Wie wir die Neandertaler besiegten

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,,Entschuldige, ist alles in Ordnung?''

Dj war dazu gekommen, als ich mit dem Gespräch fertig war. 

Ich schüttelte den Kopf. ,,Nein, ja.. Eigentlich nicht, aber ich werds überleben.'' 

Dj nickte verständnisvoll. Er wollte was sagen, da riss Michonne uns aus dem Konzept. 

,,Cassy, Dj, sammelt ihre Waffen ein.''

Ich seufzte, aber machte mich an die Arbeit. 

,,Vergiss es!'', weigerte Magna sich. ,,Wir behalten, was uns gehört!'' 

,,Nein.'', sagte Michonne. ,,Meine Leute werden doch nicht Fünf bewaffnete Fremde nach Hilltop bringen.''

,,Deine Leute?'', fragte Yumiko. ,,Was ist mit dir?''

,,Ich wollte prüfen, ob ihr die Wahrheit sagt.'', gab Michonne zu. ,,Habt ihr. Siddiq, Cassy und Dj begleiten euch den Rest des Weges.''

Ich setzte mich auf den Rasen. Das würde jetzt länger dauern. Hund setzte sich sofort wieder neben mich und ich kraulte seinen Kopf.

,,Ihr wart also schon länger nicht mehr dort, keine Ahnung wie lange nicht. Du kommst nicht mit, und Waffen kriegen wir auch nicht?'', fragte Magna genervt.

,,Ihr wollt eure Waffen haben?'', fragte Michonne laut, ,,Bitteschön. Dann seid ihr ab sofort auf euch allein gestellt. ''

,,Michonne.'', sagte Siddiq. Er wollte was sagen, aber sie reagierte nicht.

,,Wenn ihr nach Hilltop wollt, mit der Aussicht auf was besseres, bleiben sie bei uns.'', sagte sie nun. 

Kurzes schweigen, dann hob Luke seine Hand. 
,,Ich wär für die Zweite Option.''

,,Wir sollen ihnen also einfach vertrauen, obwohl sie uns nicht vertrauen?'', fragte Magna und ich stand auf. 

,,Denkt ihr, wir wären in so einer großen Gemeinde, wenn man uns nicht vertrauen könnte?'', fragte ich. ,,Denkt ihr, wir hätten all das was wir haben, und all die Leute, wenn man uns nicht vertrauen könnte? Nein. Wir würden immernoch von Ort zu Ort ziehen und uns ständig von Insekten und Wild ernähren. So siehts aus.''

,,Kommt schon'', murmelte Kelly und stellte sich in die Mitte unseres Kreises. ,,Wir sind so weit gekommen. Wir packen das auch allein.'' 

,,Nein'', sagte Luke direkt. ,,Option 2. Bist du dabei, Connie?''

Ich fuhr mit meiner Hand durch mein Gesicht. So nachsichtig auch ich mit denen war, sie fingen an, mir meinen Nerv zu rauben. 

,,Hört auf!'', sagte Yumiko nun. ,,Luke hat Recht, würden sie bis hier fahren, um uns wieder zu trennen? Das würden sie nicht!''

Sie drehte sich zu Michonne.
,,Wir kommen morgen früh an?''

,,Ganz genau.'', bejahte Michonne. Yumiko nickte. 

,,Okay. Ich mag ihre Regeln genauso wenig wie ihr. Aber wir haben es geschafft, lange Zeit mit sehr viel weniger zu überleben. Um an einen sicheren Ort zu gelangen, können wir es noch ein paar Stunden länger aushalten. Okay?'', sprach sie zu ihrer Gruppe. Alle von ihnen nickten, Magna lief kommentarlos zur Kutsche zurück. 

,,Die Sonne geht bald unter'', sagte Michonne. ,,Suchen wir einen Unterschlupf.''

Den fanden wir. Es war ein kleines Haus, in das wir und die Pferde gerade so passten. Als alle schliefen, hielt ich mit Hund die Stellung vor dem Haus, und schaltete das Walkie wieder an.

,,Und, wie oft hast du versucht mich zu erreichen?'', fragte ich. Es dauerte nicht lange.

,,Könntest du bitte aufhören, es auszuschalten, sobald du sauer bist?''
,,Ich werd drüber nachdenken. Kommst du nun nach Hilltop oder nicht, Dixon?''
,,Ja.''
,,Und das ist ein ja-ja oder ein nein-aber-wenn-ich-nein-sage-tötet-sie-mich-ja?''
,,Ich werde da sein.''
,,Gut, wenn nicht, bin ich sauer auf dich, bis Haley aufs College geht. Bis morgen. Ich verlass mich auf dich, Daryl. Und wenn ich zurück nach Alexandria komme, und du nicht dabei bist, kannst du Haley das erklären. Ich weiß dass es wichtig ist, dass wir irgendwas finden was auf ihn hindeutet, aber es gibt noch andere Pflichten zu erfüllen.  Das weißt du. Bis morgen dann. undichliebedich''
,,Ich weiß. Ich weiß.. Bis morgen. Und ich liebe dich auch.''

Ich nickte, als ob er das sehen könnte, legte das Walkie einen Moment lang an meine Brust, seufzte und steckte es weg. Ich hoffte, er hielt sein Wort.

