Kapitel 17.2 - Der Kuss

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Callisto

Als ich aus einem tiefen, wohltuenden Schlaf erwache, tut meine Schulter kaum noch weh. Ich verspüre lediglich einen leichten Druck auf dem Schulterblatt, dort wo Blairs Brust gegen meinen Rücken drückt. Doch der Schmerz ist von einem fast unerträglichen Juckreiz ersetzt worden.

Blairs ruhiger Atem streicht um meine Ohren und einen Moment gebe ich mich völlig dem Gefühl hin, das seine unmittelbare Nähe in mir auslöst. In meinem Magen beginnt es aufregend zu kribbeln, als ich darüber nachdenke, wie ich gestern Nacht in diese Position gekommen bin. Und während des Schlafs bin ich unbewusst noch näher an ihn heran gerutscht, - oder er hat mich an sich gezogen. Ich benutze seinen einen Arm als Kissen, während sein anderer satt um mich gelegt ist; er hält sogar meinen Unterarm in seiner Hand, als hätte er mich gerade eben erst an seine Brust gezogen und alles an dieser Haltung fühlt sich vertraut, sowie aufregend neu an.

Erst als ich ein raues Räuspern an meinem Rücken spüre, lässt mich die tiefe Entspannung frei und ich schlage sofort die Augen auf. Blair lässt meinen Unterarm los, hebt seinen Arm und ich rutsche ein Stück weg, damit ich besser aufstehen kann. Einen Moment dreht sich in meinem Kopf alles, bevor der Schwindel verschwindet und sich mein Blick klärt.

Ein paar Minuten verbringe ich damit, die Klamotten durchzusehen, die auf dem Sessel neben dem Bett liegen, bis ich zu dem Schluss komme, dass alles merkwürdig riecht und ich keine Lust darauf habe, bereits getragenes anzuziehen. Blairs Blick ausweichend laufe ich ins Badezimmer, das hinter einer Tür direkt neben Blairs Bettseite liegt.

Sobald ich eingetreten bin, ziehe die Tür hinter mir zu, stütze meinen Oberkörper auf dem Rand des Waschbeckens ab und atme erst einmal tief durch.

Ich hebe schliesslich den Blick, schaue meinem Spiegelbild entgegen und sehe die leichte Rötung, die mir den Hals hinauf bis in meine Wangen steigt und ich sehe das Leuchten, das wilde Funkeln in meinen Augen, das mir einmal mehr zeigt, wie sehr ich mich in den letzten Tagen verändert habe. Mein Herz spielt komplett verrückt, ebenso wie mein Atem und mein Puls. Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass Blair mehr Kontrolle über mich und meinen Körper hat, als ich selbst und irgendwie nervt mich das. Es ist lächerlich. Es ist komplett idiotisch wegen eines Mannes solch intensives Herzklopfen zu haben.

Ja, wirklich, total lächerlich, versuche ich mich selbst zu überzeugen, aber grundsätzlich ist es gleichgültig, wovon ich mich überzeugen will. Tatsachen sprechen Bände; und dass Blair mich fast um den Verstand bringt, ist leider eine Tatsache.

Seufzend ziehe ich das durchgeschwitzte T-Shirt aus und werfe es in eine Ecke. Darunter trage ich einen schwarzen Sport-BH, dessen Träger sich auf meinem Rücken überkreuzen, sodass die Wunde auf meinem Schulterblatt unberührt bleibt. Kaltes Wasser fliesst über meine Fingerspitzen, als ich den Hahn aufdrehe, und belebt meinen Körper mit frischer Energie.

Blairs leises Klopfen und seine sanfte Stimme an der Badezimmertür lässt mich aufsehen.

»Cali, kann ich reinkommen? Deine Wunde sollte gereinigt und frisch verbunden werden.«

»Ja, komm rein.«

Die Tür geht auf und Blair tritt ohne Umschweife hinein. In den Händen hält er alle möglichen Dinge, um meine Wunde zu versorgen und er schaut so ernst drein, dass ich beinahe unwillkürlich aufgelacht hätte. Wäre da nicht seine nackte Haut gewesen, die mich so ablenkt, dass mir fast die Kinnlade runtergefallen wäre.

Gott, bin ich bemitleidenswert!

Aber auch er scheint von meinem leicht bekleideten Anblick etwas überrumpelt zu sein und so starren wir uns gegenseitig einen beschämend langen Moment an, bis ich mich lautstark räuspere und schließlich den Blick abwende. Ich drehe mich erneut zum Spiegel, lasse einen schnellen Blick über die verräterischen, körperlichen Merkmale gleiten und konzentriere mich dann auf seine Bewegungen direkt hinter mir.

SilbermondWhere stories live. Discover now