Kapitel 5 - Jack Frost

2.1K 122 8
                                    

Dieser Tisch war immer unserer gewesen. Wir saßen schon seit der fünften Klasse zusammen hier, egal, ob wir nur zusammen gegessen hatten oder uns nur in der Pause getroffen hatten. Dieser Tisch gehörte uns, und das wussten die Kinder, dank Ruff und Tuff. Zwar war an diesem Tisch noch ein anderer, doch dieser war für Snotloud, der jetzt Latein hatte … er konnte manchmal einem echt leidtun. Langsam wurde es immer Leiser und die Mensa immer Leerer. Endlich kehrte Ruhe ein.

„Los komm.“ Sagte ich zu Ruff und wir standen auf und gingen zum Büfett was gerade aufgestellt wurde. Fishlegs und Tuff hatten sich nicht für das Essen angemeldet. Sie blieben sitzen, während Ruff und ich uns was zu essen holten und uns wieder an den Tisch setzten.

„Hmmmm.“ Sagte Ruff grinsend und hielt eine Bratkartoffel unter Tuffs Nase. Tuff wollte schon zubeißen, doch Ruff zog die Hand weg und stopfte sich die Kartoffel in den Mund. Tuffnut schaute sie sie fixiert an. ‚Ich würde alles darauf wette, dass Tuff jetzt gleich auf Ruff losgehen würde und versuchen wird, ihr die Kartoffel aus dem Mund zu nehmen‘, und so war es auch. Er nahm Ruff am Kragen und versuchte mit seiner anderen Hand in ihren Mund zu greifen. Beide fingen sofort an sich zu kloppen und ich schaute lachend dabei zu. Doch irgendwann reichte es auch mal.

„Ruff, dein Essen wird kalt.“ Sagte ich zur zu ihr, als sie ihn gerade Schlagen wollte. Sie schaute mich an und vergaß sofort ihren am Boden liegenden Bruder.

„Oh, stimmt.“ Sie setzte sich auf und fing an zu essen. Tuff stand auf, setzte sich wieder hin und schaute Ruff beleidigt an. Ich schüttelte nur lachend meinen Kopf und fing auch an zu essen. Ich würde nicht behaupten, dass das Essen in der Mensa lecker schmeckte, denn das tat es manchmal … eigentlich zu oft nicht, aber es genügte, um mich satt zu machen. Währenddessen versuchte ich meine Gedanken zu ordnen, ich versuchte an die Schule zu denken und den Stoff der letzten Stunden im Kopf noch mal durch zu gehen, und erstaunlicherweise gelang es mir etwas. Gesättigt schob ich den leeren Teller von mir weg und starrte noch weiterhin in Gedanken verloren in die Leere, bis ich aus den Augenwinkeln sah, dass sich jemand neben mir hinsetzte.

Abrupt wurde ich wieder in die Gegenwart geholt und schaute denjenigen an, der so frei war und sich neben mir hingesetzt hatte. Es war glücklicherweise nicht Hiccup, sondern sein blasser Freund Jack Frost. Jack lehnte sich gelassen zurück und schaute mich grinsend an. Ich starrte ihn nur etwas verwirrt und zornig an. Er hatte noch nicht einmal gefragt, ob dieser Platz hier frei wäre.

„Na, wenn das nicht ein paar aus meinem Mathe Kurs sind.“ Sagte er und schaute in die Runde. Die Gang hatte so ungefähr den gleichen Gesichtsausdruck, wie ich. Unfassbar, dass er sich sowas erlaubte.

„Du bist … Jack Frost?!“ sagte Fishlegs zögernd und schaute ihn prüfend an und ich konnte es ihm nicht verübeln. Ich kannte Jack Frost nicht, doch dieser Junge sah nicht wirklich nach einem braven Schüler aus, der sich an die Regeln hielt und seine Hausaufgaben immer machte.