Nachdem ich das Walkie wegsteckte, ging ich nochmal in den Wald, jagen. Hund musste etwas essen, irgendwas. 

Ich lief nicht lange, da sah ich ein Reh. Es stand es paar Meter weiter entfernt. Ein Bogen, das wäre es jetzt. Ich vermisste den, den ich damals für kurze Zeit hatte mehr und mehr. 

,,Hund, fass!'', flüsterte ich stattdessen und Hund rannte auf das Reh zu. Es war zu langsam, und fiel auf der Stelle um, als Hund es anfiel. Ich lief hinterher, um es zu häuten und Hund ein großes Stück abzuschneiden, welches er stolz vor sich her trug, als wir zusammen wieder zu dem Häuschen liefen.
,,Guter Hund", murmelte ich, als er mich voller Stolz ansah. Als würde er sagen wollen "ich war das!"

Als wir wieder am Haus ankamen, hörte ich ein lautes ,,Nein!" aus dem Haus. Das Reh legte ich auf der Kutsche, die ohne Pferde immernoch draußen stand, ab und rannte ins Haus mit erhobener Pistole.

Der Anblick der sich mir bot, war nicht schlimm, aber alles andere als freudig.

Luke am Boden, Michonne mit ihrem Schwert über ihm und er mit einer in zwei Hälften zerteilte Violine in der Hand.

,,Warum? Warum hast du das gemacht?!", fragte Luke aufgeregt.

,,Ich dachte es sei eine Waffe!", versuchte Michonne sich zu rechtfertigen.

,,Hey", murmelte ich. ,,Vielleicht kann man das noch irgendwie hinbekommen. Vielleicht kann man dir sogar eine neue machen oder so. Es bringt jetzt nichts einen schuldigen zu suchen, geht wieder schlafen."

Aber niemand von uns ging wieder schlafen. Draußen legten wir ein Feuer und brieten das Reh, welches ich mitgebracht hatte. Blieb nicht viel für Hilltop übrig.

Luke aß nicht viel. Die Sache mit der Violine, hatte ihm wohl mächtig auf den Magen geschlagen. Tat mir fast schon leid.

Wir redeten nicht viel. Die Stimmung war ziemlich heftig angespannt.. mehr als sonst.

,,Sobald die Sonne aufgeht, brechen wir auf", brach ich die Stille und kraulte Hunds Kopf. ,,Wir sollten gegen Mittag ankommen."

Langsam nahm Luke die Violine wieder an sich. Er hatte sie die ganze Zeit mit sich herum getragen und betrachtete sie.

,,Das ist echt nicht zu fassen", murmelte er. ,,Is' mir unbegreiflich.."

,,Hör mal..", versuchte Michonne. ,,Ich.."

Luke unterbrach sie sofort.
,,Weißt du, was das ist? Das ist 'ne Original Stradivari. Circa 1725."

Das '1725' sprach Yumiko mit. Anscheinend hatte Luke in der Vergangenheit schon öfter darüber geredet.

,,Wir haben sie in 'ner Villa in Philadelphia gefunden, bevor die kranken kamen", erklärte Yumiko und legte ihren Kopf auf Magnas Schoß. ,,Im Kinderzimmer, ausgerechnet dort."

,,Als ob das Kind sie vermissen würde.", seufzte Magna und Yumiko lachte.

,,Du bist tatsächlich mit einer Instrumentensammlung gereist? Die ganze Zeit? Wieso?"

,,Weil es Kunst ist!", sagte Luke eingeschnappt, gefolgt von einem genervten ,,Es geht los" seitens Magna.

,,Hört mal, Historiker und Archäologen haben sich sehr lange gefragt, wie es möglich war, dass wir Menschen die Neandertaler überlebt haben, okay? Wie konnten wir sie besiegen, wenn sie doch größer, schneller, stärker und schlauer waren? Sie hatten bessere Werkzeuge. Wieso sind wir noch hier, und sie nicht?", wollte Luke wissen. ,,Irgendwann entdeckte man eine Höhle. So. Und in dieser Höhle fand man eine 14.000 Jahre alte Flöte."

,,Eine.. Flöte?", fragte ich leise.

,,Genau! Eine Flöte. Und dann wurde ihnen bewusst, dass wir Menschen die Neandertaler vielleicht gar nicht besiegt hatten. Zumindest nicht so, wie sie dachten. Sie haben sich zusammen gefunden. Haben zusammen am Lager gesessen, Musik gemacht, sich Geschichten erzählt, gemalt, und schufen sich eine gemeinsame Identität.  Haben Gemeinschaften gegründet und sie wuchsen und als sie dann größer wurden, zogen sich die Neandertaler zurück und sind einfach ausgestorben. Und das hier, das ist nämlich, was uns von der Tierwelt unterscheidet. Es bringt uns auf gedeih oder verderb zusammen. Und wenn man etwas wieder aufbauen möchte, kann man das nicht ignorieren."

Michonne seufzte.

,,Nach allem was du gesehen oder getan hast, glaubst du immernoch, dass das wichtig ist?"

,,Ja.", antwortete Luke ihr. ,,Ich glaube daran, dass der stärkere überlebt."

Straight into my Heart || Daryl Dixon || PausiertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt