Kapitel 41

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Gandalf führte sie über die langen, schmalen Wege von Bruchtal. Luna war sich nicht sicher, wo er sie hinführte, aber sie vermutete, dass er sie zum Hüter von Bruchtal brachte.
Elrond könnte Ihnen vielleicht weiterhelfen, bei der Frage wie sie nun nach Hause kämen.
Der Gang, den sie entlanggewandert waren, bog um eine Ecke und öffnete sich dann in einen großen, weitläufigen Raum.
Auch von hier aus hatte man einen perfekten Blick auf Bruchtal und die umliegende Landschaft.
In der Mitte des Raumes stand ein Pult und neben diesem Pult erwartete sie ein hochgewachsener Mann mit langen dunklen Haaren. Elrond.
Der Hüter von Bruchtal musterte erst Luna und Marc und wandte sich dann an Gandalf.
,,Das sind also die beiden fremdländischen Gefährten, die Ihr auf Eurer Reise mitgenommen habt. Sagt mir Gandalf, wie kommt ihr zu der Annahme, das sie nicht aus Mittelerde stammen? Sie sehen aus, wie gewöhnliche Menschen"

Elrond besah sich die beiden Reisenden nocheinmal, fand aber offensichtlich nichts auffälliges.
Gandalf warf Luna einen Blick zu und sie trat vorsichtig einen Schritt auf Elrond zu.
,,Wir kommen aus einem Land namens Amerika. Es ist sehr groß und überall sind Straßen auf denen Autos fahren. Wir beide wollten eigentlich eine Schiffsreise machen, aber das Schiff auf dem wir die Reise machen wollten, wurde von Piraten übernommen und wir wurden gefangen genommen. Als wir dann flüchten konnten, sind wir auf einem Fischerboot gelandet. Wir dachten, dass wir damit nach Hause kommen könnten, aber als ein Sturm aufzog, konnten wir uns gerade noch auf ein Beiboot retten. Nach dem Sturm wurden wir hier angeschwemmt. Gandalf und die Zwerge haben uns aufgenommen, aber wir wollen einen Weg zurück finden" erklärte sie kurz.
Von den seltsamen Träumen, die sie hatte erzählte sie nichts. Ihre Geschichte klang schon ohne dieses Detail sehr unglaubwürdig.
,,Und",fügte sie hinzu. ,,Wir haben eine Botschaft im Taschenmesser meiner Mutter gefunden"

,,Darf ich mal einen Blick darauf werfen?" fragte der Hüter von Bruchtal und betrachtete sie dabei mit einem nachdenklichen Blick.
Luna wusste nicht, wo die Nachricht war, denn sie hatte ja ihre normalen Klamotten nicht mehr an und der Zettel steckte eigentlich in ihrer Jackentasche.
Doch Marc kramte bereits in seiner Hosentasche und holte das vergilbte Stück Papier hervor.
Er reichte es Elrond, der hochkonzentriert das elbische Gedicht las.

,,Hên in tâd erdhyn. Thiannen os in ertho-amarth. Mîn bardor a meleth, in cilme dannatha. Heb-ten ibardor, imeleth gwae-barad. Heb-ten imeleth, ibardor erthatha.
No-gor hên in tâd erdhyn. Bardor gwae naur, meleth gwae môr"
murmelte er die Worte.
,,Kind der zwei Welten...Wer ist dieses Kind? Dieses Gedicht ist eine Prophezeihung, der hohen Elben Lothloriens. Jedes Wort hat eine Bedeutung, die sich erfüllen wird. Derjenige für den dieses Gedicht bestimmt wurde, wird Zeichen von den Geistern unserer Ahnen erhalten, damit diese Prophezeihung sich erfüllt. Wo, sagtet ihr, habt ihr dieses Gedicht aufgefunden?" fragte er.

,,Es war in dem Taschenmesser meiner Mutter. Ich kenne sie nicht und das ist meine einzige Erinnerung an sie" antwortete Luna leise. Der Gedanke, dass sie ihre Mutter noch nie gesehen hatte, erfüllte sie mit Trauer und nicht zum ersten Mal fragte sie sich, was aus ihr geworden war oder wo sie jetzt lebte.
,,Dürfte ich dieses Messer einmal sehen?" fragte Elrond.

Luna nickte und sah wieder erwartungsvoll zu Marc, der bereits das Messer mit den hübschen kleinen Verzierungen am Griff, aus seiner Tasche geholt hatte. Er reichte es wieder an Elrond weiter.
Ein Lächeln umspielte seine Lippen, als er den zierlichen Gegenstand in seinen Händen hielt.
,,Ich kenne dieses Messer" sagte er schließlich zu Lunas Überraschung.
,,Es gehörte mal einer guten Freundin, die für kurze Zeit hier in Bruchtal lebte. Sie hatte es von ihrer eigenen Mutter geschenkt bekommen und trug es immer bei sich. Als Erinnerung an ihre Kindheit"
Lunas Augen waren vor Erstaunen weit aufgerissen. Wenn dieses Messer wirklich ihrer Mutter gehört hatte, dann war die Frau, die kurzzeitig hier gelebt hatte, vielleicht ihre Mutter.
,,Und wo ist die Frau jetzt?" wollte sie wissen.
Elrond hob den Blick und sah aus als würde er in eine Welt blicken, die nur er sehen könnte.
,,Ich weiß es nicht. Als sie Bruchtal verließ, wollte sie zur Seestadt reisen, um dort einen weiteren alten Freund zu besuchen. Ich habe nie wieder etwas von ihr gehört. Ihre Abreise ist jetzt schon zwanzig Jahre her" erklärte er.
Enttäuscht stieß Luna, die Luft aus, die sie unwillkürlich angehalten hatte. Sie hatte wirklich gehofft eine Information über ihre Mutter zu erhalten, denn wenn sie es geschafft hatte aus Mittelerde zu verschwinden und ihren Vater kennenzulernen, dann konnte sie ihr vielleicht auch einen Weg zeigen, wie sie und Marc Mittelerde wieder verlassen könnten.
,,Wo liegt Seestadt?" fragte sie dennoch, obwohl sie wenig Hoffnungen hatte.
,,Sie liegt am Fuße des Berges Erebor, dem einstigen Königreich der Zwerge" antwortete Elrond.
Luna hörte ein Hüsteln hinter sich, was von Gandalf zu kommen schien. Der Zauberer neigte den Kopf etwas zur Seite und deutete damit auf den Ausgang.
,,Wir haben noch einiges zu besprechen, deshalb würde ich gerne mit den beiden Reisenden allein sprechen" sagte Gandalf.
Elrond nickte einmal und entließ sie mit dieser Geste.
Luna und Marc folgten dem Zauberer,der schnellen Schrittes durch die Gänge lief. Luna fragte sich wirklich, warum er das Gespräch so abrupt abgebrochen hatte. Vielleicht hätte sie doch noch ein paar Informationen aus Elrond herausholen können. Aber eigentlich hatte er ihnen schon sehr weiter geholfen, denn nun wusste sie, dass ihre Mutter nach Seestadt gegangen war und sie sollten die Chance ergreifen und versuchen bis zu diesem Ort zu kommen.
Gandalf blieb plötzlich stehen, sodass Luna fast in ihn hinein gelaufen wäre.
Sie befanden sich nun in einem anderen, aber genauso schönen Raum, wie zuvor. Auch von hier hatte man einen atemberaubenden Blick über Bruchtal und die dahinter liegende Landschaft.
Der Zauberer drehte sich kurz um und musterte die beiden so eingehend, das es Luna unangenehm wurde. Sie schaute kurz zu Marc herüber, der ihren Blick zwar erwiderte, sich aber genauso unwohl zu fühlen schien wie sie.
,,Wisst ihr beiden, was das Ziel der Unternehmung von Thorin Eichenschild ist? Wohin diese Reise uns führen soll?" fragte Gandalf irgendwann.
Luna wusste etwas von einer Eroberung, die die Zwerge machen wollten, aber wo genau das Ganze stattfinden sollte, könnte sie nich im geringsten beantworten. Der Name des Ortes hätte ihr ja außerdem auch gar nicht weitergeholfen. Sie hätte ja sowieso nicht sagen können, ob der Ort nun ein paar hundert Meter entfernt lag oder aber am Ende des Landes. Sie hatte ihr einfach nicht genug Orientierung. Also schüttelte sie nur kurz den Kopf und wartete darauf, dass der Zauberer fortfuhr.
,,Die Reise von Thorins Gemeinschaft wird sie zum Erebor führen. Dem einstigen Königreich der Zwerge. Es wurde von einem Drachen überfallen und ein Großteil von Thorins Volk starb. Der junge Prinz selbst und einige seiner Gefolgsleute könnten sich retten und arbeiteten von da an in Schmieden oder anderen Arbeitsstätten, die die Kraft eines Zwerges erforderten. Die Zwerge waren im ganzen Land verteilt und Thorin macht sich nun mit den treuesten und mutigsten Zwergen auf den Weg um sein Königreich zurückzuerobern. Man hat seit sechzig Jahren nichts mehr von dem Drachen gesehen oder gehört und vielleicht gibt es eine Chance, dass es zu keinem ausweglosen Kampf kommen muss. Genau das ist auch die Hoffnung der anderen Zwerge. Ein Wiederaufbau des Erebor, eine Heimat zu haben nach so langer Zeit der Heimatlosigkeit. Doch was für euch viel wichtiger ist: Am Fuße des Erebor liegt eine Stadt. Sie ist nicht die schönste und hatte lange Zeit sehr unter dem Drache Smaug zu leiden. Es Leben sehr Arme, aber herzliche Leute dort, die ihr Leben mit dem Fischfang unterhalten. Die Stadt, die ich meine ist auf Stelzen in einen See hinein gebaut. Und deshalb nennt man sie auch Seestadt" endete er.
Es herrschte kurz Stille. In dieser Zeit formten sich genau zwei Fragen in ihrem Kopf.
,,Thorin ist ein Prinz?" fragte sie entgeistert.
Der Zauberer lächelte und nickte.
,,Genauer gesagt ist er inzwischen ein König und ihm gehört rechtmäßig der Erebor, was ihn zum König unter dem Berge macht"
Thorin Eichenschild war ein König. Auch wenn es vielleicht albern war, aber ihr schien Thorin nun in einem ganz anderen Licht zu stehen. Alle seine Gesten und Handlungen kamen ihr von jetzt an irgendwie edler und königlicher vor.
Aber dieser Umstand war jetzt erstmal unwichtig. Viel wichtiger war doch:,,Können wir euch auf der Reise zum Erebor begleiten. Also wenigstens so lange bis wir in Seestadt angekommen sind?" fragte sie Gandalf.
,,Natürlich. Ich hätte euch vermutlich sowieso mitgenommen, denn ich wüsste nicht wo ihr sonst bleiben sollt" antwortete er.

