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Yoongis PoV

Heute ist mein erster Termin bei Herrn Lee und um ehrlich zu sein, hält sich meine Motivation in Grenzen. Aber gut... Meine Motivation ist schon etwas länger in Urlaub. Ich hoffe sie hat Spaß. Jedenfalls mache ich mich grade auf den Weg nach Incheon und erneut stelle ich fest, dass es doch ein recht langes Stückchen ist. Erst recht, wenn man wieder den Zug nimmt , wie ich. Mit dem Auto ist es knapp eine dreiviertel bis volle Stunde. Und mit dem Zug gefühlt das zehnfache. Nur hab ich mich lieber dafür entschieden, als mich hinters Steuer zu setzen.

Ich bin ziemlich unkonzentriert und nicht ganz bei der Sache.. Da hab ich nicht wirklich Bock am ende noch gegen den nächsten Baum zu rasen. Leise seufzend lehne ich meinen Kopf gegen die Scheibe und sehe raus. Meine Musik auf den Ohren habe ich auf volle Lautstärke gedreht, damit ich mir die Gespräche der andern hier nicht antun muss. Die Landschaft zieht an mir vorbei und ich versuche meinen Gedanken keinen Freien lauf zu geben. Denn dann, denke ich wieder zu viel nach und am ende... Naja.. Im schlimmsten Fall liege ich wieder auf dem Boden, als hätte ich zu viele Energys getrunken.

Es scheint zwar die Sonne, aber irgendwie ist für mich alles grau. Nicht, dass ich farbenblind geworden wäre oder so... Aber die ganzen Farben, die es da draußen gibt... Es wirkt so, als wären sie verblasst und ausgewaschen.. Wie das lieblings Kleidungsstück, dass man fast tagtäglich trägt und durch das viele Waschen, seine satten und strahlenden Farben verliert. Ich habe genug davon... Ich sehe die Welt schon so, seit ich denken kann. Anfangs fiel es mir nie auf... Doch mit der Zeit merkte ich, dass ich die Dinge anders sehe. Zwar gab es ab und an, kurze Phasen in denen meine Welt etwas heller wurde, doch dies war nie von langer Dauer und ruckzuck wurde alles wieder trist und grau.

Depremierend.. Aber ich habe mich wohl oder übel daran gewöhnt. Ich habe versucht es irgendwie zu ändern, positiver zu werden.. Es wurde nie etwas daraus. Andere Menschen die ihr Leben genießen und positiv an jedes Problem ran gehen, beneide ich. Ich würde es auch gerne können. Jedes Problem mit einem Fingerschnips aus der Welt schaffen, stark sein, andern wirklich helfen können und mich nicht von allem runter ziehen lassen. Es ist immer irgend etwas. Jedes mal.

Als ich merke, dass ich gleich am Bahnhof von Incheon ankomme, stehe ich auf und laufe von mal zur Tür. Ich laufe durch den überfüllten und engen Zug. Überall sind Leute und es macht mich kirre... Ich habe das Gefühl sie starren mich an, spotten über mich und lachen mich aus. Mich überkommt ein leichter Schauer bei dem Gedanken. Bitte, lasst mich endlich hier raus.. Die Luft zum Atmen wird gefühlt immer knapper. Für einen kurzen Moment, habe ich sogar das Gefühl zu ersticken. Angestrengt atmend stehe ich an der Tür und warte sehnsüchtig, bis dieser Gottverdammte Zug endlich zum Stillstand kommt.

Ich spüre ihre Blicke im Nacken und kann das Gelächter hören. Sie lachen mich aus.. Jeder lacht mich aus. Für alle war ich immer nur ein dummes Spielzeug, das man nach Lust und Laune benutzen konnte. Es ist mir peinlich hier zu stehen und nichts tun zu können. Nie konnte ich etwas tun. Nie war etwas gut oder in Ordnung. Ich wurde benutzt und verspottet.. Verzweifelt sinke ich in meine Jacke, wobei ich mir wünsche, dass sie mich an einen besseren Ort bringt. Ich zittere leicht und meine Hand krampft ich leicht um die Stange, an der ich mich festhalte um nicht noch aufs Maul zu fliegen. Ich werde nervöser und hibbeliger. Ich will hier raus. Bitte!

Schlussendlich kommt der Zug zum Stillstand und die Leuchten an der Tür werden grün. Verzweifelt drücke ich immer wieder den Knopf bis die Tür sich öffent und stürme sofort hinaus. Erleichterung kommt in mir auf, als ich die frische Luft spüre, die sich in meiner Lunge ausbreitet. Viel mehr Platz und bessere Luft.. Ich verweile einige Momente so, in denen ich durchatme und mich langsam wieder beruhige. Als es soweit wieder geht, laufe ich langsam und noch etwas zittrig los. Das war gerade die Hölle... ich darf erst recht nicht an die Rückfahrt denken. Mal sehen wie die wird. 

