Kapitel 6 - Nackter Eifersuchtsanfall

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Blair

Der erschrockene Ausdruck auf ihrem vollkommenen Gesicht verrät mir, dass sie etwas gesehen hat was sie zutiefst aufwühlt. Schnell schaue ich auf unsere Hände hinab, die ineinander verkeilt sind, und frage mich, ob ihr der intensive Körperkontakt zwischen uns zu viel wird.

Geschwind ziehe ich meine Hand zurück und nehme schnell das T-Shirt, das ich mir aus einem komischen Eifersuchtsanfall ausgezogen habe. Während ich es tat, kam es mir nicht wie eine dumme Idee vor, aber wenn ich jetzt so darüber nachdenke, kommt mir der Gedanke, dass sie vermutlich kein Interesse daran hat, einem anderen Mann nahe zu kommen, nachdem sie sich erst kürzlich von ihrem Freund getrennt hat.

Aber als ich einen gewissenhaften Sicherheitsabstand zwischen uns gebracht habe und sie mich noch immer ansieht, als wäre ich ein Geist, runzle ich verlegen die Stirn.

»Hör zu, Callisto -«, beginne ich.

»Cali«, unterbricht sie mich sogleich.

»Was?«

»Ich mag Callisto nicht«, verbessert sie mit raschen, wispernden Worten, die ich kaum als solche verstehen kann.

»Na gut«, willige ich schliesslich ein, »hör zu, Cali, ich wollte dir nicht zu Nahe treten, es hat sich nur so angehört, als ob ... ich meine, ich dachte, du bist kurz davor, dich zu verwandeln und vor gewöhnlichen Menschen dürfen wir das streng genommen nicht«, stammle ich peinlich berührt, wohlwissend, dass meine Worte keinen Sinn ergeben.

Es ist mir unangenehm, was sie mit mir macht.

Ich habe jegliche Kontrolle verloren, als ich die Wärme ihres Körpers gespürt und das wilde Lebensfeuer berührt habe, das in ihrem Inneren brodelt. Ich habe nicht damit gerechnet, dass mein Mund auf ihrem Hals sich so gut und so vertraut anfühlen würde und ich deshalb vollkommen vergesse, aus welchem Grund ich überhaupt eine solche Intimität zwischen uns zugelassen habe. Inzwischen weiss ich nicht einmal mehr, ob ich unbewusst ihren Ex nicht nur als Ausrede benutzte, um sie in erster Linie berühren und um ihre nahe sein zu dürfen.

Aber alles an diesen Berührungen, alle Gefühle, die momentan in meiner Brust toben sind nicht nur falsch, sondern auch verboten, dessen bin ich mir durchaus bewusst. Ich bin nicht hergekommen, um mich so zu fühlen. Ich habe eine Zielperson ausfindig gemacht, das ist alles.

Sie ist ein Auftrag!, versichere ich mir in Gedanken bereits zum unzähligsten Mal.

Ich darf mich ihr nicht nähern, nicht so. Ich darf sie nicht berühren, geschweige denn mir vorstellen, wie es wäre sie zu küssen und sie an mich zu ziehen und ihren perfekten Körper noch einmal zu sehen, ihn zu spüren. Sie hat es nicht bemerkt, aber ich habe sie so genau angesehen, wie ich nur konnte, ohne ihre Aufmerksamkeit zu erregen.

Es war ein Fehler, ihr zu erlauben mir bei meiner Verwandlung zu zusehen, mit ihr gemeinsam zu rennen und zuzulassen, dass sie mir unter die Haut geht.

Doch ich weiss, dass sich die besondere Stimmung zwischen uns nicht leugnen lässt, das Knistern und die unbestreitbar kräftige Chemie, die zwischen uns herrscht. Selbst wenn ich jetzt gerade so tue, als wäre es nicht so. Auch wenn ich so tue, als könnte ich das irgendwie kontrollieren.

»Das ... ist es nicht«, stammelt auch sie und starrt mich noch immer so an, als wäre ich ein Eindringling.

Was ich im Grunde ja auch bin.

»Zeig mir dein Handgelenk noch einmal«, bittet sie und irritiert lasse ich den Blick über ihr schönes Gesicht wandern, bevor ich schliesslich tue, was sie von mir verlangt.

Wir treten zeitgleich aufeinander zu und ich hebe meinen Arm, als sie ihren hebt und als ich schliesslich unsere Handgelenke nebeneinander sehe, begreife ich, was sie so erschreckt hat. Nicht nur ist die tätowierte Inschrift auf unserer Haut beinahe identisch, auch die Schrift, die Größe und vor allen Dingen das Körperteil stimmt.

SilbermondWo Geschichten leben. Entdecke jetzt