Kapitel 38

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Wir fahren zu dem Krankenhaus, wo Ben und Alex arbeiten. Dort folge ich, wie immer meinem großen Bruder bis er stehen bleibt und an eine Tür klopft. An dem Schild steht, dass das Dr. Becker's Büro ist. Was ich dann sehe, verschlägt mir allerdings die Sprache. Darunter steht, dass Dr. Becker kein Arzt, sondern Psychologe ist. Alex meinte ja schon einmal, dass er will, das ich zu einem gehe. Ich will das aber alles nicht. Ich schrecke erst aus meinen Gedanken hoch, als mich Alex am Rücken berührt und mich so ins Büro schiebt. Es ist sehr geräumig und schön eingerichtet. Durch das große Fenster scheint die Sonne in den Raum und erhellt ihn. „Hallo, du musst Tiana sein." meint plötzlich dieser Dr. Becker und gibt mir die Hand. Zögerlich nicke ich und schüttle seine Hand. „Du kannst mich auch gerne Fabian nennen." sagt er und richtet sich nun an Alex. „Ich glaube, wir kommen schon alleine zurecht. Die Sitzung wird etwa eine Stunde gehen, also bis 9:00 Uhr." „Ok, dann bin ich um 9:00 Uhr wieder zurück. Tiana, ich hoffe, du benimmst dich angemessen." sagt er noch, bevor er sich abwendet und geht.

„Nun gut, setzt dich doch." sagt Fabian und zeigt auf die gemütliche Sitzecke in seinem Büro. Ich lasse mich auf einen sehr weichen und bequemen Stuhl nieder. „Also, wie schon gesagt, kannst du mich gerne Fabian nennen." Ich nicke. „Ich habe gehört, dass du sehr gerne zeichnest, stimmt das?" fragt Fabian. Langsam nicke ich wieder. Was will der denn jetzt bitte von mir? Über meine Hobbys reden? Das brauche ich nicht.

Die ganze Stunde vergeht noch so. Fabian spricht mit mir, aber ich sage kein einziges Wort. Er versucht immer wieder ein Gespräch aufzubauen, aber ich blocke ab. Als es wieder an der Tür klopft und Alex reinkommt, bin ich sehr froh. „Tiana, magst du bitte kurz draußen warten. Ich würde noch sehr gerne mit deinem Bruder reden." meint Fabian. Ohne jegliche Reaktion meinerseits, gehe ich raus und lasse mich auf einen der Stühle davor nieder.

Alex' Sicht

„Also Dr. Hoffmann, ich wollte nur nochmal kurz mit Ihnen über Ihre kleine Schwester reden und wie die erste Therapiestunde verlaufen ist. Tiana scheint mir ein sehr verschlossenes Mädchen zu sein. Bis auf ein Nicken kam keine Reaktion von ihr. Anfangs ist das allerdings nicht sonderlich ungewöhnlich. Tiana braucht Zeit, um sich öffnen zu können, vor allem noch fremden Personen gegenüber. Ich bin zuversichtlich, dass das in den nächsten Sitzungen geschehen wird. Bitte machen Sie ihr keine Vorwürfe, dass sie nichts gesprochen hat und alle möglichen Versuche ein Gespräch aufzubauen abgeblockt hat. Man kann ihr ansehen, dass die Situation ihr zu schaffen macht, aber wir werden daran arbeiten." sagt Dr. Becker zu mir. Er ist ein sehr guter Psychologe. Man spricht in den höchsten Rängen von ihm.

Ich bin etwas enttäuscht, dass Tiana absolut nichts gesagt hat, kann es aber trotzdem verstehen. Es ist gerade nicht leicht für sie und deshalb denke ich, dass es die richtige Entscheidung war, eine Therapie zu beginnen. Zudem der letzte Vorfall auch nicht ohne war. Ich kann mir nicht erklären, warum sie Schule schwänzt und anscheinend wieder etwas mit Drogen zu tun hat. Ich dachte, wir hätten dieses Thema bereits geklärt, aber scheinbar lag ich dahingehend falsch.

Ich werde noch einmal versuchen mit ihr ein vier Augen Gespräch zu führen. Hoffentlich bringt das etwas. Ich bin mittlerweile echt schon besorgt. Tiana hat sich in den letzten Tagen immer mehr verändert. Sie lächelt kaum noch, spricht immer weniger und verkriecht sich meistens den ganzen Tag in ihrem Zimmer. Irgendetwas stimmt nicht, dass kann ich fühlen. Ich mache mir wirklich immer größere Sorgen um sie.

Tiana's Sicht

Zum Glück kommt Alexander wieder schnell und wir können endlich wieder nach Hause. Es ist ein komisches Gefühl zu wissen, dass gerade andere Leute über dich sprechen, aber ändern daran kann ich ja sowieso nichts. „Was willst du später essen?" fragt mich Alex, der anscheinend nicht ganz so wütend auf mich mehr ist. Ich zucke nur mit den Schultern. „Ok, wir fahren gleich noch einkaufen. Bis dahin überlege dir bitte etwas." bittet er mich darum. Eigentlich ist es vollkommen egal, was es zu essen geben wird. Im Supermarkt angekommen, kaufen wir alles benötigte ein. Wir wollen Pizza selbst machen.

Alex meint, es sei eine gute Idee, wenn ich beim Kochen mithelfe. Ehrlich gesagt, habe ich gar keine Lust zu kochen, aber Alex zu liebe mache ich mit. Eigentlich sind wir auch ziemlich schnell fertig mit dem Pizzateig. Alex und ich haben viel Spaß dabei und wir sind uns auch ein Stück wieder näher gekommen, aber meine Schuldgefühle sind trotzdem nach wie vor gleich stark vorhanden. Sie fressen mich von innen auf.

Nach einer Stunde schieben wir die Pizza in den Ofen uns setzen uns auf die Couch im Wohnzimmer. „Tiana, ich will noch einmal mit dir reden." sagt Alex plötzlich. Ich wusste, dass noch etwas kommen wird. „Was war gestern los?" fragt er nun. „Ehm ... Ich war im Park." meine ich leise. Ich bin überfordert und weiß nicht, was ich sagen soll. „Ja, das habe ich schon erfahren. Warum warst du dort?" sagt Alex ruhig. „Ich will darüber nicht sprechen." mein Blick ist wieder auf den Boden gerichtet. Meine Beine habe ich an meinen Körper angezogen und meine Arme umschlingen meine Beine. „Tiana, du kannst doch mit mir sprechen. Hast du wieder Drogen genommen? Bitte sei ehrlich." bittet mich Alex. „Nein, habe ich nicht. Wirklich nicht. Es waren keine Drogen zu keinen Zeitpunkt gestern im Spiel." sage ich ganz leise. „Warum warst du dann im Park?" fragt er weiter, aber jetzt antworte ich ihm nicht mehr. „Na gut. Wollen wir uns einen Film anschauen solange die Pizza im Ofen ist?" seufzt Alex. Ich nicke. Er scheint ein bisschen bedrückt zu sein. Oh man! Ich will doch keine Belastung für ihn sein. Meine Schuldgefühle wachsen wieder an. Als der Film startet, bin ich schon längst wieder tief in meinen Gedanken versunken. Das Einzige, was ich noch mitbekomme ist, dass Alex mir immer mal wieder besorgte Blicke zuwirft. 

Twisted Life   (Big Brother Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt