Kapitel 14

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Ich war es eigentlich gewohnt, beobachtet zu werden. Wenn wir auf irgendwelche Galas erscheinen mussten, begrüßte uns die aufdringliche Paparazzi zu erst. Danach kamen all die Familien, die meinen Adoptivvater geschäftlich kannten und anfingen, Gespräche mit ihm zu führen.

Doch warum auch immer fühlte es sich diesmal sehr komisch an. Vielleicht lag es daran, dass ich mit meinem Ehemann vor die Kameras trat, vielleicht auch einfach an der Hand, die noch immer meine fest im Griff hatte.

Adrien wirkte nicht so, als würde er meine rechte Hand freilassen. Stattdessen führte er mich zu einem Tisch, an dem sein Vater saß und mit einem grauhaarigen Herren etwas besprach.

Nach einiger Zeit verstand ich endlich, was für eine Gala das überhaupt war.

Wir waren auf einer Auktion. Womöglich wurden Kunstwerke versteigert, die eigentlich niemand wirklich brauchte. Aber natürlich mussten ja alle wissen, dass man irgendein langweiliges Gemälde für einige Millionen gekauft hatte.

»An was denkst du?«

Adriens sich viel zu nah anhörende Stimme ließ mich kurz aufschrecken. Ich drehte meinen Kopf leicht nach links und sah ihm direkt in die Augen.

»Warum fragst du?«, stellte ich ihm die Gegenfrage. Genau in dem Moment setzten wir uns auch beide hin. Egal wie sehr ich so gut wie gar keine Lust auf seinen komischen Vater hatte, saßen wir woanders, würde das zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Leo lächelte uns kurz an und führte dann das Gespräch mit dem alten Herren fort. Alles an ihm wirkte so aufgestellt. Jede einzelne Mimik wurde gut überdacht und konnte die Person gegenüber sofort verunsichern. Wie der Vater so der Sohn.

»Weil du wie hypnotisiert an die Wand gestarrt hast. Verhalte dich normal«, antwortete er genervt und nahm sich einen Schluck von dem womöglich mit Rotwein gefüllten Glas. Ich schüttelte nur grinsend den Kopf.

»Ach, du beobachtest mich also?«

Diesmal hatte er auch ein leichtes Grinsen auf dem Gesicht. Doch im Gegensatz zu meinem wirkte seins spöttisch. »Ich bewundere deine Vorstellungskraft, mi esposa.«

Mi esposa. So neugierig, wie ich halt leider war, schlug ich vor einigen Tagen nach, was das überhaupt bedeutete und nutzte dabei fünf verschiedene Online-Wörterbücher, um sicher zu gehen, dass die Übersetzung stimmte.

Meine Frau.

Schon zum zweiten Mal hatte mich Adrien so auf Spanisch genannt. Warum? Ich hatte keine Ahnung. Und doch war ich zu stolz, um ihn zu fragen. Die Sorge, ausgelacht zu werden, war leider zu groß.

»Es gibt vieles, was man an mir bewundern kann«, erwiderte ich und nahm eine Erdbeere vom Obstteller.

Adrien drehte sich nicht zu mir, sondern blickte mit seinem Weinglas zu dem Tisch gegenüber. Nach dem, was ich gesagt hatte, zogen sich seine Augenbrauen. Doch das dauerte auch nur einen Bruchteil der Sekunde, denn einen Wimpernschlag später hatte er wieder diese kalte Miene auf dem Gesicht.

Als dieser Starrkampf zwischen einem der Männer am Tisch und Adrien nicht aufhörte, rüttelte ich unter dem Tisch an seinem Arm. »Wie lange willst du die Typen da vorne denn noch beobachten?«

»Was, eifersüchtig?« Der Sarkasmus in seiner Stimme ließ kein bisschen nach.

»Auf diesen sinnlosen Starrkampf? Aber natürlich doch.« Augenverdrehend versuchte ich zu überlegen, wie meine Langeweile am besten verschwinden konnte, doch mir kam nichts in den Sinn. Die meisten hier waren alte, uninteressante Männer und-

»Oh mein Gott! Aurora Jonathan, das bist doch du!«, kam mir eine schrille Stimme entgegen und ich sammelte all meine Kraft, um auf keinen Fall genervt zu wirken.

AuroraWhere stories live. Discover now