Kapitel 26

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»Ich habe letztens mit Ivan Pavlov gesprochen«, begann Adrien dann das Gespräch.

Normalerweise mochte ich es, wenn wir am Tisch sprachen. Es passierte sehr selten, deshalb freute ich mich immer, egal um welches Thema es ging.

Doch nicht diesmal. Diesmal hätte mir die Stille zwischen uns beiden gefallen.

Mit großen Augen starrte ich ihn an und begann gleich daraufhin mich an meiner eigenen Spucke zu verschlucken.

Also hatte dieser alte Mann mich doch verraten!

Ohne es wirklich zu wollen, fing ich leider Gottes an zu stottern. »P-Pavlov? Der Pavlov, der-«

»-dich ohne meines Wissens zum Essen eingeladen hat und mit dir ohne meines Wissens eine Runde Russisch Roulette spielen wollte? Genau, der. Ich hoffe nur, dass das Ereignis mit der Revolver nur ein kleiner Scherz von ihm war.«

Adrien hielt mich mit seinem Blick gefangen. Mit den Fingern trommelte er im Takt auf den braunen Holztisch und ich konnte nichts anderes, als mich auf seine schönen langen Finger zu konzentrieren.

Eins, zwei, drei, vier.

Eins, zwei, drei, vier.

Eins, zwei, drei-

»Aurora, antworte.«

»Na ja... also...«, fing ich an, aber schaffte es nicht einmal, einen logischen Satz zu bilden. Innerlich gab ich mir dafür einige Backpfeifen.

»Woher sollte ich bitte wissen, dass man im realen Mafia-Leben Russisch Roulette ohne Tote und mit einer Zielscheibe spielt? Die Medien haben uns da ein ganz schön falsches Bild von euch gegeben, um ehrlich zu sein.«

Adrien seufzte nur und hielt sich den Nasenrücken. Für einige Sekunden blieb er so, bis er dann die Augen öffnete.

Mit seinem fesselnden Blick hielt er mich gefangen. Ich konnte einfach nicht wegsehen, obwohl ich es so unbedingt wollte. Und mal wieder konnte ich nicht wirklich erkennen, was in diesem Moment in seinem Kopf abging.

Doch dann tat er etwas, was ich auf gar keinen Fall jemals von jemand wie ihm in solch einer Situation erwartet hätte.

Ich hätte alles erwartet. Wirklich alles.

Doch nicht das.

Denn plötzlich fing er an zu lachen. Ohne Grund. So ungewohnt. So fremd.

Adrien lachte.

Träumte ich etwa?

Er lachte mich zwar womöglich aus, aber egal. Sein Lachen klang so bezaubernd, ich konnte nicht anders, als auch ein kleines Lächeln auf meinem Gesicht hervorzubringen.

»Du, bist in einigen Tagen das Gesprächsthema in all den Meetings, in denen ich sein werde. Dafür lege ich ich die Hand ins Feuer, mi esposa

Argh, dieser Spitzname. Warum auch immer gefiel er mir von Tag zu Tag immer mehr.

Ich grinste ihn an. »Dann kannst du ja stolz auf mich sein. Dank mir habt ihr nun etwas zu lachen.«

Adrien und ich nahmen uns gegenseitig auf den Arm. Lachten. Grinsten. Hatten Spaß miteinander. Wer hätte denn gedacht, dass sowas je möglich wäre?

An seiner lockeren Mimik konnte ich erkennen, dass er sich gerade keine Gedanken über alles andere machte. Gerade nur waren es er und ich. Adrien und Aurora.

Kein verrückter Onkel.
Kein Familiendrama.
Kein Hass.

Wieder wurde es still. »Adrien?«

Er blickte fragend zu mir. Selten sprach ich ihn mit dem Vornamen an. Doch mir fiel auf, dass es ihm immer mehr und mehr gefallen tat.

AuroraWhere stories live. Discover now