Kapitel 10

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Sie wachte keuchend und schweißgebadet auf. Noch immer zitterte sie vor Angst. Erst allmählich wurde ihr klar, dass alles nur ein Traum war.
Sie blickte auf ihre Hände hinab: Sauber, eindeutig nicht blutig und zerschnitten, nur verschwitzt und klebrig.
Erleichterung durchströmte sie. Es war wirklich nur ein Traum, ein verwirrender zugegebenermaßen, aber nur ihrer Fantasie entsprungen.
Sie schaute sich in ihrem Quartier um. Überall lagen leise atmende oder schnarchende Körper unter den Decken.
Marc hatte sich ganz in ihrer Nähe niedergelassen. Seinen Arm hatte er über's Gesicht gelegt und seine Brust hob und senkte sich regelmäßig und langsam.
Durch ein Bullauge schräg gegenüber von ihr, sah sie die ersten rötlichen Sonnenstrahlen am Horizont aufleuchten. Die Stille in dem Raum war nicht bedrückend oder einschüchternd, sondern friedlich und beinahe hätte Luna vergessen wo sie hier waren, und in welcher Gefahr sie alle schwebten.
Als die Erinnerungen an den gestrigen Tag über ihr zusammenbrachen, stöhnte sie leise und zog sich die Decke bis zum Kinn. Dabei streifte eine Ecke der Wolldecke ihre Wange. Kurz zuckte sie zusammen und fuhr dann mit den Fingern über den Schorf, der sich auf ihren Kratzern gebildet hatte.
Als sie danach ihre Fingerspitzen ansah, musste sie lächeln. An ihnen klebte eine hellgrüne Paste.
Marc hatte sich also wirklich die Mühe gemacht, für ihre winzigen Verletzungen eine Salbe aufzutreiben.
Er war viel zu gut für sie. Luna hatte noch keinen anderen Jungen kennengelernt, der so einfühlsam, liebenswürdig und perfekt war.
Ihre Gedanken richteten sich wieder auf das Hier und Jetzt.
Sie wollte, dass diese ruhige Morgendämmerung nie endete. Keine Verantwortung und keine Pflichten, waren das einzige was sie sich in diesem Moment wünschte. Doch natürlich wurde ihr Wunsch nicht erhört.
Schon bald wachten auch die anderen auf, und Luna legte die Decken zusammen und trug sie auf einen fein säuberlich geordneten Stapel, in einer Ecke des Raumes.
Danach ging sie zu Grace. Die ältere Frau und sie, hatten sich sozusagen zum Kopf der Gruppe, zusammen mit Marc und Athur, hochgearbeitet. Wobei Athur nur dabei war, damit er sich sicher sein konnte, dass sie keine Pläne schmiedeten, die ihm nicht gefielen.
Luna erklärte ihnen, dass es eine Trennwand zwischen Balkon und Fluchtweg gab.
,,Wir müssen einen anderen Weg finden. Der Fluchtplan, über den Balkon des Kapitäns zu klettern wird nicht funktionieren. Der einzige Ausgang von da aus, führt in seine Suite herein" meinte Luna, wobei sie versuchte die Verzweiflung in ihrer Stimme zu unterdrücken.
,,Es gibt keinen anderen Ausweg! Entweder wir bleiben hier oder wir flüchten durch die Kapitänssuite. Es wäre äußerst hilfreich, Mädchen, wenn du uns sagen würdest, was der Vorschlag des Kapitäns war? " Athur war zwar Lunas Meinung nach ein Idiot, aber doch ein sehr korrekter Mensch.
Nervös blickte sie zu Grace und Marc. Die ältere Frau sah sie forschend an, während in ihrem Blick gleichzeitig  eine Mischung aus Mitgefühl und Neugier lag.
Marcs Blick hingegen, konnte sie nicht deuten.
,,Weißt du Luna, es wäre schon gut zu wissen, was er verlangt. Vielleicht können wir mit ihm verhandeln" entgegnete er unsicher.
Sie seufzte resigniert und antwortete nach einer kurzen Pause des Schweigens: ,,Er bat mich zu sich um mir einen Vorschlag zu unterbreiten. Dieser Vorschlag beinhaltete, dass er uns alle umbringen wird."
,,Was hat er verlangt?" fragte Grace leise.
,,Er will, dass ich ihn heirate"

Jetzt war es raus.
Eine unglaubliche Last fiel Luna von den Schultern. Sie musste kein Geheimnis mehr mit sich herumtragen. Sie hatte es endlich ausgesprochen.
Ihre Freunde sahen sie mitfühlend an. Marc schloss wortlos seine kräftigen Arme um ihre Taille und zog sie an seinen muskulösen Oberkörper.
Luna vergrub ihr Gesicht in seinem Hemd und spürte nur seinen schnellen Herzschlag und die leichte Vibration seiner Brust , als er mit den anderen sprach.
,,Wir brauchen so schnell wie möglich einen Fluchtplan"
,,Wie willst du das anstellen? Vor allem mit den alten Menschen?" entgegnete Athur mit angestrengt gerunzelter Stirn.
,, Wir werden es einfach versuchen müssen oder wir sterben alle " gab Grace zu bedenken.
,,Uns was ist, wenn Miss Mackenzie einfach das Angebot annimmt?" fragte Athur ungeniert.
,,Falls Miss Mackenzie das Angebot annimmt, würde ich ihren frisch gebackenen Ehemann eigenhändig umbringen! Außerdem werde ich es gar nicht so weit kommen lassen. Sie bleibt hier bei uns! Keine Widerrede!" sagte Marc mit grimmiger Miene.
Luna verspürte in diesem Moment einen ungeheuren Anflug von Stolz. Und auch wenn sie eigentlich Angst haben sollte, war sie einfach nur glücklich, von Marc festgehalten zu werden.
Er war wie ein Fels in der Brandung für sie.
Als ob er ihre Gedanken gehört hätte, schaute er auf sie hinunter und ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen.
,,Dann müssen wir den Weg durch die Kapitänssuite nehmen. Das ist die einzige Möglichkeit die wir haben" stellte Grace ernst fest und deutete mit dem Finger auf das Bullauge, dass ihnen zur Flucht verhelfen würde. ,,Dann ist es also beschlossene Sache, wir müssen hier weg, bevor Luna wieder nach oben zum Kapitän gebeten wird und ihre Entscheidung vortragen muss. Heute Abend, wenn die Mannschaft, und hoffentlich auch der Käpt'n, in der Kajüte zum Essen sind, klettern wir alle auf den Balkon und von da aus, in die Suite. Ab da müssen wir improvisieren, aber ich denke, dass der Kapitän einen eigenen Fluchtweg hat, auf dem er gleich zu den Rettungsbooten kommen könnte" erklärte Grace den Plan.
,, Grace, könntest du das den anderen mitteilen?" fragte Luna, die bis jetzt noch an Marcs Brust gelehnt hatte, sich jetzt aber umdrehte.
,,Natürlich" antwortete Grace und verschwand. Athur nickte ihr einmal zu und ging dann auch weg.
Luna spürte an ihrem Rücken Marcs Herzschlag und in ihrem Nacken seinen heißen Atem.
Mit kühlen Finger strich er ihr die langen struppigen Haare aus dem Nacken. Sie wollte sich garnicht vorstellen wie sie zur Zeit aussah. Inzwischen sehnte sie sich nach einer Dusche.
Doch Marc schien das nicht zu stören. Mit einer ganz leichten Berührung seiner Lippen, an ihrem Hals, verursachte er eine Gänsehaut auf ihrem ganzen Körper. Lächeln drehte sie sich um und schlang die Arme um seinen Nacken. Instinktiv drückte er sie an sich und senkte seine Lippen dabei auf ihre.
Luna strich mit ihren Fingerspitzen über die weichen, kurzen Haare, die in seinem Nacken waren. Er seufzte wohlig und sein Mund fuhr langsam ihren Hals hinab.
An den Stellen wo seine Lippen sie berührten, entstand eine brennende Spur auf ihrer Haut.
,,Marc" flüsterte sie leise. ,,Bitte, hör auf."
Luna war zwar schon seit zwei Jahren mit Marc zusammen, aber sie wollte sich unbedingt Zeit mit solchen Dingen lassen. Und er respektierte das, auch wenn sie wusste wie schwer ihm dies fiel.
In diesem Augenblick, hatte sie starke Gewissensbisse, da er sie mit einem Blick losließ, der ihr zeigte wie gerne er weitergemacht hätte.
,,Tut mir leid" hauchte sie an seine Lippen, die immernoch nur Zentimeter von ihren entfernt waren.
,,Nein. Muss es nicht" flüsterte er genauso leicht. Dann nahm er ihre Hand und führte sie an seinen Mund. Er drückte ihr einen Kuss darauf und entfernte sich etwas von ihr, vermutlich um nicht wieder rückfällig zu werden.
,,Ich werde auf dich warten" formten seine Lippen lautlos.




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Hey meine lieben Leser!
Ich danke euch für die 100 Reads. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie ich mich gefreut hatte als die magische 100 überschritten wurde. Gefällt euch meine Geschichte? Soll ich etwas anders machen? Verbesserungsvorschläge sind immer erwünscht.
Bis zum nächsten Kapi!
Eure Lou

Die Entdeckung Mittelerdes Where stories live. Discover now