Kapitel 50

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Ich kann schon erahnen, welches Thema Benjamin als nächstes anschneiden wird. Es fällt mir um einiges schwieriger über dieses Thema zu reden, als über das Mobbing in der Schule, obwohl ich dabei schon sehr zu kämpfen hatte.

„Tia, du hast bestimmt gemerkt, dass wir deine Wunden an deinem Unterarm gesehen haben. Willst du uns erzählen, wie das passiert ist?" fragt Ben fürsorglich. Man kann die Anspannung der beiden deutlich sehen. Für sie ist das auch kein leichtes Thema. So hoffen wahrscheinlich, dass es nicht das ist, an was wir alle denken, auch wenn ich sie dabei enttäuschen muss. Ich habe mir die Schnitte selbst zugefügt. „Hatte diese Viktoria damit auch etwas zu tun?" fragt mein Bruder, auf dessen Schoß ich sitze, hoffnungsvoll. Da ist diese Hoffnung. Die Hoffnung, dass es anders ist, als es aussieht.

Leicht schüttle ich meinen Kopf und siehe auf mein Hände. Ich bin richtig nervös und zittrig. Ich spüre, wie mein Bruder sich etwas anspannt. Es tut mir weh, ihn so sehen zu müssen. Ich will nicht, dass ich diejenige bin, die ihm ständig nur Probleme und Sorgen bereitet. „Es tut mir leid." sage ich leise und spüre, wie mir eine Träne die Wange hinunterrollt bis sie schließlich auf meine Hände tropft. „Dir muss das nicht leid tun, Tia. Wir werden das schaffen, hörst du?!" spricht Ben ermutigend. Ich nicke nur. „Kannst du mir sagen, warum du dich selbst verletzt hast?" fragt mein Bruder hinter mir leise. Er drückt mich enger an sich, als ob er Angst hätte, dass mir jeden Moment etwas passieren könnte. „Ich weiß nicht. Es war einfach alles so viel. Die Schule und alles." gebe ich mit zittriger Stimme von mir. Mir ist ganz klar, dass die Schuldgefühle, die ich gegenüber Alex empfinde, auch etwas damit zu tun habe, aber das kann ich ihm nicht sagen. Es würde ihn verletzen und das ist das Letzte, was ich will.

„War es das erste Mal?" fragt nun wieder Ben. Er blickt mich besorgt an. Allerdings habe ich auch das Gefühl, dass ich in Sicherheit bin, dass mir nichts passieren kann. Ich fühle mich geborgen. „Nein, aber ich ehm ... hier schon." sage ich schließlich. Ich habe es schon einmal gemacht, als mich mein Vater geschlagen hat, aber nicht öfters und ich denke, dass ich das auch nicht mehr machen will.

„Kann ich deine anderen Narben sehen?" fragt plötzlich mein Bruder. Etwas überrascht über sein Frage, nicke ich einfach. Ich kann an dieser blöden Situation hier gerade eh nichts mehr ändern. Sie wissen es, also kann ich es ihm auch einfach zeigen. Außerdem sind es nur wenige Schnitte, die ich am Knöchel meines rechten Fußes von damals habe. Langsam ziehe ich ein Stück meine Hose hoch. Die Schnitte sind schon lange verheilt, man kann allerdings noch immer die Narben davon sehen. Wahrscheinlich werden sie mich ein Leben lang begleiten. „Das sind die einzigen?" fragt Ben. Er ist um den Tisch herumgegangen, da er gegenüber von uns gesessen ist. Ich nicke. „Okay, wir bekommen das alles hin. Wenn noch einmal etwas ist, dann komm bitte gleich zu uns, Tia. Wir können und werden dir auch immer helfen. Dafür sind wir doch da." spricht mein Bruder wieder.

Er gibt mir noch einen Kuss auf meine Haare, bevor er mich hochnimmt und mich ins Wohnzimmer trägt. „Ich bin dafür, dass wir uns jetzt einen schönen Film ansehen. Was haltet ihr davon?" fragt Alex mit einem leichten Lächeln im Gesicht. Etwas erschöpft nicke ich und Benjamin stimmt auch zu.

So kommt es, dass wir zu dritt einen Film sehen. Es ist auch schon etwas spät. Die Sonne ist bereits vollkommen untergegangen. Ich mag es, wenn es dunkel ist. Man darf mich nicht falsch verstehen. Ich mag auch, wenn die Sonne scheint. Vor allem sind Sonnenuntergänge eine der schönsten Sachen die es hier auf Erden gibt, aber manchmal, will ich auch einfach nur, dass es dunkel und kalt ist, damit man sich schön in einen großen, weichen Pulli einkuscheln kann. Hin und wieder einen Tag Regen finde ich auch nicht verkehrt, insbesondere die Gewitter nach einen heißen Sommertag liebe ich.

Irgendwann werde ich immer müder und müder, bis sich meine Augen ganz schließen. Im Hintergrund kann ich noch hören, wie die beiden Polizisten, Arian und Levin, nach Hause kommen uns sich mit den anderen zwei unterhalten. Aber was sie sich unterhalten, kann ich jedoch nicht herausfinden, denn da drifte ich schon in einen ruhigen Schlaf ab.

Twisted Life   (Big Brother Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt