Kapitel 53

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Alex' Sicht

Ich weiß nicht, warum Tiana plötzlich so heftig reagiert hat. Ich schätze mal, dass sie etwas falsch aufgegriffen hat, ansonsten kann ich mir ihre Reaktion nicht erklären. Natürlich wird sie die Schule nicht besuchen, wenn diese Schüler noch dort sind. Das könnte ich von ihr nicht verlangen und ihr schon gar nicht antun. Wenn meine Schwester das so auf diese Art und Weise verstanden hat, dann werde ich mit ihr unbedingt noch einmal reden müssen.

Ehrlich gesagt, bin ich erleichtert, dass Tia morgen in der Früh einen Termin bei Dr. Becker hat. Es wird ihr gut tun. Sie braucht zum jetzigen Zeitpunkt einfach psychologische Hilfe, um mit ihren Erlebnissen richtig umgehen zu können. Diese Hilfe können wir ihr einfach nicht bieten, aber Dr. Becker schon. Hoffentlich öffnet sie sich dieses Mal und spricht mit dem Psychologen.

Tiana's Sicht

Am nächsten Morgen weckt mich Alexander schon sehr früh, für mich zumindest. Es ist 8:30 Uhr. Ich habe absolut keine Lust aufzustehen und auch nicht auf meinen Termin bei Dr. Becker. Ich meine, er ist ja ganz nett und redet auch nicht so mit mir, als wüsste er alles besser. Er hat ja sogar zu mir gemeint, dass ich ihn Fabian nennen darf, dass zeigt schon, dass er sehr freundlich und nett ist. Ich will aber über diese Sachen nicht wirklich reden, auch wenn ich ganz genau weiß, dass mir das nicht schaden, sondern helfen würde. Mal sehen wie dieses Gespräch heute so verlaufen wird.

Nach einen kurzen Frühstück, befinden Alex und ich uns auch schon auf dem Weg zum Krankenhaus. „Tia, ich will dir überhaupt keinen Druck machen, aber es wäre sehr schön, wenn du heute mit Dr. Becker sprichst. Du musst auch nicht über gewisse Sachen reden, über die du nicht sprechen magst, aber es wäre schon gut, wenn ihr euch mal unterhaltet." sagt mein Bruder im Auto zu mir. „Ich weiß." schnaufe ich.

Mit schnellen Schritten gehen wir zu den Räumen von Dr. Becker, der mich bereits erwartet. „Nun gut, dann bis später, Tia. Wenn etwas ist, ich bin immer erreichbar. Ich habe heute keinen Dienst. Ich mache nur etwas Papierkram, der liegen geblieben ist, also einfach anrufen." sagt mein Bruder noch schnell. Ich nicke nur. „Natürlich, Dr. Hoffmann. Machen Sie sich keine Sorgen. Wir zwei hier schaffen das schon." Fabian ist wie immer sehr zuversichtlich. Sein Lächeln strahlt nur so von Freude und gute Laune.

Ich lasse mich wieder auf den gleichen Platz, wie bei meinem letzten Termin nieder. „Hallo Tiana, wie geht es dir denn so?" beginnt er ein Gespräch. Soll ich wirklich mit ihm sprechen? Irgendwie bin ich mir sehr unsicher.

Anscheinend hat er mir meine Unsicherheit angesehen. „Magst du vielleicht erst einmal wieder etwas zeichnen?" fragt er freundlich. Ich nicke und so fange ich an etwas zu zeichnen. „Dein Bruder hat mir erzählt, dass du ein paar Probleme in der Schule hast? Willst du darüber reden?" fragt er wieder. Von mir kommt jedoch keine Antwort. Ich zeichne einfach in aller Seelenruhe meinen Schmetterling weiter. Seufzend lehnt sich Fabian nach hinten in seinen Stuhl.

Irgendwann nach einer Weile, in der es einfach still war, fange ich dann plötzlich an zu sprechen. Ich weiß auch nicht wirklich warum. „Ich mag die Schule dort nicht. Sie mögen mich auch nicht." sage ich ganz leise. „Warum?" fragt Fabian sanft. „Anfangs war eigentlich alles gut und ich habe Freunde gefunden. Luca war wirklich nett, aber das hat sich geändert." sage ich. „Warum hat sich das geändert? Hattet ihr einen Streit?" fragt mich Fabian. Ich schüttle den Kopf. „Nein, nicht direkt. Auf einer Party hatte er ehm... etwas zum Rauchen dabei, weil ich das wollte. Also, er hat mich gefragt, ob ich das auch mal ausprobieren will und ich habe zugestimmt. Daraufhin hat er dann etwas davon mitgebracht" erzähle ich zögernd. „Und warum ist er nun so verärgert?" fragt er mich wieder. „Naja, die Polizei ist dann gekommen und hat die Party unterbrochen. Ich weiß aber gar nicht, warum die überhaupt dort waren. Ich habe noch den Rest vom Rauchen, also den anderen ehm... Zigarette verschwinden lassen." erzähle ich. Ich will nicht sagen, dass es sich hierbei um Weed handelt, auch wenn es man sich denken kann. „Wegen der Polizei?" Damit reißt mich Fabian wieder aus meiner Gedankenwelt. „Hm?" „Du hast das restliche Zeug verschwinden lassen, weil die Polizei gekommen ist?" drückt er sich nochmal genauer aus. „Ja, ich wollte nicht, dass Luca wegen mir Ärger bekommt." antworte ich. „Anfangs habe ich Levin und Arian gar nicht gesehen, aber dann eben schon und sie mich auch. Sie haben dann herausgefunden, dass ich was geraucht habe und einiges an Alkohol getrunken habe. Die beiden waren natürlich nicht begeistert davon. Sie wollten wissen, von wen ich dieses Zeug hatte, aber ich habe nichts gesagt. Ich wollte Luca nicht verpetzen." erzähle ich nach einer kurzen Pause. „Und wie ging es dann weiter?" fragt Fabian. „Am nächsten Tag musste ich zuerst mit in die Klinik und mein Bruder hat mir Blut abgenommen, warum weiß ich aber gar nicht. Danach musste ich noch die ganze Zeit auf ihn in seinem Büro warten bis er Schichtende hatte. Später haben dann nochmal alle auf mich eingeredet von wem ich das Zeug hatte und irgendwann habe ich zugegeben, dass Luca es mitgebracht hat. Ich weiß nicht genau was, aber irgendwas haben Ari und Levi gemacht und Luca war extrem böse auf mich. Er hat alle gegen mich aufgehetzt und vor allem Viktoria hatte etwas gegen mich. Ich glaube sie steht auf Luca. Als dann Luca von der Schule geflogen ist, ist Viktoria richtig ausgerastet." beende ich meine Erzählung.

Ich erzähle ihm die ganze Geschichte, ohne wirklich darüber nachzudenken, was ich da rede. Ich bin so sehr aufs Zeichnen konzentriert. „Und jetzt magst du die Schule nicht mehr?" fragt er weiter nach. „Ich mag die Schule nicht, wenn die noch dort sind." sage ich. „Hast du denn auch Angst wieder zurück in die Schule zu gehen? Ich gehe mal stark davon aus, dass Viktoria und ihre Freunde auch von der Schule fliegen werden. Würdest du dann wieder zurückgehen wollen?" geht Fabian seinen Fragen nach. „Hm... ja denke schon. Aber nur, wenn die auch wirklich weg sind und da bin ich mir nicht so sicher." Gegen Ende hin werde ich immer leiser. Alex hat ja gemeint, dass der Direktor mir nicht zu 100 % glaubt. Was wenn Viktoria ihm eine glaubhafte Lüge verkauft, dann würde sie nicht fliegen und ich wäre weiterhin ihr hilflos ausgeliefert. „Warum denkst du, dass sie nicht von der Schule verwiesen werden?" Als Antwort zucke ich nur mit meinen Schultern.

Die Stunde bei Dr. Becker ist heute wirklich schnell vergangen, was mich sehr überrascht. Wahrscheinlich weil ich heute auch mal etwas gesprochen habe, ist für mich die Zeit viel schneller vergangen. Um ehrlich zu sein, hat es auch gut getan, die Gedanken mal laut auszusprechen. Fabian hat mir außerdem aufrichtig zugehört. Bei ihm hat ich zu keinem Zeitpunkt, dass Gefühl, das es ihm nicht interessieren würde.

„Tiana, darf ich mit deinem Bruder darüber reden? Darf ich ihm erzählen, was du mir erzählt hast?" fragt Dr. Becker am Ende der Stunde nochmal. Langsam schüttle ich meinen Kopf. Ich will das nicht. „Ok, kein Problem. Darf ich denn deinen Bruder davon erzählen, dass wir uns unterhalten haben? Ich werde ihm nicht erzählen, worum es ging, nur dass du dich mir anvertraut hast. Ist das in Ordnung?" fragt er und sieht mich eindringlich an. Fabian ist echt in Ordnung. „Ja, das kannst du." sage ich schließlich. Damit habe ich kein Problem.

Twisted Life   (Big Brother Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt