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Die Glastüren öffneten sich und einen Schritt später wurde ich von der Mittagssonne geblendet. Brütend heiße Luft umgab mich und ließ mich sehnsüchtig die Klimaanlage im Flughafen vermissen. Gerade war ich in meiner Heimatstadt Franktown, eine Kleinstadt im Westen des Staates New York, gelandet. Meine Mutter stand nicht weit entfernt auf dem Parkplatz des kleinen Flughafens und wedelte heftig mit den Armen, sobald sie mich entdeckt hatte.

„Tillie!", rief sie mir zu, als hätte ich sie nicht schon längst gesehen. Neben ihrem standen nur wenige Autos und Taxis auf dem Parkplatz. Überschwänglich warf sie ihre Arme um mich. „Oh, Tillie, wie schön, dass du wieder da bist!"

„Ich freue mich auch, Mom", nuschelte ich in ihre Haare und erwiderte lächelnd die Umarmung.

Meinen Koffer, der definitiv mehr Gewicht hatte als am Anfang des Sommers, hievte ich in den Kofferraum und nahm dann auf dem Beifahrersitz Platz. Genüsslich schloss ich die Augen, während der kalte Wind der Klimaanlage mir angenehm über das verschwitzte Gesicht strich.

„Erzähl schon, wie war es? Was habt ihr so gemacht? Und wie geht's Dad?", fragte Mom aufgeregt, während wir nach Hause fuhren.

„Es war wirklich toll!", begann ich. „Wir haben so viele Museen besucht, das Met, das Guggenheim... und wir waren auf dem Broadway, oh mein Gott, wir haben uns ein Musical angesehen und ein Stück von Tennessee Williams und wir waren bei Bloomingdales..."

Ich seufzte. Ich hatte meine gesamten Sommerferien bei meinem Dad in New York City verbracht. New York war unglaublich gewesen, vor allem die Tagesausflüge nach Manhattan. Die meiste Zeit hatte ich aber auf Long Island verbracht, wo mein Dad sein Haus hatte. Während er unter der Woche arbeiten war, hatte ich dort im Park die Sonne genossen, einige tolle Secondhand-Bücherläden gefunden oder viele Cappuccinos in einem Café getrunken, in dem ein ziemlich süßer Typ arbeitete.

„Oh, und", fügte ich nach einigem Zögern hinzu, „ich war schwimmen."

Mom hob die Augenbrauen und ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln. „Ja? Mit deinem Dad?"

Ich nickte. „Ja, er geht immer noch jeden Morgen vor der Arbeit schwimmen. Ein paar Male war ich mit ihm da, aber dann wurde mir das einfach zu früh. Dafür war ich dann tagsüber da. Recht häufig sogar."

Mom warf mir einen anerkennenden Blick zu. „Wow, toll, Tillie!", sagte sie, hielt sich aber zurück noch mehr zu sagen.

„Ich weiß Mom, vier Jahre war ich nicht mehr schwimmen..."

„Nein, nein, ach, auch wenn du nie wieder schwimmen gegangen wärst", sagte sie kopfschüttelnd und drückte kurz meine Hand. „Ich finde es natürlich super, weil du es früher so geliebt hast. Aber wie auch immer du deine Freizeit verbringst, ist ja deine Entscheidung."

„Danke Mom", sagte ich lächelnd und tätschelte ihre Hand. „Wie lief's denn hier? Wie geht's John?"

„Gut, gut", flötete Mom, während sie in unsere Straße abbog. „Ach, apropos, heute Abend wollten wir mit euch Kindern essen gehen. Ich hoffe, du hast noch keine anderen Pläne?"

„Äh, klar. Nee, heute wollte ich es noch langsam angehen lassen. Morgen treffe ich mich mit Cathy. Kommt Dale auch?"

„Mhm", bestätigte Mom. In unserer Einfahrt stoppte sie den Wagen und sah mich dann breitgrinsend an. „John und ich haben euch etwas mitzuteilen", verkündete sie und kicherte.

Obwohl ich sie im Laufe des Tages noch einige Male darauf ansprach, beharrte sie darauf, mir die Neuigkeiten erst heute Abend zu verkünden. Den Nachmittag verbrachte ich damit, meinen Koffer auszupacken und mit Mom im Garten eine große Schale Eis zu genießen. Die Sonne ballerte siedend heiß und als ich unter die Dusche ging, fühlte sich das kalte Wasser einfach himmlisch an. Ich schminkte mich etwas und zog ein hübsches Sommerkleidchen mit Blümchenmuster an, das ich in New York gekauft hatte, bevor Mom und ich uns am frühen Abend auf den Weg zu dem Restaurant mit den besten Burgern der Stadt machten.

BestzeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt