❀ O N E ❀

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Er war wieder da. Dieser Tag, er passiert schon wieder. Das Gefühl, ich kannte es so gut. Er wird mich umbringen. Die Angst, sie durchströmte mich puls artig. Mit jedem Herzschlag breitete sie sich weiter in meinem Körper aus. Ich fühlte meine Hände nicht, konnte nicht mehr klar denken. Der einzige Gedanke den ich irgendwie fassen konnte, bestand darin, dass ich hier weg musste, aber ich konnte nicht. Ich war gefangen, hatte keine Möglichkeit dieser Situation zu entfliehen. Wie immer.

Und dann war es zu spät. Es tat einen Schlag, ein lautes Rumpeln und dann... „Clara!" Ich spürte den eisigen Boden unter meinem Körper, dann Stille. Ganz kurz war da nichts, bis ich realisierte, was passiert war.
„Alles okay?"
Ich nickte, obwohl sich um mich herum noch immer alles drehte.
„Ja, alles gut." Ich versuchte wieder aufzustehen, die Eisfläche unter mir war rutschig, natürlich war sie das, aber meine Schlittschuhe trugen mich.

„Ich glaube, das mit der Pirouette muss ich noch üben..." Ich rang mir ein schiefes Lächeln ab und wollte dann an Pascal, meinem Trainer, vorbei gehen, der mich allerdings davon abhielt. „Clara..." Er klammerte seine Finger um meinen Arm, der Blick erwartungsvoll. „Du kannst Pirouetten, mehr als das... Was auch immer in deinem Kopf ist, lass es zuhause, okay? Kläre, was es auch immer zu klären gibt, aber lass es nicht deine Leistungen hier beeinflussen, hast du das verstanden?"
Ich nickte, obwohl ich eigentlich wusste, dass das nicht funktionierte.
Ich konnte die Gedanken, die mich verfolgen, nicht zuhause lassen, das ging einfach nicht. Sie waren immer da, die Dämonen. In meinen Träumen, tagsüber, sie verfolgten mich. Sie erinnerten mich an Dinge, an die ich nicht erinnert werden wollte, und ich wusste nicht, wie ich sie loswerden konnte. Gut, wenn das überhaupt möglich war... Ich hoffte es, aber irgendwas in mir sagte, dass das nicht ging. Wahrscheinlich funktioniert das Leben so einfach nicht, aber wer weiß das schon...?

Sobald ich die Tür der Umkleide hinter mir geschlossen hatte, ließ ich mich auf die Bank in der Mitte zweier Schließfach Reihen sinken. Die Stille brach schwer über mir ein und ich atmete einmal tief durch, schloss die Augen und hoffte, danach wäre alles irgendwie anders. Aber das war es nicht, leider. Alles war beim alten. Ich zog die Schlittschuhe aus und legte sie neben mir auf die Bank.

„Das wird einen blauen Fleck geben..." Dachte ich halblaut als ich über meine schmerzende Hüfte fuhr. Ich hasste es, wenn das passierte, denn dann fühlte sich alles irgendwie nicht mehr richtig an. Die ganze Zeit, die ganze Kraft, die ich hier rein investiere, als wäre es umsonst gewesen. Überhaupt, dass ich jetzt hier bin. Vielleicht hätte ich nie herkommen sollen... Aber nein, ich hätte nicht bleiben können. Ich musste weg, weg von dem Ort, an dem so viel schreckliches passiert ist, weg von den Erinnerungen, die dort hausen. Weg von den Menschen, weg von meinem alten Leben. Und egal wie sehr ich es manchmal bereue hier zu sein und ein Leben vorzugeben, was so überhaupt nicht existiert, so sehr freue ich mich auch eine Chance bekommen zu haben. Eine Möglichkeit, endlich der Mensch zu sein, der ich sein möchte. Niemand muss wissen, was damals passiert ist, niemand muss erfahren wer ich bin, das macht die Sache hier, nämlich meine Träume zu verwirklichen, viel einfacher...

Wenn ich so darüber nachdenke, kommt es mir fast unwirklich vor, dass ich jetzt hier bin. In einer neuen Stadt, mit neuen Menschen und einem neuen Ziel. Aber die Zeit ändert alles, irgendwann wird jede Lüge aufgedeckt, Freunde gehen und alte Dämonen kehren zurück...

Fünf Monate zuvor:

Die dröhnende Musik überrollte mich wie eine Lawine, der Bass schwang in meinem Herzen nach und ich vergaß, wie scheiße die Welt da draußen eigentlich war. Dass es jetzt nichts mehr gab, was mich hier hielt, dass ich alleine war und es wahrscheinlich auch für immer bleiben würde. Ich vergaß alles, der Alkohol hatte den Schmerz in meiner Seele längst ertränkt und ich spürte nichts von dem, was da vorhin noch war. Kein Brennen, keine Trauer. Nichts war mehr über, nichts von mir und nichts von meinem Leben...

Entschuldigungen murmelnd drängelte ich mich durch die tanzenden Menschen. Immer wieder spürte ich Hände irgendwo an meinem Körper, aber der Alkohol schwächte mein Vermögen mir darüber Gedanken zu machen. Als ich es schließlich vor zur Bar geschafft hatte, setzte ich mich auf einen der freien Barhocker und gab meine Bestellung auf.

Ich nutzte die Zeit in der ich auf meinen Cocktail wartete und warf einen Blick auf mein Handy. Keine neuen Mitteilungen. Natürlich nicht...

„Hier, einmal ein Mojito für sie..."
Ich schaute auf und sah dem Barkeeper dabei zu, wie er noch ein kleines Schirmchen in meinen Cocktail steckte.
„Danke." Ich legte mein Handy weg und probierte einen Schluck. Vertraute Gefühle bereiteten sich in mir aus, sofort wurde es etwas leiser um mich herum. In diesem Moment fand ich es eigentlich gar nicht mehr so schlimm, alleine hier zu sitzen, immerhin brauche ich niemanden...

Eine Stunde, zwei weitere Mojito und einen Shot später, saß ich immer noch da und war damit beschäftigt mir die Welt schöner zu trinken. Zweiundzwanzig Uhr achtunddreißig, die weißen Zahlen auf meinem Display leuchteten mir hell entgegen, als ich mein Handy in die Hand nahm. Vielleicht wäre es besser nachhause zu gehen? Wahrscheinlich ja, aber ich wollte nicht. Irgendwas hielt mich hier. Vielleicht das Wissen, was auf mich wartete, wenn ich diesen Club verlasse?

Und dann war es sowieso egal, als sich jemand neben mich setzte. Ich machte mein Handy aus und legte es weg. „Setzten sie das von ihr bitte auf meine Liste." Ich wollte mich gerade beschweren, als sich der junge Mann in meine Richtung drehte. Die Schwärze seiner Augen verschluckte jedes der Wörter in meinem Mund und machte mich stumm. Sie funkelten mich an, zogen mich in einen Bann auf ihre ganz eigene Art und Weise und ich konnte rein nichts dagegen tun... Sie waren einfach so... schön? Keine Ahnung, ich hatte keine Worte für das was sie waren.

„Alles okay?" Ein warmes Grinsen huschte über seine vollen Lippen, dabei formten sich kleine Fältchen neben seinen Augen und seinen Mundwinkeln. Oh Gott - wie peinlich! Hitze schoss in meine Wangen, als ich bemerkte, dass ich gestarrt hatte.
„Äh, ja, sorry."
Ich drehte mich etwas von ihm weg und schlürfte den mickrigen Rest des Alkohols aus meinem Glas. Bitte lieber Gott - Lass mich einfach im Erdboden versinken...

„Ist schon okay..." Brach er irgendwann das schweigen zwischen uns. „Bist du alleine hier?" Nach was sieht es denn aus, dachte ich so für mich, während ich meinen Kopf zurück zu ihm wandte.
„Jetzt offensichtlich nicht mehr." Ich rang mir ein Lächeln ab, welches der junge Mann erwiderte. „Dann darf man dich bestimmt auf einen Drink einladen, oder?" Ich wollte widersprechen, weil ich eigentlich nachhause gehen sollte, aber irgendwie konnte ich es nicht. Der zweite Blick in seine Augen war noch viel intensiver, als der erste. Erst jetzt fiel mir auf, wie freundlich sie eigentlich waren, was sie für eine Wärme ausstrahlten. Es war unmöglich ihnen zu widersprechen, das war mir klar, bevor ich überhaupt darüber nachdachte, was sie noch alles mit mir anstellen könnten...

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Hallöchen liebe Leute!!
Ich freue mich unfassbar, jetzt dieses Buch fertig zu haben und euch lesen zu lassen, an was ich da in den letzten Monaten getüftelt habe :))

Ich versuche regelmäßig zu uploaden, allerdings kann ich nichts versprechen, da ich im Moment in der Prüfungsphase bin und daher wenig Zeit zum korrigieren habe...
Lasst wie immer sehr sehr gerne ein Vote auf das Kapitel und eure Meinung da, darüber freue ich mich extrem und es hilft mir Dinge in Zukunft vielleicht zu verbessern oder anders zu machen!!

Ich hab euch ganz doll lieb, ihr seid die besten!
Eure Annpakki <33

Promised Love - the stranger in my bed | LH FFWhere stories live. Discover now