Die Praxis von Herrn Lee ist zum Glück nicht allzu weit weg.. Ich hoffe nur, das ich nicht D/N oder Jimin über den Weg laufe.. Die Praxis ist ja im Krankenhaus, wo die beiden auch sind. Die beiden möchte ich grade beim besten Willen nicht sehen... Unsicher krame ich meinen Mundschutz aus der Jacke und ziehe ihn an. Die Kaputze ziehe ich ebenfalls an und laufe weiter zum Krankenhaus. Als ich angekommen bin, atme ich kurz durch und gehe dann rein. Auf dem Weg zur Praxis, schaue ich mich schon fast paranoid um, so als würde mich jemand oder etwas verfolgen.

In der Praxis angekommen, ziehe ich schnell den Mundschutz und meine Jacke aus. Leise durchatemd gehe ich zum Schaler, wo noch immer die ältere Frau vom ersten mal sitzt.
"Name? Haben sie einen Termin?", fragt die Frau und wendet ihren Blick nicht vom Monitor ihres PCs ab.
"Min Yoongi... Und ja.. um elf ist mein Termin.", antworte ich etwas leiser und sehe stur auf meine Hände. Die Frau tippt kurz auf der alten und verranzten Tastatur herum und nickt dann.
"In Raum zwei bitte. Es dauert noch einen Moment.", meint sie und steht auf um eine Mappe aus einem Aktenschrank zu kramen.

Stumm tue ich, was mir gesagt wird und ich gehe in den genannten Raum. Der Raum unterscheidet sich ziemlich von dem letzten. Es befindet sich ein mittel großes Sofa, zwei Sessel, ein kleiner Beistelltisch und ein großer Tisch im Raum. Auf dem großen Tisch, stehn ein paar Flaschen mit Trinken, ein paar Gläser, ein paar Tassen und eine Kaffeekanne. Dazu steht noch eine Packung Milch und ein paar kleine päckchen mit Zucker da. An den Wänden hängen ein paar Bilder und neben der Tür ist eine Komode. Es sieht irgendwie aus wie das Wohnzimmer meiner Oma. Es fehlt nur noch ihr fetter Karter.

Etwas hilflos stehe ich da und weiß nicht genau, ob ich mich setzen soll. Letztlich entscheide ich mich doch, platz zu nehmen und setze mich auf den einen Sessel. Es ist ruhig hier in dem Raum und ein Fenster ist gekippt. Draußen pfeift der Wind und ein paar Vögel zwitschern rum. Leicht ungeduldig sehe ich auf die Uhr, die im Zimmer hängt, nur um festzustellen, das ich ne viertel Stunde zu früh bin. Ganz toll... Noch mehr warten. Genervt lehne ich meinen Kopf zurück und starre an die Rauphaser Decke.

Nachdem ich fast zwanzig Minuten gründlichst die Decke betrachtet habe, höre ich wie sich die Tür öffnet. Ich sehe zur Tür und sehe wie der Doc reinkommt. In seiner Hand hat er ein Klemmbrett und eine dünne Mappe. Höflich lächelnd sieht er mich an und schließt die Tür hinter sich.
"Guten Tag Herrn Min. Schön sie wieder zu sehen.", meint er freundlich und verbeugt sich leicht. Schnell erhebe ich mich und verbeuge mich ebenfalls.
"Hallo..", sage ich leise und beiße mir kurz auf die Lippe.
"Möchten sie was trinken? Bedienen sie sich.", entgegnet er mir und deutet auf den vollgestellten Tisch.

Ich überlege kurz, schüttle aber dann den Kopf.
"Ganz wie sie wollen. Also, setzen sie sich.", appeliert er freundlich und ich setze mich wieder hin. Herrn Lee nimmt neben mir auf dem Sessel platz und sieht kurz durch die Akte.
"So... Wie gesagt, dass hier ist ein Probetermin. Sie können später dann entscheiden, ob sie das hier versuchen wollen, oder nicht.", erklärt er mir und sieht mich dabei an. Stumm nicke ich und weiche seinem Blick irgendwie aus.
"Gut.. Dann würde ich sie bitten, mir für den Anfang etwas über sich zu erzählen. Wo sie her kommen, wann sie geboren sind und so weiter.", fordert er mich auf und macht sich bereit mitzuschreiben.

"Ich wohne in Seoul.. Und komme Ursprünglich aus Daegu..", erzähle ich knapp und drücke mich leicht an die Rückenlehne. Ich hasse es fremden Menschen was über mich zu erzählen....
"Oh? Dann haben sie ja einen etwas weiteren weg hier her hm?"
"Es geht.. Aber naja..", brumme ich leise und muss an die Zugfahrt denken, die sich wie Jahre angefühlt hat.
"Verstehe. Dann fahren sie bitte fort.", meint er und notiert sich kurz was. Ich will wirklich nicht... Ich kann das nicht...

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Bis zum nächsten Kapitel

My special SoulmateWhere stories live. Discover now