41 - Sonntag Abend

1.9K 76 46
                                    

Nates Sicht:

"Du willst die ganze Sache also beenden, bevor sie richtig angefangen hat?", fragt sie und zieht ihre Augenbrauen zusammen. 

Von wollen ist nicht die Rede, aber ich muss. 

Sie denkt nach. Ich merke es daran, wie sie sich über die Lippen leckt und dann drauf beißt. Ich wende meinen Blick ab, bevor sie mich völlig um den Verstand bringt. 

Sie ist wunderschön. Ihre braunen nassen Haare sind strähnig nach hinten geworfen und entblößen ihre Schlüsselbeine und das Dekolleté, auf dem noch immer ein paar Wassertropfen verharren, die ich nur zu gerne weg küssen würde. Das sie nur ein Handtuch anhat macht es mir nicht leichter. 

"Es ist besser für dich, für mich, für alle.", antworte ich mit ruhiger Stimme und lehne mich an Averys Schreibtisch, wodurch ihre Nähmaschine etwas nach hinten rückt.

"Inwiefern ist das besser für uns?", fragt sie entsetzt und ihre Stimme wird lauter. 

"Erstens ist es zu gefährlich wenn du mir so Nahe bist. Wenn Koda noch immer hinter uns her ist, dann darf er nicht denken zwischen uns wäre etwas. Zweitens hast du doch gesehen was passiert ist. Ich habe mich eine Nacht mal gehen lassen und nicht auf Avery geachtet, da kommt irgendein Kerl und will sie vergewaltigen.", antworte ich und weiß selbst wie bescheuert das klingt. 

Ich will es nicht beenden. Ich will sie bei mir haben, mehr als je zuvor. Aber es ist selbstsüchtig und wenn es um sie geht, kann ich nicht egoistisch sein. Nicht mehr. Nicht, wenn es um ihre und Averys  Sicherheit geht. 

"Du hast mich und Avery beschützt. Nur wegen dir ist nichts schlimmeres passiert.", ihre Stimme klingt gebrechlich. Das kratzen in ihrem Hals ist deutlich zu hören und es tut mir wahnsinnig leid, dass sie gerade wegen mir so laut redet. 

Sie kommt auf mich zu und stellt sich zwischen meine Beine. Mein Blick fällt noch immer zur Seite und sie legt ihre Hände an meine Wangen, um mich dazu zu bewegen zu ihr zu gucken.

Tu das nicht. Tu das bitte nicht. 

"Du hast mir gezeigt wie ich mich verteidigen kann. Bis gestern war es in Ordnung, dass ich dir so nahe bin und auf ein Mal ist es zu gefährlich?", fügt sie hinzu und ich nehme ihre Hände und lege sie runter.

Ich hasse es sie zu verletzen, aber ich kann sie besser beschützen, wenn wir einfach nur Freunde sind. Sie kam mir zu Nahe und ich weiß nun mal zu gut, was den Menschen in meiner Nähe passiert. Es war egoistisch von mir sie in mein verkorkstes Leben zu lassen. Jedenfalls sie SO rein zu lassen. 

"DU warst es, die Avery gefunden hat. Ich kam zu spät. Das zwischen uns hat mich abgelenkt. Ich habe normalerweise immer ein Auge auf sie, doch gestern.. als wir getanzt haben und rumgemacht.. ich habe die Welt um mich vergessen und Avery wäre beinahe sonst was passiert.", bei den Worten die ich ausspreche sticht mein Herz. 

Erneut formen sich Tränen in meinen Augen. Meine kleine Schwester hätte sterben können, während ich unten mit Brooke getanzt und nichts davon mitbekommen habe. Ich lasse es nicht zu, dass noch eine Person wegen meiner Unachtsamkeit stirbt.

"Nate, du kannst nicht immer auf sie achten. Steven war es, der ihr diese Drogen untergeschoben hat und er wird sobald nicht mehr frei gelassen.", erwidert sie und ich kann deutlich sehen, dass ihre Augen ebenfalls glänzen. 

"Ich war mit ihm befreundet. Er war es wahrscheinlich, der die Mädchen vergewaltigt hat und auch die eine auf unserer Party bewusstlos gemacht hat. Er wollte sich an meiner Schwester vergreifen und ich war es, der ihn erst so nah an sie ran gelassen hat.", das mein Menschen Radar bei ihm so versagt hat ist für mich unbegreiflich. Ich bin normalerweise gut darin jemanden zu lesen und seine Intention sofort zu durchschauen, aber bei ihm habe ich es vergeigt. Nur so bekam er die Chance an Avy ran zu kommen. 

"Ist das der Grund warum du es beenden willst? Du fühlst dich schuldig und willst in deinem Selbstmittleid baden?", fragt sie nun leicht wütend und entfernt sich ein paar Schritte von mir. 

"Es IST meine Schuld."

"Nein. Es ist Stevens Schuld. Wir haben sie beschützt. Nur wegen uns hat er es nicht geschafft. Wegen uns ist nichts schlimmeres passiert. Wir haben sie gerettet, nicht das Gegenteil.", sie wirft ihren Kopf zur Seite und guckt zum Boden, während sie mit ihren Fingern durch die Haare fährt. 

Ich will das nicht. Ich will sie in den Arm nehmen und mit ihr nach dieser Alptraumacht darüber sprechen. Ich will alles von ihr und alles mit ihr, aber das wird nie der Fall sein und so bringe ich sie nur in die Schussbahn zwischen mir und Koda. Das ist mir erst nachdem ganzen Drama der letzten Nacht klar geworden. Mit meinen Gefühlen für sie werde ich unvorsichtig und ich kann es mir nicht leisten leichtsinnig zu sein. 

"Brooke, ich will doch nicht, dass wir uns nicht mehr kennen. Ich mag dich. Ich will dich in meinem Leben. Nur nicht so. Wir können Freunde sein, aber ab sofort ohne das Plus.", ihre grünen Augen fahren wieder in meine. 

Ihr Blick ist undefinierbar. Nachdenklich. Verwirrt. Enttäuscht?

"Na schön. Also Freunde. NUR Freunde.", erwidert sie nach einer kurzen Pause und rollt fast unscheinbar mit den Augen.

"Du bist so sicherer und ich kann alles besser in Acht haben.", sage ich nochmal etwas unbeholfen. Die Situation ist unangenehm. Ich weiß nicht wo wir stehen, ob sie wütend ist, oder traurig...

"Alles klar. Ich würde mich jetzt gerne umziehen. Wir sehen uns morgen.", ihre heisere Stimme klingt kalt und trifft mich unvorbereitet. Ihre Gleichgültigkeit ist deutlich zu spüren. Ob sie echt, oder gespielt ist weiß ich nicht. 

"Sehen wir uns morgen?", frage ich nochmal, als ich an ihr vorbei zur Tür gehe und neben ihr kurz stehen bleibe. 

Ohne ihren Blick zu mir zu wenden antwortet sie mir. "Ja, bis morgen.", ihre Stimme klingt ruhiger und ohne ein weiteres Wort verlasse ich ihr Zimmer.

Als ich ihre Tür schließe, fühle ich mich kein Stück besser. Mein Herz schmerzt, mein Kopf hämmert und meine Augen brennen. 

Ich hasse es.




Outsider - Beneath the SurfaceDonde viven las historias. Descúbrelo ahora