Kapitel 7 - So funktioniert das in unserer Welt

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Callisto

So funktioniert das in unserer Welt, seine Worte hallen in meinem Kopf wider und ich frage mich, ob er meine Welt damit auch meint. Streng genommen gehöre ich schliesslich eher in seine Welt, als irgendwohin sonst.

Ich bin ein Werwolf.

»Wieso könnte dein Alpha mich suchen? Wer bin ich schon. Ich erinnere mich an nichts, was vor mehr als sechs Jahren geschehen ist und seit damals bin ich in keinerlei Berührung gekommen mit dieser Welt«, erkläre ich ihm, auch wenn ich davon ausgehe, dass er sich das selber denken kann.

Blair zuckt lässig mit seinen Achseln.

»Ich weiss es nicht, aber es muss etwas mit deiner Herkunft zu tun haben«, vermutet er laut, »hör zu, ich will nicht ... « Er stockt, hält inne, scheint sich seine Worte genau zu überlegen und kommt offenbar zu dem Schluss, dass er nicht weiter sprechen will, - dass er etwas verraten hat.

Neugierig horche ich auf und schaue zu ihm herüber. Seit er sich in den Sessel mir direkt gegenüber gesetzt hat und seit ich mich darauf zu konzentrieren versuche, seine unmittelbare Nähe zu ignorieren, fühle ich mich besser. Kontrollierter, beherrschter, und das ist momentan das einzige, was ich an meinem Zustand verbessern kann.

»Was willst du nicht?«, hake ich auffordernd nach.

Nun, da er mir eröffnete, mich Tage wenn nicht sogar Wochenlang beobachtet zu haben, glaube ich ein Recht darauf zu haben, zu wissen, was in seinen Gedanken vor sich geht. Schliesslich geht es hier um mich. Und selbst wenn mich die Sache mit dem Tattoo unglaublich durcheinander gebracht hat, gehe ich davon aus, dass das etwas zu bedeuten hat. Vielleicht weiss er selbst nicht genau, was es ist. Aber auch wenn er mir nicht die Wahrheit sagt, so empfinde ich ein seltsam starkes Gefühl des Vertrauens für ihn und ich beginne, wenigstens das zu akzeptieren.

»Ich will nicht, dass du glaubst, dass ich dich einfach gegen deinen Willen mitnehmen will -«

»Glaub nicht, dass ich das zulassen würde«, unterbreche ich ihn sofort.

»Und ich will nicht, dass du denkst, dass ich eine Ahnung habe, was hier vor sich geht. Denn das weiss ich nicht«, fährt er unbeirrt fort, »und da gibt es noch etwas, das ich dir sagen sollte.«

Abwartend hebe ich eine Augenbraue, sage aber nichts. Das sollte Zeichen genug für ihn sein, um fortzufahren. Er schluckt und wendet schnell den Blick ab. Mein Herz macht einen nervösen Hüpfer.

»Auch ich habe keinerlei Erinnerungen die weiter zurückreichen, als bis vor sechs Jahren.«

Die Bombe ist geplatzt. Und ich bin vollkommen überrumpelt von dieser neuen Information, die die ganze Situation nicht unbedingt besser macht. Eher im Gegenteil.

»Wie ... Was?!«, rufe ich aus.

Zum gefühlt hundertsten Mal in den letzten Stunden könnte ich vor lauter übersprudelnder Gefühle und unkontrollierbarer Energie aus meiner Haut fahren und einfach explodieren. Ich möchte aufspringen und losschreien; ich möchte wütend herumbrüllen und vom Universum persönlich Antworten einfordern, auf die ich die Fragen nicht einmal kenne. Ich möchte ihn am Kragen seines T-Shirts packen, ihn durchschütteln und den verdutzen Ausdruck auf seinem geradezu lachhaft schönem Gesicht sehen, nur damit ich wenigstens eine unkontrollierte Emotion von ihm sehe.

Jedoch tue ich all das nicht. Und auch er bekommt seinen Part in meiner Vorstellung nicht. Stattdessen springt Blair bloss wie von einer Biene gestochen auf und während er sich im Raum auf und ab bewegt, sehe ich ihn immer wieder bestärkt nicken. Doch die Unwissenheit, und die Sorge, die ihm das bereitet, ist eindeutig auf seinem vollkommenen Gesicht abzulesen. Und ein weiteres Mal überkommt mich das starke Gefühl, ihm mit ziemlicher Sicherheit vertrauen zu können.

SilbermondWhere stories live. Discover now