Damit war es also beschlossene Sache. Sie beide würden die Zwerge zu ihrem Königreich begleiten und dann hoffentlich ihre Mutter finden und damit auch einen Weg nach Hause. Gandalf hatte ihnen nach dem Gespräch noch erklärt, dass sie morgen in aller Frühe aufstehen müssten, deswegen hatte Luna sich zusammen mit Marc wieder auf ihr Zimmer begeben.
Er war sehr schnell eingeschlafen und seine tiefen, langsamen Atemzüge machten sie auch müde, aber dennoch schlief sie einfach nicht ein. Es wirbelten zu viele Gedanken in ihrem Kopf herum, die sie nicht ordnen konnte. Zu viele Gefühle existierten momentan in ihr, von Hoffnung über Aufregung bis hin zu unglaublicher Angst vor dem Unbekannten.
Plötzlich würde es Luna zu eng in dem Zimmer, sie hatte das Gefühl, nicht genug Sauerstoff zu bekommen. Sie schwang ihre Beine über die Bettkante und ging schnellen Schrittes zu dem Balkon, der zu ihrem Zimmer gehörte. Die Vorhänge wehten träge vor und zurück, während sie hindurchging und dann einfach nur tief ein- und ausatmete. Die frische Nachtluft tat ihr gut und die Panik, die sich kurzzeitig in ihr angesammelt hatte, verflog so schnell, wie sie gekommen war.
Der Mond stand hoch am nachtschwarzen Himmel und warf ein unheimliches Licht auf die umliegenden Gebäude. Bruchtal sah bei Nacht so anders aus, da es in gewisser Weise einsam und verlassen wirkte. Als würde kein Lebewesen mehr hier sein. Ob Elben wohl einsam waren? Sie hatte bisher noch kein Elbenpärchen beobachten können. Die meisten laufen nur allein herum, um ihre Aufgaben und Arbeiten gewissenhaft erfüllen zu können.
Sie fragte sich, ob ihr Vater sich auch verlassen und einsam fühlte. Wusste er überhaupt, dass ihr Schiff gekentert war und dass sie gar nicht in Neuseeland angekommen waren? Vielleicht trauerte er jetzt Zuhause, weil er nichtmal wusste ob sie noch lebte. Es war eine schreckliche Vorstellung. Wenn sie ihn doch nur erreichen könnte.
Sie stützte sich leicht auf die Balkonbrüstung und legte den Kopf ein wenig in den Nacken, sodass sie die Sterne beobachten konnte. Sie sahen anders aus. Keine einzige Sternenkonstellation kam ihr bekannt vor. Sie fühlte sich, als wäre sie in einem anderen Universum.
Erschrocken quietschte sie auf, als sich zwei Arme um ihre Taille legten. Eine Sekunde später entspannte sie sich wieder, aber ihr Herz pochte immernoch wie wild.
,,T'schuldigung" nuschelte er in ihre Haare und lehnte seine Wange vorsichtig an ihren Kopf.
,,Schon okay" gab sie zurück und genoss das Gefühl von ihm gehalten zu werden.
,,Was machst du hier draußen? Warum schläfst du nicht?" murmelte er verschlafen.
Sie zuckte unentschieden mit den Schultern.
,,Ich habe an Zuhause gedacht, an Dad" sagte sie leise.
Er drückte seinen Körper noch ein wenig enger an ihren, um ihr Trost zu spenden.
,,Wir werden zurückkehren. Du wirst ihn wiedersehen und deine Mom gleich mitbringen" sagte er leise.
,,Sie mitbringen?" fragte sie irritiert.
,,Willst du sie nicht wieder zurück nach Hause holen?"
Sie schüttelte den Kopf, nickte und schüttelte dann wieder den Kopf.
,,Ich weiß es nicht. Was, wenn sie gar nicht will. Wenn Sie mich gar nicht kennenlernen will und auch nicht nach Hause möchte?"
,,Wenn Sie dich sieht, wird sie dich kennenlernen wollen" murmelte er leise.
,,Aber..." setzte sie an.
,,Nichts, aber. Du schaffst das und sie wird dich lieben" entgegnete er.
Sie seufzte leise und beobachtete, wie sich eine kleine Wolke vor den Mond schob.
,,Und was ist, wenn wir sie gar nicht finden?" flüsterte sie.
,,Dann suchen wir uns einen anderen Weg. Zusammen. Ich bleibe immer bei dir, egal was passiert. Das verspreche ich" murmelte er und gab ihr einen Kuss auf den Scheitel.
Luna drehte sich in seinen Armen und lächelte zu ihm hinauf.
,,Das hast du mir schon mal versprochen"
,,Ich kann es nicht oft genug tun" meinte er sanft und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
,,Ich werde immer bei dir bleiben und dich beschützen, weil ich dich unendlich liebe" flüsterte er und sein Atem strich sanft über ihr Gesicht. Er beugte sich ganz langsam vor und seine Lippen berührten ihre in einem ganz zarten Kuss.
,,Kommst du wieder mit rein? Morgen wird ein anstrengender Tag" fragte er vorsichtig.
Sie nickte und folgte ihm.
Kurz vor dem Einschlafen spürte sie noch, wie er ihr einen Kuss auf den Hinterkopf gab und dann versank sie auch schon im Land der friedlichen Träume.

Hey liebe Leser!
Wenn ihr das hier lesen könnt, dann hat Wattpad wahrscheinlich endlich wieder ein Kapitel von mir veröffentlicht. Ich hoffe es sind keine Fehler drin und wenn, dann könnt ihr mir natürlich wie immer sagen, was falsch ist.
Ich hoffe ihr habt bald Sommerferien, denn bei mir dauert es noch fünf Wochen. :(
Viele liebe Grüße von eurer
Lou

Die Entdeckung Mittelerdes Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt