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Am nächsten Tag tat mein gesamter Körper weh. Mit Mühe radelte ich nach Hause und war froh, dass der Großteil der Strecke ebenmäßig war. Es war kurz vor Mittag und Mom und John waren, wie ich auf einem Zettel auf dem Esstisch lesen konnte, einkaufen gefahren. Nach einem erfolglosen Blick in den Kühlschrank schnappte ich mir einen Apfel und bat Mom per Textnachricht, mir meinen Lieblingsjoghurt mitzubringen. Ich wollte mich gerade nach oben bewegen, als es klingelte.

Vor der Tür stand Dales Exfreundin Tiffany. So merkwürdig es auch klingen mag, aber ich merkte, dass ich sie noch nie aus dieser Entfernung gesehen hatte. Da sie eines der beliebtesten Mädchen der Stufe war, hatte ich natürlich schon mit einer leichten Spur Eifersucht festgestellt, dass sie hübsch war, eine tolle Figur hatte und unglaublich coole Klamotten trug. 

Aber so von Nahem wirkte sie noch schöner mit ihrer reinen Haut, dem leicht gewellten blonden Haar ohne Spur von Frizz und den langen dunklen Wimpern. Nur ihr Gesichtsausdruck wirkte nicht besonders freundlich, als sie mich von oben herab betrachtete.

„Hallo?", sagte sie mit fragendem Unterton. Während der gesamten Zeit, die wir gemeinsam auf die High School gingen, hatte ich noch nie mit ihr gesprochen.

„Hallo?", sagte ich ebenso verwirrt.

Sie schien wohl darauf zu warten, dass ich ihr erklärte, wer ich war und was ich in Dales Haus zu suchen hatte. Da ich aber ziemlich kaputt war nach dem gestrigen Tag und die Nacht nicht viel Schlaf bekommen hatte, hatte ich leider keine Kraft für so ein Gespräch. Ich zog die Tür ein Stück weiter auf.

„Wenn du zu Dale willst, komm gerne rein. Ich glaube, er schläft noch." Mit einer Handbewegung wies ich sie an, hereinzukommen.

Argwöhnisch beäugte sie mich, ging aber an mir vorbei ins Haus. Ich schloss hinter ihr die Tür und rief die Treppen hoch nach Dale. Tiffany starrte mich immer noch finster an.

„Willst du was trinken?", fragte ich, um der merkwürdigen Situation ein Ende zu setzen. Sie schüttelte den Kopf, ich bewegte mich aber trotzdem Richtung Küche.

„Wer genau bist du?", fragte sie schließlich.

Ich blieb stehen und drehte mich wieder in ihre Richtung. Mit verschränkten Armen musterte sie mich. Ich stutzte.

„Ich bin Matilda. Wir... wir gehen in eine Stufe", antwortete ich langsam in der Hoffnung, sie würde mich erkennen. Fehlanzeige.

„Wirklich?", fragte sie ungläubig und kniff die Augen zusammen. „Und was genau machst du hier, in Dales Haus? Dale hat keine Geschwister."

Danke für die Info. „Nein, hat er nicht, aber ich wohne hier auch."

Verständnislos sah sie mich an.

„Sein Vater und meine Mutter sind zusammen", erklärte ich ihr.

Ihrem Blick nach zu urteilen, schien sie mit der Erklärung nicht ganz zufrieden, aber mein schmuddeliger Kapuzenpullover, meine Augenringe und die struppigen Haare waren ihr wohl Beweis genug, dass ich wohl kaum in ihrer Liga spielte und mit Dale anbändelte, und sie wandte sich von mir ab. Ich ging in die Küche und schmiss das Apfelgehäuse weg.

„Sicher, dass er zuhause ist?", fragte Tiffany, als ich wieder in die Diele trat, mit dem Blick nach oben. Ich zuckte mit den Schultern und rief ein weiteres Mal nach Dale.

Tiffany legte den Kopf schräg. „Bist du nicht in meinem Mathekurs?", fragte sie und sah mich wieder mit zusammengekniffenen Augen an.

Ich schüttelte den Kopf. „Nein, wir haben zusammen Englisch. Und Geschichte. Und Bio...", antwortete ich bestimmt. „Ganz sicherlich nicht Mathe."

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