sich um seinen Nacken.
Ich konnte die Sehnsucht, die Leidenschaft, die Liebe in unserem Kuss spüren. Es war atemberaubend schön.
All unsere Gefühle flossen in diesen einen Moment der Zuneigung, denn etwas anderes blieb uns möglicherweise verwehrt.
Die Wärme überflutete mich fast, mein Körper zitterte auf, mein Herz schlug so schnell, dass ich jeden Schlag bis in die Fingerspitzen fühlte. Blut rauschte durch meine Ohren.
Ich gab alles, was ich konnte, in diesen einen letzten Kuss. Adrien sollte fühlen, dass ich jedes Wort ernst meinte.
Wir wurden vom Klopfen der Tür unterbrochen, doch Adrien hielt mich fest bei sich. Es schien so, als wolle er der Realität entkommen.
"Es tut mir leid, aber wir müssen gehen, Adrien", entgegnete Tristan entschuldigend und wartete an dem Türrahmen.
Langsam zog er seine Lippen zurück.
Jetzt merkte ich auch selber, wie sehr ich dem Kampf aus dem Weg gehen wollte, nur um bei ihm sein zu können.
"Ich liebe dich", hauchte er und streifte dabei meine Lippen.
Mit Tränen in den Augen nickte ich leicht, doch ich öffnete sie gleich wieder, um ihn mir ein letztes mal ansehen zu können.
Er sah, dass ich mich vor Trauer verstecken wollte, doch er zog mich nur schweigend in eine feste Umarmung.
Ich sog seinen herben, männlichen Geruch auf und lehnte mich mit der Schläfe gegen sein Schlüsselbein.
"Für immer und ewig, hörst du?", fügte er hinzu und stützte sein Kinn auf meinem Kopf ab.
Mit liefen Tränen über die Wangen, und ich konnte nichts dagegen tun.
Adrien gab mich viel zu früh frei, wischte mir mit beiden Daumen die Tränen weg, drehte sich schließlich um und schloss mit einem letzten Blick in meine Richtung die Haustür.

PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt