51 - Dienstag Mittag

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Es ist zwei Wochen her, dass Nate und ich beschlossen haben nur Freunde zu sein und es klappt verdammt gut. Meine Gefühle sind zwar nicht weg und wenn ich mich entscheiden könnte, wären wir beide jetzt zusammen, aber es ist in Ordnung so wie es ist.

Ich habe keinen Verband mehr um mein Handgelenk und da Weihnachten so nah ist, fühle mich tatsächlich allmählich wieder glücklich. Auch ohne festen Freunde, oder Sex.

Weihnachten ist mein liebster Feiertag. Abgesehen davon freue ich mich schon alle wieder zu sehen, weil von meinen Freunden alle über die Feiertage nach hause kommen. Peyton habe ich zum Beispiel schon seit fast vier Monaten nicht mehr gesehen.

Mom und Jonah haben schon den kompletten Weihnachtsabend durchgeplant und in eineinhalb Wochen kann ich sehen, was sie sich ausgedacht haben.

Selbst mit meinen Dad habe ich abgemacht mich zu treffen. Ich will ihn sehen, mit ihm sprechen. Endlich mal wieder persönlich.

In den letzten Tagen haben wir ständig telefoniert. Er hat mir sogar ein Paket geschickt, indem Süßigkeiten waren, damit ich gut durch die Abgabezeit komme und Karten für einen Boxkampf zu dem ich nach den Ferien mit Nate gehe.

Mein Vater war echt begeistert davon, dass ich jetzt lerne mich zu verteidigen. Er ist sowieso sehr unterstützend und zum ersten Mal seit langer Zeit, sehe ich wieder den Mann in ihm, den ich so lange vermisst habe.

Mit AJ habe ich kein Wort mehr gewechselt. Er hat versucht sich mit mir auszusprechen, sich zu entschuldigen, aber ich wollte nicht hören, was er zu sagen hat. Seine weiteren Lügen brauche ich nun wirklich nicht.

Nate und AJ haben sich ebenfalls noch nicht vertragen, weshalb es teilweise etwas komisch ist, wenn wir uns sehen. Da Nate und ich grundsätzlich versuchen AJ aus dem Weg zu gehen, unternehmen wir immer etwas zu zweit, wenn nur unsere kleine Gruppe etwas macht. Wir boxen, lernen, kochen und unser persönlicher Favorit: wir gucken Filme in seinem großen Bett mit einer Tonne Popcorn.

Bei Partys sind wir immer dabei, weil Nate nicht akzeptieren kann Avery aus den Augen zu lassen, aber wenn es nur um die kleine Gruppe geht ist es für ihn okay, wenn Rocky aufpasst.

"Brooke.", ich richte mich nach links und sehe Susan, Averys und Nates Mutter, an dem kleinen Tisch in der hintersten Ecke bei Dana im Café.

Sie winkt mich zu sich und ich laufe mit meinem Kaffee zu ihr. Hätte ich sie vorher gesehen, dann hätte ich meinen Kaffee in der Tasse genommen, statt im Becher.

"Hallo Susan.", erwidere ich und drücke sie zur Begrüßung.

In den letzten zwei Wochen habe ich sie des Öfteren Mal gesehen. Sie besucht Avery wirklich oft und manchmal bin ich mitgekommen, weil ich nichts besseres zu tun hatte und eine Pause vom lernen brauchte.

"Wie geht's dir, meine kleine?", fragt sie mich und wir setzen uns wieder.

Bei dem Wort 'kleine' kommt mir unweigerlich Tyler in den Kopf. Seit Nate mich abserviert hat denke ich öfter mal an ihn. Nicht so häufig wie an Nate und meistens sind es negative Gedanken, aber er steigt in meinen Kopf.. von Zeit zu Zeit.

"Gut gut.. und selbst?", frage ich und sie lächelt.

"Mir auch.", erwidert sie und sieht nachdenklich aus.

Den gleichen nachdenklichen Blick, mit den gleichen eisblauen Augen, kenne ich von Nate.

"Was ist los?", frage ich und sie schmunzelt.

"Avery hat mir da etwas erzählt..."

"Was?", frage ich mit geweiteten Augen.

"Sie hat gesagt, dass sich zwischen dir und Nathan etwas angebahnt hat.. bevor euch allen diese grausame Sache passiert ist.", antwortet sie und ich bin sprachlos.

Warum erzählt sie ihrer Mom das? Ich weiß, dass sie sich sehr Nahe stehen, gerade seit dieser Sache, aber dennoch geht es dabei um mich und ihren Bruder.

"Ich kann nicht fassen, dass sie.."

"Bitte sei ihr nicht böse. Sie kann nichts dafür.. ich habe sie ausgefragt.", gibt sie zu und ich gucke sie verwirrt an.

"Ich bin nicht böse.. nur... warte mal, warum hast du sie ausgefragt?", frage ich entgeistert.

"Ich habe schon damals im Krankenhaus gesehen, dass ihr beide nicht eure Blicke voneinander nehmen könnt.", antwortet sie und ich werde immer entsetzter.

Wie konnte sie das merken? Wie konnte sie, obwohl sie so beschäftigt und abgelenkt war, merken, was da zwischen mir und Nate abläuft.

"Ich möchte nicht aufdringlich sein, aber ich würde nur zu gerne wissen... was mit euch passiert ist?", fragt sie und ich seufze.

"Es ist wahr, zwischen uns war mal etwas. Jedoch ist nach der ganzen Sache mit Steven.", bei seinem Namen sehe ich wie sie kurz zuckt und ich bereue, ihn erwähnt zu haben.

"Danach konnte er es nicht mehr.", beende ich meinen Satz und sie zieht entgeistert ihre Brauen zusammen.

"Was meinst du damit?"

"Nate kann nicht gleichzeitig mit mir zusammen sein und auf seine Schwester aufpassen.", antworte ich ehrlich.

Ich öffne mich ihr, weil ich weiß, bei ihr ist das Geheimnis sicher. Obwohl ich Nate jetzt verstehe und akzeptiere, dass wir nur Freunde sein können, wünsche ich mir noch immer, dass wir mehr wären.

Sie schüttelt den Kopf. Man sieht ihr an, dass sie ganz genau weiß wie das alles abgelaufen sein muss. Sie kennt Nate. Sie kennt ihn wirklich.

"So war er schon immer. Er hat schon immer auf seine Schwestern aufgepasst. Sein Beschützerinstinkt ist wirklich groß.", erwidert sie und ich gucke sie fragend an.

"SchwesterN?", sage ich und sie guckt nun genauso wie ich.

"Sie haben es dir nicht gesagt?", fragt sie nach und die Verwirrung wird immer größer.

"Nate und Avery hatten noch eine Schwester.", Susan seufzt als könnte sie nicht fassen, dass ich nichts davon weiß.

Warte mal... hatten?

"Sie war jünger als die beiden. Nora. Nathan war 18, sie 14. Die drei sind bei meiner Mutter gewesen und wollten noch spät nach Hause fahren. Es war auf einer dunklen Landstraße, Nathan ist gefahren und Nora saß auf dem Beifahrersitz, während Avery hinten saß. Nathan und Avery haben sich gestritten und Nate hat kurz nach hinten geguckt, als er in den Gegenverkehr geraten ist und beim ausweichen seitlich in einen Baum gefahren ist. Avery lag zwei Wochen im Krankenhaus, Nora war sofort tot.", erklärt sie und eine Träne läuft ihr die Wange runter.

Ich gebe ihr ein Taschentuch und sie wischt sich die Träne damit weg. Ich kann nicht glauben was ich da höre. Es ist, als hätte mir die ganze Zeit ein Puzzleteil gefehlt und endlich verstehe ich, warum Nate so ist wie er ist. Warum er sich ständig sorgen macht, alles und jeden um sich herum beschützen will und sich für alles die Schuld gibt.

"Das tut mir so unglaublich doll leid.", erwidere ich und sie lächelt.

"Ich hätte wirklich gedacht einer von den beiden hätte dir davon erzählt.", sagt sie immer noch durcheinander.

"Nein ich.. davon wusste ich nichts.", erwidere ich und fühle mich schuldig. Ich weiß, dass ich nichts dafür kann, aber es ist komisch zu wissen, dass die beiden Personen die mir hier mit Abstand am nähesten sind, so ein großes Geheimnis vor mir haben.

Eigentlich sollte ich mich nicht beschweren. Ich habe wochenlang Geheimnisse vor Avery gehabt. Nate hingegen habe ich mich ziemlich schnell komplett anvertraut. Es gibt eigentlich keine Geheinisse zwischen uns. Jedenfalls dachte ich das.

"Ich muss los, Susan. Tut mir leid.", sage ich und stehe auf.

"Oh, natürlich. Kein Problem.", erwidert sie und steht auf, um mich zum Abschied nochmal zu drücken.

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Endlich wissen wir warum Nate so ist wie er ist..

Outsider - Beneath the SurfaceDonde viven las historias. Descúbrelo ahora