Kapitel 22

199 19 0
                                    

Luna lief neben Marc, durch die schmalen Gänge des Schiffes. Sie beide hatten Schwierigkeiten, auf den Beinen zu bleiben, weil das Schiff inzwischen über riesige Wellen fuhr und somit auch im Innenraum alles in Bewegung geriet. Einmal kam ihnen ein Rollwagen entgegen, auf dem die Fischer eigentlich ihre kleinen Netze legten.
Luna konnte ihm noch gerade so ausweichen, bevor er ihr über die Füße fahren konnte.
,,Wohin gehen wir?" fragte sie.
,,Der Kapitän hat mir den Auftrag erteilt, Jake zur Brücke zu bringen" antwortete er.
,,Hat er mir auch eine Aufgabe gegeben?" fragte Luna weiter.
,,Nein" sagte er sanft. ,, Aber ich möchte dich in meiner Nähe wissen. Ich will dich nicht noch einmal verlieren"
Er blieb stehen und sah sie bedauernd an.
Dann lächelte er.
,,Ich glaube, das mit der Weltreise, können wir uns vorerst abschminken"
Luna musste unwillkürlich an ihren Vater denken:,, Meinst du, die Behörden haben den kleinen Dampfer schon gefunden? Dann haben sie bestimmt schon die Familien darüber informiert, ob ihre Angehörigen in den Rettungsbooten saßen oder nicht. Dad wird sich riesige Sorgen machen"
Sie wollte gar nicht wissen, wie verzweifelt er sein musste. Womöglich dachte er sogar, dass sie ertrunken waren. Ihr wurde schwindelig, bei der Vorstellung, dass man sie für tot erklären konnte.
Sie taumelte kurz, hielt sich dann aber, an der Wand fest.
,,Bist du sicher, dass mit dir alles in Ordnung ist?" fragte er sie.
Luna nickte betont selbstsicher:,, Ich hatte nur Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten, wegen der großen Wellen"
Marc musterte sie noch einen Augenblick lang, als wollte er etwas sagen, verkniff es sich aber. Dann drehte er sich wieder dem Gang zu und sie beide kämpften sich weiter durch den langen Weg, der sie zu Jake führen sollte.
Jake kam ihnen entgegen, als sie gerade eine Treppe hinunter steigen wollten.
Als sie ihm die derzeitige Lage erklärten, hörte er angespannt zu.
Daraufhin verabschiedete er sich und ging im Laufschritt zur Brücke.
,,Was machen wir jetzt? " fragte Luna ihren Freund, als sie gerade den Flur zurückgingen.
,,Ich würde vorschlagen, dass wir wieder zum Kapitän gehen. Da bekommen wir die meisten Infos" antwortete Marc auf ihre Frage.
,,Gut, aber vorher muss ich noch einmal in die Kajüte"
,,Warum?" Marc runzelte verwirrt die Stirn.
,,Dringendes, menschliches Bedürfnis" sagte sie nur und verschwand dann schnell hinter der nächsten Biegung.
Marc dagegen lächelte kurz wissend und ging dann alleine vor.

Als Luna aus dem Bad herauskam, herrschte auf den Fluren das heillose Chaos.
Seeleute riefen sich stürmisch Befehle zu, Maschinisten liefen die Gänge auf und ab, verzweifelt versucht, das Schiff unter Kontrolle zu halten und der Wellengang selbst trug dazu bei, dass keiner richtig standhaft war.
Jemand rempelte Luna hart an der Schulter an und stieß sie auf den Boden. Der verrußte Maschinist murmelte eine Entschuldigung und zog sie wieder auf die Beine, bevor er weiter rannte.
Inzwischen hatte sie die Orientierung verloren, also lief sie, auf den zufälligen Fund der Brücke hoffend, die Flure hinauf.
Nachdem sie mehrmals in falschen Räumen und falschen Gängen landete, hielt sie einfach den nächstbesten Mann an. Es war Jake, der sichtlich gestresst war.
Als sie zu einer Frage ansetzten wollte, schnitt er ihr das Wort ab.
,,Gott sei Dank! Da bist du ja. Wir haben dich schon überall gesucht. Dein Freund würde uns umbringen, wenn dir etwas zustößt. Was hast du denn hier gemacht?"
,,Ach weißt du, ich fand es ganz nett, hier so durchs Schiff zu laufen, während draußen ein Sturm tobt und ich mich kaum auf den Beinen halten kann!" entgegnete sie gereizt.
Luna war ziemlich wütend auf sich selbst, weil sie es nicht geschafft hatte den Weg selbst zu finden.
,,Oh okay" sagte Jake eingeschüchtert. ,,Kommst du trotzdem mit?"
Luna tat es jetzt schon leid, dass sie ihn so angefaucht hatte.
,,Natürlich" sagte sie nun deutlich leiser und folgte ihm zur Brücke.

Die Entdeckung Mittelerdes Where stories live. Discover now