Kapitel 49

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Irgendwann kommt mein Bruder wieder nach Hause. Ich sitze noch immer auf der Couch. Es sind schon einige Stunden vergangen und ich habe mich keinen Centimeter bewegt. Alex kommt zu mir und setzt sich neben mich auf die Couch. „Was hast du denn den ganzen Tag gemacht?" fragt er nach einer Weile der Stille. Als Antwort zucke ich nur mit den Schultern. „Aha, ich sehe schon. Wahrscheinlich bist du den ganzen Tag auf der Couch gelegen und hast Netflix gesuchtet, stimmt's? Ich hoffe aber, dass du nicht wieder nur Chips und Süßigkeiten gegessen hast." Daraufhin kann ich nur meine Augen verdrehen. „Nein, hat sie nicht. Tiana hat heute morgen sogar Pancakes gemacht. Sie waren wirklich sehr lecker." mischt sich jetzt plötzlich Ben mit ein. Woher kommt der denn so plötzlich?! Alex schmunzelt daraufhin nur.

„Na gut, ich werde mich dann mal ans Essen machen. Ist ja schon ziemlich spät." meint Ben. „Warte, ich helfe dir." Während die beiden das Essen zubereiten, versinke ich wieder in meinen Gedanken. Sie wollen bestimmt beide gleich mit mir reden über das, was in der Schule vorgefallen ist. Sie wissen es ja noch immer nicht, zumindest gehe ich davon aus. Ich habe bis jetzt noch nichts erzählt, bis auf, dass ich nicht mehr in diese Schule gehen will, was auch der Wahrheit entspricht. Vielleicht hat aber die Schule etwas meinem Bruder erzählt. Ich kann mir das zwar nicht vorstellen, aber wer weiß. Egal wie ich alles drehe und wende, ich will dieses verdammte Gespräch mit ihnen nicht führen.

Das einzige, was ich jetzt noch hoffen kann ist, dass Levin und Arian nicht dazustoßen. Je weniger Leute dabei sind, desto besser ist es für mich. Dann fühle ich mich nicht ganz so beobachtet. „Tia, kommst du bitte. Das Essen ist fertig." werde ich gerufen. Na toll. Ich will nicht.

Zu meinen Überraschen reden sie erstmal noch über belanglose Sachen, wie was wir morgen machen wollen, da beide morgen frei haben und ich mit den Verletzungen noch einige Zeit krankgeschrieben bin. „Tia, was willst du denn machen? Natürlich nur etwas Entspanntes, denn mit deinen Gesundheitszustand muss man aufpassen und sich schonen." spricht Ben. Man, kann er es auch mal sein lassen?! Immer muss er den Arzt raushängen lassen. „Mir egal." antworte ich nur. Eigentlich will ich nur so schnell es geht von hier verschwinden. Ben und Alex fangen während des Essens immer wieder neue Themen an und versuchen mich miteinzubeziehen. Ihnen gelingt das nicht so ganz, denn meine Antworten bestehen höchsten aus fünf Wörtern.

Endlich sind auch meine Mitbewohner fertig mit dem Essen und ich stehe so schnell auf, wie es mir möglich ist. „Hey, warte mal. Wir wollen noch mit dir sprechen." ruft mir mein Bruder hinterher, sodass ich wieder umkehren muss. Ich wusste es. Ich wusste, dass sie heute mit mir reden wollen. Mit gesenktem Kopf lasse ich mich auf meinem Platz nieder.

„Wie fühlst du dich?" fragt schließlich Ben nach einer längeren Pause, in der niemand etwas gesagt hat. „Ganz gut." meine ich nur. „Willst du uns vielleicht sagen, woher deine Verletzungen stammen?" fragt Ben, bevor ich aber auch nur ansatzweise antworten kann, schneidet mir Alex das Wort ab. „Und fang nicht mit dieser Geschichte wieder an. Wir wissen, dass du nicht einfach so ausgerutscht bist, weil der Boden vor dem Waschbecken nass war." Ich atme erstmal tief durch.

„Ehm..." stottere ich. Ich weiß nicht, wie ich das erzählen soll. „Wer war das, Tia? Deine Verletzungen stammen von Schlägen." spricht Alexander besorgt. „Viktoria." sage ich ganz leise, dass es schon fast geflüstert ist. „Was ist passiert? Was hat diese Viktoria gemacht?" fragt nun wieder Ben. Ich vergrabe mein Gesicht in meinen Händen, welche ich am Tisch aufgestützt habe und fange langsam an zu erzählen. „Viktoria und noch ein paar andere haben mich am Klo abgefangen. Sie hat mich geschlagen und die anderen haben mich festgehalten. Ich konnte nichts machen. Ich war ihnen hilflos ausgesetzt." spreche ich leise. Meine Stimme zittert und Tränen sammeln sich am Tisch. Ich spüre wie mein Bruder, der rechts neben mir sitzt, mich auf seinen Schoß zieht. Er drückt mich an seine Brust und streicht mir beruhigend über den Rücken. „Ganz ruhig, Tiana. Was war der Grund dafür?" fragt er mich weiter aus. Ben hört gespannt zu. „Ich habe ja Levin und Arian erzählt über Luca und den Drogen. Ich weiß nicht, was genau dann passiert ist, aber er ist von der Schule geflogen und alle geben mir deswegen die Schuld. Ich will dort nicht mehr hin. Alle sind gegen mich. Ich habe keine Freunde. Ich muss mir immer blöde Sprüche anhören. Bitte Alex, ich will dort wirklich nicht mehr hin." die Wörter strömen nur so aus meinem Mund, genauso wie die Tränen aus meinen Augen. „Shhh, es wird alles wieder gut werden. Ich werde dafür sorgen. Es wird alles gut." spricht er beruhigend auf mich ein. Es hat echt gut getan mal alles los zu werden.

Nach einiger Zeit habe ich mich wieder beruhigt und meine Tränen sind auch getrocknet. „Tia, es gibt da allerdings noch etwas, über das wir auch mit dir reden müssen." sagt Ben. Ich werde hellhörig und Angst kriecht in meinen Körper. 

Twisted Life   (Big Brother Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt