Kapitel 15 - Der Fluch der Le Croy's

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Blair

Eine Nachricht trudelt geräuschlos, aber wild surrend ein. Ich nehme das Smartphone aus meiner Hosentasche und schaue auf das Display. Unwillkürlich zucke ich zusammen, denn der Name auf dem Display erinnert mich nur an meine mir unweigerlich bevorstehende Aufgabe und die Verfehlungen, die ich unternommen habe, um ihrer nicht gerecht zu werden.

Kalila.

Ich unterdrücke ein wehmütiges Seufzen. Schnell schiebe ich das Handy zurück in meine Tasche und versuche die Dringlichkeit der Nachricht zu ignorieren. Mir ist durchaus bewusst, dass meine Pflichten ganz woanders liegen. Allerdings hat sich die Lage geändert, seit ich das Gefühl habe, langsam aus meiner düsteren Vernebelung aufzuwachen. Ich kann nicht zulassen, dass Callisto etwas zustösst ... Alles in mir schreit förmlich danach, sie zu beschützen, und das Silbermond Rudel will definitiv das Gegenteil.

Im Rudel geht seit Jahren das Gerücht um, dass der eine Fluch gebrochen werden kann, - der Fluch, der uns daran hindert zu wahrer Stärke zurückzufinden. Ich weiss nicht besonders viel über diesen einen Fluch, dem wir seit geraumer Zeit hinterher jagen. Ich weiss nur, dass es sich beim notwendigen Blutopfer um eine junge Hexe handelt; eine Hexe mit weissem Haar und stahlblauen Augen, was auch immer das bedeutet.

Aber eines scheint klar zu sein: Dass es sich bei diesem Blutopfer nicht um Callisto handelt, denn sie ist keine Hexe. Und ausserdem bin ich davon überzeugt, dass der Alpha ihren einzigen Nutzen darin sieht, den Fluchbinder heranzuschaffen.

Der Alpha des Rudels sucht seit Ewigkeiten nach den Zutaten, die er braucht um den Fluch zu brechen. Das ist auch der Grund, wieso er all seine Kräfte und seine Untertanen mobilisiert, um alles notwendige zusammen zubekommen. Die Zeit scheint zu drängen, denn er wird immer unerbittlicher und grausamer, um zu bekommen, was er will.

Bislang habe ich keinen Gedanken daran verschwendet, welche Opfer gebracht werden müssen, um diesen verdammten Fluch zu brechen, doch ich habe auch nicht damit gerechnet, dass die Suche mich zu Cali führen würde. Für mich waren die Befehle des Alphas nur Befehle, und als Mitglied des Silbermond Rudels bin ich dem ungebrochenen Gehorsam verpflichtet. Mein Leben gehört dem Rudel, dem Alpha und mein vernebelter Geist hat sich damit zufrieden gegeben. Aber jetzt ist alles anders.

Und es scheint mir inzwischen wichtiger denn je, herauszufinden, wobei es bei diesem Fluch tatsächlich geht. Der Alpha liess bislang nicht viele Informationen durchsickern, - das wäre zu gefährlich für ihn gewesen. Er liess die Gesellschaft der Werwölfe nur wissen, dass das Brechen des Fluches unserem aller Wohle dient. Inzwischen erscheint es mir mehr als merkwürdig, dass das jeder einfach zu glauben scheint.

Mich eingeschlossen, natürlich.

Doch so sehr ich auch sicher bin, das Richtige zu tun, indem ich Cali helfe und wenn irgendwie möglich herausfinde, wie wir beide zu dieser Geschichte stehen, umso mehr reisst es mich von meinen Brüdern und Schwester des Rudels weg. Ich bin hin und her gerissen zwischen meinen Pflichten, meinem Treugefühl für meine Wolfsfamilie und diesen ... Gefühlen für Cali.

Und ich weiss, es ist nicht richtig, ihre Nachrichten zu ignorieren, sie hinzuhalten und vor allen Dingen mir selbst einzureden, dass sich am Ende noch alles zum Guten wenden lässt. Lügen sehen eines Tages immer das Licht der Wahrheit und wenn alles vorbei ist, - was bleibt mir dann noch?

»Blair, was ist mit dir?«

Bei der Erwähnung meines Namens zucke ich erschrocken zusammen und drücke das Telefon tiefer in meine Hosentasche. Ich sehe auf und folge Cali's Bewegungen, die sie zu mir führen.

»Nichts, alles in Ordnung«, erwidere ich schnell und nehme dankend die Tasse entgegen, in der frisch aufgebrühter, heisser Kaffee fröhlich hin und her schwappt.

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