62 - Mittwoch Nacht 2

1.9K 61 75
                                    

Ich kann nicht fassen wie ich mich in ihm geirrt habe. Wie sehr ich ihm vertraut habe. Wie sehr er mich hintergangen hat und mein Vater..

Erneut formen sich Tränen in meinen Augen, als ich das Ortsschild sehe.

"Home Sweet Home", spreche ich leise und lese die Buchstaben Fall River.

Alle Abende die ich mit Nate erlebt habe, alles was ich mit ihm durchgestanden habe.. was ich ihm erzählt habe..

Ein Knoten formt sich in meinem Hals als ich unsere Auffahrt hochfahre. Ein Glück wohnt mein Dad nicht mehr bei uns. Es ist zwar schon 2 Uhr morgens, aber wenn ich ihn jetzt sehen müsste, dann würde ich ihn vermutlich ins Gesicht schlagen.

Die Wut und Trauer die ich gerade mit ihm verbinde ist unerträglich. Ich parke mein Auto vor der Garage, da ich wenig Lust darauf habe Aufsehen zu erregen.

Jonah und Mom sind mit Sicherheit schon im
Bett. Meinen Koffer lasse ich im Auto. Bis morgen früh werde ich eh nichts brauchen.

Ich laufe um die Garage herum in den Garten und ohne darüber nachzudenken, direkt zu dem kleinen Weg zwischen den Hecken, der zu Tylers Haus führt.

Ich sehe den schwarzen Jeep in der Auffahrt und mein Herz fängt direkt an zu rasen.

Ich gucke hoch zu seinem Zimmer. Das Licht brennt nicht mehr, aber ich versuche es trotzdem.

"Tyler!", rufe ich flüsternd, was mich nicht sehr weit bringt.

Ich nehme mir ein paar Kieselsteine zur Hilfe und werfe sie gegen sein Fenster. Fast augenblicklich sehe ich sein Gesicht und seinen definierten, freien Oberkörper am Fenster.

Mein Herz macht einen Sprung. Ihn zu sehen löst irgendetwas in mir aus. Ich wünschte ich wäre gerade nicht komplett verheult.

Abgesehen von dem Poollicht, welches die ganze Nacht leuchtet, ist unser Garten komplett dunkel, was es ihm wahrscheinlich gerade schwer macht mich zu erkennen. Er schaut mich jedoch an und allmählich sieht er auch, dass es nicht Jonah ist, der sich beim Fenster geirrt hat, sondern ich.

Seine Mundwinkel ziehen sich leicht hoch und er hebt seine Hand, um mir mit dem Zeigefinger zu symbolisieren eine Sekunde zu warten. Für ihn, jetzt in diesem Moment, würde ich alles tun.

Vorsichtig laufe ich durch den kleinen Gang. Die Hecken wurden nicht geschnitten und sind inzwischen fast zusammen gewachsen. Ich überquere die Grenze seines Grundstücks und stelle mich auf die Auffahrt, neben sein Auto um zu warten.

Mein Herz rast. Wahrscheinlich hätte ich warten sollen, bis ich mich beruhigt habe und morgen früh zu ihm gehen sollen, aber das kann ich nicht.

Die Tür öffnet sich und Tyler tritt raus. Er zieht seinen Pulli runter und kommt auf mich zu.

"Hey, kleine."

Dieses Wort. Mein Herzschlag wird von rasend schnell in einen Stillstand versetzt.

"Tyler, ich..", fange ich an, doch seine starken Arme legen sich um mich und ziehen mich an ihn ran.

Für ein paar Sekunden bin ich überfordert, lege dann aber ebenfalls meine Arme um seinen Bauch und grabe mein Gesicht in seinen Pullover.

Sein Duft steigt mir in die Nase und ich könnte ewig so in seinen Armen liegen.

Wieso ist er nicht wütend? Wieso hasst er mich nicht, so wie ich ihn, als ich dachte, er hätte mich ignoriert und damit Schluss gemacht?

Ich habe die ganze Rückfahrt versucht mich in seine Position zu versetzen. Für ihn war es ähnlich wie für mich. Er denkt ich habe mich nicht mehr gemeldet, jedoch kam er mich nach Wochen noch besuchen und wollte mich sehen, als ich schon mit der Sache abgeschlossen hatte und das mit Nate anfing.

Outsider - Beneath the SurfaceWhere stories live. Discover now