Kapitel 09 Lucas

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Kapitel 09 Lucas

In dem Moment, wo Lucas die Gesichter der spanischen Delegierten sah, war ihm bereits klar, wie deren Meinung über die Kollektion ausgefallen war

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In dem Moment, wo Lucas die Gesichter der spanischen Delegierten sah, war ihm bereits klar, wie deren Meinung über die Kollektion ausgefallen war. Allein der Blick der Einkäuferin für Erwachsenenbekleidung sorgte dafür, dass Lucas' Magen sich umdrehte. Die ganzen Tage und Nächte umsonst. Seine Reputation schwamm hier gerade vor seinen Augen davon.

„Ich bin schwer enttäuscht." Nicht nur Sie, dachte Lucas bitter und spürte, wie seine Finger zitterten, als die ganze Anstrengung und Frustration der letzten Woche sich wie eine Bleidecke um seine Schultern legte. Alles für die Katz...

„Sie haben eine Woche, um dieses Desaster zu korrigieren!" Sein erster Impuls war, der Dame entgegen zu pfeffern, dass sie sich einen anderen Idioten für den Job suchen soll. Doch dann besann er sich, schloss kurz die Augen und schluckte den gallenbitteren Geschmack in seinem Mund herunter.

Das Schließen der Bürotür hörte sich wie ein ohrenbetäubender Knall an, und war doch nicht mehr als ein leises Klicken. Er sah, wie Florian neben ihm aufstand und ihn mitfühlend ansah. Was erwartete dieser Mistkerl jetzt eigentlich von ihm? Trost?! Das war doch, verdammt nochmal, alles seine Schuld!

Als ihn diese grünen Augen ansahen und Florian den Mund aufmachen wollte, konnte der Designer seine Enttäuschung und seinen Frust nicht länger unterdrücken. Er schob Florian aus dem Weg, fauchte ihn an, dass es einfach nur seine Schuld sei, als er sich auch noch entschuldigen wollte und rauschte aus dem Büro.

Lucas musste hier raus. Die ganzen Blicke der Kollegen, die sich wie gehässige Nadelstiche in seinem Nacken anfühlten. Das Getuschel, das er hinter sich mehr spürte, als dass er es hörte. Alles in ihm zitterte und er spürte, wie sein Magen nun endgültig alles loswerden wollte, was er in der letzten Nacht gegessen und getrunken hatte. Mit letzter Kraft schleppte er sich auf die nahe gelegene Herrentoilette, übergab sich und sank zitternd vor der Schüssel auf den Boden.

Die Wortfetzen Versager, unwürdig, Schwuchteln haben in diesem Business nichts zu suchen, hallten in der Stimme seines Vaters durch seinen Kopf, jagten ihm die Tränen in die Augen. Sorgten dafür, dass er für eine gefühlte Ewigkeit sein Gesicht in seinen aufgestützten Armen vergrub, um die Dämonen seiner Vergangenheit irgendwie zu ertragen und zu überstehen.

Zwei Stunden später schlich Lucas sich aus dem Gebäude und stieg in seinen Wagen. Er ertrug es nicht, den Leuten unter die Augen zu treten. Ihr Gespött, ihre Blicke... Tatsächlich kam ihm der Gedanke einer Kündigung gerade ziemlich einladend vor. Doch in dem Moment, wo er an seiner Haustür ankam, seine Spiegelung in der Glastür sah und sich selbst in die Augen blicken musste, keimte ein anderer Gedanke in ihm auf.

Er war so weit gekommen, auch als wertlose Schwuchtel. Er war der Beste in seinem Metier! Alles was er benötigte, war Zeit, Muse und ein bisschen Zerstreuung, um die Dunkelheit, die seine Gedanken gerade beherrschte, zu vertreiben.

Für einen Moment musste er an das lebensfrohe Lachen seines Kollegen von letzter Nacht denken. Wie er das Funkeln in den grünen Augen genossen hatte. Doch sofort verbot er sich diesen Gedanken scharf. Dieser Idiot war schließlich Schuld an allem! Er und sein verdammtes Zeitkorsett.

Entschlossen öffnete der Designer die Tür, ging in sein Atelier und schloss die Rollos und Türen um sich herum, bis alles in tiefe Dunkelheit getaucht war. Mit einem Codewort aktivierte er seinen Musikdienst und ließ seine „Dunkle Playlist" durch die Lautsprecher dröhnen, bevor er unter die Dusche stieg. Eingehüllt in Gothic- und Dark Metal-Klängen, wusch er sich den Frust mit dampfend heißen Wasser vom Körper und seiner Seele. Die Anrufe ignorierend, die nun seit zwanzig Minuten immer wieder auf seinem Smartphone eingingen.

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