„Wer sonst?“ sagte er grinsend, „und du bist …“

„Fishlegs.“ Kam ihm Fishlegs zu Hilfe.

„Ach stimmt, Fishlegs.“ Jack nickte ihm zu und sah zu den Zwillingen, die sich mal wieder in einem Starr-Wettbewerb verflochten haben und sich gegenseitig anstarrten. Er schaute sie nur schief an, ignorierte sie dann und sprang rüber zu mir.

„Und du bist sicherlich die furchtlose und kluge Astrid Hofferson.“ Sagte er zu mir und schaute mich mit seinen eisigen, klaren, blauen Augen an. Ich brauchte erst nicht zu fragen, woher er meinen Namen kannte, denn schließlich wusste jeder in meinem Jahrgang, wer ich bin. Aber dass er mich als furchtlos und klug beschrieb, obwohl er erst eine Woche auf dieser Schule ging, war mir schleierhaft.

„Hiccup hat von dir erzählt.“ Sagte er. Und da war die Erklärung, warum er mich so ansprach. Als ich hörte, wie er Hiccups Namen gesagt hatte, spannte ich mich unbewusst an.

„Ach.“ Sagte ich mit einem strengen Unterton. Und da waren wir wieder bei dem Thema, was ich so unbedingt verdrängen wollte, vielen Dank auch Jack Frost, du warst mir eine große Hilfe.

„Ja, als er in unsere Stadt gezogen war, hatte er am Anfang ständig von dir geredet. Davon, wer du bist, wie du immer drauf bist, und dass er dich vermisste und wie die Beziehung zwischen euch war …“ ‚War? ‘ dachte ich und wurde wütend, Jack Frost merkte es jedoch nicht und redete weiter, „und es hatte so genervt, doch zum Glück ließ das nach …“ er redete immer weiter, wie ein Wasserfall und es nahm kein Ende. Ich hörte ihm schon lange nicht mehr zu. Das war alles viel zu … chaotisch, ich wollte überhaupt nichts über ihn und seine Vergangenheit in der anderen Stadt wissen. Ich wurde immer wütender. Wenn Hiccup ihm so viel über mich erzählt hatte, dann müsste er doch wohl wissen, dass ich sowas nicht hören wollte … aber was, wenn Hiccup ihn geschickt hatte … Meine Gedanken überschlugen sich.

„Kannst du bitte verschwinden.“ Sagte ich ruhig und kontrolliert, dennoch konnte ich den Unterton in meiner Stimme nicht verhindern. Ich schaute ihn nicht an, richtete mich auf und ballte meine Hände zu Fäusten.

„Was?“ fragte Jack und schaute mich immer noch grinsend an. Ich bewegte langsam meinen Kopf in seine Richtung und ich musste wirklich wütend aussehen, denn er schreckte etwas zurück, als er mich ansah.

„Hast du es nicht verstanden?“ fragte ich, schaute ihn an und erhob meine Stimme, „Du sollst deinen verdammten Arsch in Bewegung setzten und einen anderen Tisch suchen, den du volllabern kannst.“ Er schaute mich etwas verängstigt an, stand auf und verschwand. Die Gang starrte mich nur fassungslos an.

„Was ist nur mit dir los, Astrid. Seit Anfang dieses Schuljahres bist du ziemlich komisch drauf.“ Sagte Ruff, die mittlerweile den Wettkampf mit Tuff unterbrochen hatte und mich anstarrte.

„Ich … ich weiß es selber nicht.“ Gab ich als Antwort. Ich wollte nicht wirklich, dass jeder über mein Gefühlschaos Bescheid wusste. Lieber kam ich damit alleine zurecht, als dass es die ganze Schule wusste. Ruff wollte wieder was sagen, doch Tuff schupste sie leicht.

„Hei, ich hab gewonnen, du hast aufgegeben.“ Sagte er triumphierend.

Hiccstrid HeartbeatWhere stories live. Discover now