43 - Mittwoch Nachmittag

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Genervt schmeiße ich meine Tasche auf den Stuhl neben der Eingangstür, stelle den Kaffeebecher auf die Kommode und schlüpfe aus meinen Schuhen, die ich kurz danach ordentlich ins Regal stelle.

Würde hier jeder seine Schuhe hinpfeffern wie er will, könnte man jeden Tag den Flur saugen.

Ich hätte eigentlich liebend gerne noch einen Tag blau gemacht, aber wenn ich meine Abgaben alle hinbekommen möchte, muss ich mich ran halten.

Eigentlich kommt es mir ganz gelegen, dass die Prüfungen und das Semesterende näher rücken und ich mich mehr oder weniger darauf konzentrieren MUSS, da die ganze Sache mit Nate mir nicht aus dem Kopf gehen will und ich Ablenkung brauche.

Ich konnte ihm bisher ganz gut aus dem Weg gehen. Den Montag habe ich die ganze Zeit unser neues Zimmer eingerichtet und gestern saß ich ununterbrochen am Schreibtisch und habe gelernt.

"AJ?", bitte nicht.

"Brooke.", wenn man vom Teufel spricht.

Nate, der erst seinen Kopf und dann seinen ganzen Körper hinter dem Türrahmen der Küche hervorschiebt, hat wohl nicht mich sondern einen 1,85m großen Rotschopf erwartet.

"Ich habe ihn gerade bei Danas getroffen. Er sah nicht aus, als würde er da so bald verschwinden.", erwidere ich und nehme mir den Becher wieder von der Kommode.

"Oh, okay. Er hat gefragt, ob ich für ihn mit kochen kann, damit er was zu essen hat, wenn er durch ist."

"Er hatte ein Sandwich dabei. Wahrscheinlich hat er es vergessen.", erwidere ich und laufe an ihm vorbei in die Küche zum Kühlschrank.

Der Duft von Nates Essen ist himmlisch. Ich glaube er hat Rosmarinkartoffeln gebacken. Nach einem flüchtigen Seitenblick zum Ofen bestätigt sich mein Verdacht.

"Typisch AJ.", sagt Nate und schnappt sich die blauen Topfhandschuhe, um das Backblech aus dem Ofen zu nehmen und auf den Herd zu stellen.

"Willst du vielleicht seine Portion haben?", fragt er nach einer kurzen Pause und bringt mich dazu hinter der Tür des Kühlschrankes hervorzuschauen.

"Ähm..ja.. wieso nicht?", entgegne ich leicht verlegen und schließe die Tür, nachdem ich uns die Glaskaraffe mit Zitronenwasser rausgeholt habe.

So viel zu meinem Plan ihm aus dem Weg zu gehen.

Ich habe ihm gesagt, dass wir gerne befreundet sein können und es kein Problem ist, dass wir nichts mehr miteinander haben können. Deshalb darf ich es nicht zu auffällig machen, dass ich versuche mich von ihm Fern zu halten.

Das da eine gewisse Anspannung in der Luft ist, merken wir allerdings beide.

"Alles klar. Setz dich schonmal.", er deutet auf die Sitzecke und ich laufe mit der Karaffe, meinem Kaffee unterm Arm und zwei Gläsern zum Tisch.

Endlich kann ich mein Rollkragenshirt ausziehen, welches ich nur getragen habe, damit mich niemand auf die blauen Flecke am Hals anspricht.

Ich schmeiße den dünnen Pullover auf den Stuhl neben mir und ziehe das schwarze, gerippte Spaghettiträger top zurecht, als ich hochgucke und Nates Blick treffe.

Er hält meinen Blick nur kurz, bis er seinen Kopf wach schüttelt und zu den beiden Tellern vor sich wendet. Auch, wenn ich seine Augen nur kurz gesehen habe, habe ich deutlich ein Gefühl dahinter erkennen können. Begierde.

Ich schmunzle kurz und ein Gedanke, der wahrscheinlich genau so sinnlos ist wie die letzten Gedanken zu diesem Thema macht sich in mir breit. Will er mich vielleicht immer noch?

Outsider - Beneath the SurfaceWhere stories live. Discover now