Kapitel 28 - Ich weiss, wie ich meine Magie zurückbekomme

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Callisto

Meine Augen öffnen sich flatternd. Das erste was ich sehe ist sein entspanntes, schlafendes Gesicht gleich neben mir.

Ein warmes, kribbeliges Gefühl breitet sich in meiner Magengrube aus und strahlt augenblicklich in meinen gesamten Körper aus.

Ein Streifen goldenes Sonnenlicht bestrahlt seinen starken, breiten Rücken bis zu seiner Hüfte. Meine Augen folgen seinem Körper bis zur Bettdecke, die die untere Hälfte seines Körpers bedeckt. Im orange roten Abendlicht der Sonne schimmert seine hellbraune Haut in einem unwiderstehlichen Honigfarbenen Ton und selbst sein dunkelbraunes, fast schwarzes Haar hat einen haselnussbraunen Stich angenommen. Als ich ihn kennenlernte waren seine Haare so kurz geschoren, dass man die typischen Locken nicht erkennen konnte, aber in den paar Wochen sind sie kräftig nachgewachsen. Ich schätze, er muss sie bald nachschneiden lassen.

Blair hat seine Arme unter dem Kissen begraben und das Gesicht in den Stoff des Kissens geschmiegt, sodass ich nur die Hälfte seines hübschen Antlitz ausmachen kann. Die schwarzen, langen Wimpern liegen unberührt auf seinen Wangen, sein Atem geht ruhig und regelmässig und er wirkt so friedlich und entspannt, wie ich ihn schon lange nicht mehr gesehen habe. Und dieser Anblick wiederum macht mich glücklich.

Eine Erinnerung an ihn flackert kaum merklich auf und belebt sowohl Körper als auch Geist: Es ist sein jüngeres Ich, kaum älter als zwölf Jahre, das mir unberührt und mit verschlossener, kalter Miene gegenüber steht. Mein jüngeres Ich hält ihm zur Begrüssung die Hand entgegen, doch er nimmt sie nicht an. Stattdessen steht er einfach nur da und sieht mir mit seinem unergründlichen Blick entgegen, als sei ich eine Fremde für ihn. Noch bevor die Erinnerung komplett verblasst ist, wird mir bewusst, dass ich in diesem Augenblick wohl genau das für ihn war: Eine Fremde. Das muss unsere erste Begegnung gewesen sein!

Einen Moment bin ich so von seinem Anblick gefangen, - dem in der Realität, wie auch von dem in der Vergangenheit -, dass ich glatt vergesse zu atmen. Ich rutsche sachte ein Stück näher an ihn heran, streiche sanft über sein Schulterblatt und lasse die Fingerkuppen meiner rechten Hand kaum merklich über sein Rückgrat wandern. Zu gerne würde ich wissen, wer wir einmal waren und wie unsere Geschichte angefangen hat.

Offenbar hat sie genau in diesem Moment angefangen und allein deshalb ist die Erinnerung etwas besonderes. Und mich fasziniert der Gedanke, dass er wohl schon sehr viel länger ein Teil meines Lebens ist, als einer von uns je annehmen konnte. Mein Instinkt sagt mir, je näher ich ihm komme, desto klarer und deutlicher werden die Erinnerungen zurückkehren, die mir fehlen.

Mein Herz macht einen entzückten Satz, als er langsam die Augen öffnet und mich direkt ansieht. Das stählerne Blau seiner Augen leuchtet auf, als sein Blick sich klärt und wir uns ansehen. Er bewegt sich langsam, aber dann spüre ich plötzlich einen Arm um meine Taille und er zieht mich mit einem Satz an seine Brust. Er schliesst mich in seiner Umarmung ein, sodass mich sofort Wärme und sein unwiderstehlicher Geruch einfängt und umhüllt, wie eine schützende Mauer. Ich vergrabe mein Gesicht an seinem Hals und drücke meine Nasenspitze für einen kurzen Moment in die Kuhle gleich unterhalb seines Schlüsselbeins. Ich atme tief ein, atme seinen Geruch ein, und schliesse abermals die Augen. Ich schmiege mich an seine Brust, mein Verstand und Kopf sind mit vergangenen Erinnerungen und Gefühlen gefüllt und in meinem Inneren macht sich das Gefühl breit, dass das alles absolut nicht neu ist. Es fühlt sich vertraut, warm und erfüllend an.

Es fühlt sich an wie Zuhause. Er ist Zuhause für mich.

Dieses Gefühl ist merkwürdig und verwirrt mich, denn seit ich denken kann, - seit ich mich erinnern kann -, habe ich mich immer verloren und einsam gefühlt, ich war stets auf der Suche nach etwas, so als ob mein Leben keinen Sinn machen würde.

SilbermondHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin