Kapitel 28

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,,Wo sind wir?" fragte Luna ungläubig.
Vor ihnen erstreckte sich eine weite Hügellandschaft. In jedem Hügel war eine Tür, die rund war, genau wie die Fenster.
Gepflegte Gärten mit hübsch gestrichenen Zäunen umgaben die Hügel.
Überall verliefen Wege und Pfade und auf diesen liefen die seltsamsten Kreaturen, die Luna je gesehen hatte.
Sie waren klein, nur halb so groß wie ein Mensch und hatten dazu einen meist beträchtlichen Bauchumfang.
Lockige Haare umrahmten ihre Gesichter und man hätte sie durchaus für zu klein geratene Menschen halten können, wären da nicht die verhältnismäßig riesigen, krausig behaarten Füße gewesen, mit denen sie barfuß herumliefen.
Erstaunt sahen Luna und Marc sich um.
,,Ich habe keinen blassen Schimmer" beantwortete er ihre Frage.
,,Kneif mich mal, ich glaube, ich träume noch" sagte sie und konnte vor Verwunderung die Augen nicht von der Landschaft abwenden.
Marc hatte die Wut auf sie anscheinend vergessen, denn statt sie zu kneifen, nahm er ihre Hand und zog sie weiter.
,,Komm! Das müssen wir uns näher anschauen"
Sie stemmte die Beine in den Boden und zwang ihn zum stehen bleiben.
,,Warte, was ist, wenn sie böse sind. Wir wissen doch gar nicht was die sind"
,,Findest du, dass die gefährlich aussehen?" Er sah sie abwartend an und sie schüttelte den Kopf.
,,Und außerdem haben wir nicht wirklich eine Wahl oder fällt dir was besseres ein?"
Zwiegespalten blickte sie wieder zu der Hügelansammlung.
,,Vielleicht schaffen wir es mit unserem Boot wegzufahren"
,,Um dann wohin zu schippern?" fragte er gereizt.
Kläglich zuckte Luna mit den Schultern.
,,Dann komm!" Er griff wieder nach ihrer Hand, doch sie zog sie weg und stampfte an ihm vorbei, in Richtung Hügel.
Sie war wütend über seine Überheblichkeit und wütend auf sich selbst, weil sie ihm nicht die Meinung geigen konnte, ohne sofort ein schlechtes Gewissen zu haben.
Seufzend folgte Marc ihr, bis sie vor einem der Hügel standen.
Luna wollte gerade durch eine Gartenpforte gehen, als neben ihr ein leiser Schrei ertönte.
Verwundert drehte sie sich um und sah ein paar Meter weiter, eines der kleinen fremden Wesen stehen. Sein Mund stand weit offen und es starrte sie hemmungslos an.
,,Ähm...Hallo!" sagte Luna versuchsweise.
Das Wesen zeigte keine Regung.
Luna hob ihre Hand und winkte leicht damit. Erst jetzt löste es sich aus seiner Erstarrung, aber nur um sich umzudrehen und dann flink und völlig lautlos zu verschwinden.
,,Okay, dann probieren wir es woanders" meinte Marc und öffnete eine Gartenpforte.
Luna ging ihm nach und sie stellten sich vor eine kleine, runde, rote Tür. Vorsichtig hob Marc die Hand und klopfte dann dreimal gegen das Holz. Erst rührte sich nichts, doch dann öffnete sich die Tür einen Spalt breit und ein kleines Gesicht schaute zu ihnen hinauf.
Luna beugte sich herunter und sagte sanft: ,,Hallo! Kannst du mich verstehen?"
Das Wesen bekam große Augen und Luna dachte, es würde ihr die Tür vor der Nase zu knallen, doch es nickte einmal zaghaft.
,,Du verstehst also was ich sage? Großartig! Kannst du mir sagen wo wir hier sind?" fragte sie weiter und versuchte so vertrauensvoll wie möglich zu klingen.
,,Beutelsend" sagte es leise und mit piepsiger Stimme.
Ratlos blickte sie zu Marc, der aber auch nur unsicher mit den Schultern zuckte.
,,Und wo liegt Beutelsend?" fragte er das Wesen.
,,Im Auenland" antwortete es, wobei sein Blick misstrauisch zwischen ihnen umher huschte.
Luna musste sich zusammenreißen, um nicht dümmlich zu fragen, wo denn nun das Auenland liege.
Stattdessen fragte sie:,,Was bist du?"
Irritiert sah das Wesen sie an. Gerade als es den Mund öffnete, kam aus dem Inneren des Hügels eine schneidende Stimme:,,Warum ist die Tür offen? Hier zieht es! Berti, wer ist da draußen?"
Der Türspalt erweiterte sich und ein anderes Gesicht schaute zu ihnen hoch. Das Wesen war größer als das erste und wirkte auch um einiges älter.
Jetzt verstand Luna. Sie hatten mit einem Kind geredet.
Die Mutter sah sie grimmig an.
,,Wir wollen hier keine wie euch" sagte sie und schlug die Tür zu, noch ehe Luna etwas sagen konnte.
,,Vielleicht sollten wir nach einem Bürgermeister oder so suchen" schlug Marc vor.
Da Luna auch nichts besseres einfiel, nickte sie.
Zusammen gingen sie über ordentlich gepflasterte Wege und kleine Straßen, und überall sahen sie die seltsamen Wesen, die sofort in ihren Häusern verschwanden, wenn sie das Paar erblickten.
Inzwischen standen sie auf einem Platz, der ungewöhnlich leer schien, obwohl Stände und Karren herumstanden, beladen mit Milch, Käse, Schinken, Gemüse und Obst, Kleidung, Möbeln und vielen anderen Dingen.
,,Hier sieht jedes Haus aus, wie das andere. Ich glaube nicht, dass wir einen Bürgermeister finden werden" meinte Luna und drehte sich dabei suchend im Kreis.
,,Am besten, wir fragen einfach in einem der Hügel nach" sagte Marc.
,,Die haben viel zu große Angst vor uns. Da würde uns niemand öffnen" erwiderte sie.
,,Und was sollen wir dann machen?" fragte er.
,,Ich weiß es nicht. Vielleicht haben wir Glück und finden zufällig jemanden, der uns helfen kann" schlug sie vor.
,,Ja, vielleicht...zufällig" murmelte er, so leise, dass Luna es nicht hören konnte.

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