Kapitel 19

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Ich öffnete die Tür und blickte dabei sofort in das Gesicht meines Mannes. Seine Gesichtszüge trugen ersichtlichen Schmerz mit sich, welcher womöglich durch das Desinfizieren der Wunde entstand.

Das Hemd hatte er bis zum letzten Knopf aufgeknöpft und die Ärmel dabei hochgezogen. Adriens sich stark bemerkbar machende Muskeln und Adern zerstörten all die Langeweile in meinem Körper und brachten meinen Kopf auf ganz andere Gedanken.

Der Typ ist verletzt. Argh, verletzt und dabei trotzdem richtig heiß aussehend.

»Wie lange hast du eigentlich noch vor, dort stehen zu bleiben?« Genervt sah er kurz zu seiner Wunde und dann wieder zu mir. »Erinnerst du dich noch an deine eigenen Worte? Du wolltest mir damals in der Gasse unbedingt helfen. Hier hast du nun deine Chance.«

Ach ja, unser erstes Treffen. In einer Gasse. Zwischen Mülltonnen und Schusswaffen. Wie romantisch.

»Falls ich mich nicht falsch erinnere wollte ich dir eigentlich nur damit helfen, einen Krankenwagen zu rufen.« Adrien antwortete nicht, weshalb ich einfach fortfuhr.

»Also ich weiß ja nicht, ob du dich daran erinnern kannst, aber ich habe die Highschool noch recht frisch beendet und würde eigentlich mit meiner Karriere in unserem Unternehmen nachgehen, wäre das hier«, ich zeigte zu erst auf mich, dann auf ihn »nicht passiert. Ich weiß nicht, ob du dich auf meine verkrusteten Erste-Hilfe-Skills verlassen möchtest.«

Adrien schnaubte nur.

»Das einzige, was du machen musst, ist die Wunde zu desinfizieren und den Verband draufzumachen. Mehr wird auch nicht von dir verlangt. Das ist keine Meisterleistung, Aurora.«

Er sollte öfters meinen Namen sagen. Dieser klang auf einmal so schön wie noch nie zuvor, wenn er ihn benutzte.

Aufgebend nickte ich nur und setzte mich dann auf das Bett, ungefähr einen halben Meter von ihm entfernt. Trotzdem aber kam sein toller Geruch wie angerast zu mir und sein stechender Blick bohrte sich durch meine Haut hindurch.

Ich nahm das desinfizierte Tuch aus seiner Hand, was er zu meiner Verwunderung auch machen ließ. Und dann fing ich an, es vorsichtig auf seine halb verheilte Schusswunde zu tupfen.

Wie jeder andere eigentlich auch wusste ich, dass Verletzungen und Alkohol keine gute Kombination waren. Vor allem bei meinen Knieverletzungen tat die Versorgung mit Desinfektionsmittel höllisch weh.

Oder vielleicht lag es auch einfach daran, dass Mutter mir als Strafe das Mittel auf die verletzte Haut tropfen ließ.

Kein einziger Laut verließ Adriens Mund. Kein Schrei, kein Zisch, nichts. Wie hypnotisiert folgte er meiner Hand, die sich alle paar Sekunden auf einer anderen Stelle seiner Wunde befand.

»Tut es weh?«

»Nein.«

Seufzend nahm ich mir den weißen Verband aus der Schublade. Unsere Gespräche bestanden entweder aus zwei bis drei Sätzen oder einer katastrophalen Diskussion, die am Ende zu einem Streit führte.

Diese Dynamik zwischen uns nervte mich von Tag zu Tag immer mehr.

»Magst du den Film Charlie und die Schokoladenfabrik?«, fragte ich ihn dann. Vielleicht konnte ich ja mit seiner Vorliebe punkten.

»Noch nie gesehen.«

Leicht geschockt stoppte ich in meiner Bewegung sah ich zu ihm hoch. »Im Ernst?«

»Ich schaue keine Filme.«

»Aber den muss man doch schauen! Vor allem, wenn man solch ein Schokoladenfan ist .«

AuroraWhere stories live. Discover now