❀ F I V E ❀

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Gemeinsam standen wir da und starrten in den Himmel hinauf. Der Mond glitzerte und warf Schatten auf unsere Gesichter. Für einen Moment war da nichts. Hier oben hörte man keinen Lärm, keine Geräusche, es gab nur uns.

„Er ist so wunderschön..." Brach er irgendwann die Stille, ich spürte wie sein Blick zu mir glitt. Ein halblautes Krächzen verfließ meine Kehle.
„Ja, das ist er wirklich..."
Auch ich senkte meinen Blick wieder etwas, denn es gab hier noch mehr schöne Stellen.
Zielstrebig lief ich auf die Kante des Dachs zu, von wo man den besten Ausblick hatte. Kaum hatte ich diese erreicht, blieb ich stehen und beugte mich über die Mauer. Dann zog ich die eiskalte Novemberluft tief in meine Lunge, wo sie einen brennenden Schmerz verursachte. So viel Frieden, obwohl es so viel schlimmes gibt... Dachte ich stumm, mein Blick schweifte über die leuchtende Skyline NewYorks. Man sah kaum Sterne, weil die Stadt so hell war, doch der Mond war trotzdem da, direkt über uns.

„Von hier oben sieht alles plötzlich so klein aus..." Meinte er irgendwann, ich bemerkte erst jetzt, dass er neben mir stand und ebenso über die Mauer lehnte.
„Hast du dir eigentlich schon mal Gedanken darüber gemacht, wie es von ganz da oben ist?" Ich folgte seinem Blick, der geradewegs in den Himmel führte.
„Wie meinst du das?"
Im Augenwinkel sah ich wie er mit den Schultern zuckte.
„Keine Ahnung. Man sagt doch, wenn jemand nicht mehr da ist, schaut er von oben hier runter, oder nicht?"
Ich schluckte schwer. Seine Worte hatten unbeabsichtigt etwas in mir berührt, von dem ich eigentlich nicht wollte, dass ich daran denken musste. Nicht jetzt, wo dieser Moment doch eigentlich so schön war...
„Kann schon sein."
Ich sah zu dem jungen Mann, der seine Augen schon wieder über die Dachterassen gleiten ließ. Es schien, als würde er sich nach irgendwas sehnen. Vielleicht nach Freiheit, nach einem ganz bestimmten Leben, oder womöglich war dieses etwas auch gar nicht etwas sondern ein jemand. So wirklich wusste ich das nicht, aber ich fragte auch nicht weiter nach. Das war eine Sache, die mich nichts anging. Außerdem wollte ich auch nicht, dass er auf die Idee kommt bei mir nachzufragen...
„Aber wenn du willst, kann ich dich noch höher bringen...?"
Sein Kopf zuckte zu mir.
„Noch höher?"
Ich nickte bloß und griff nach seinem Arm. „Komm mit."

Ich schleifte ihn, ich wusste noch immer nicht wie er eigentlich hieß, mit mir, bis wir eine Leiter erreichten.
„Warte!"
Er zog mich zurück, als ich gerade im Inbegriff war die ersten Stufen zu klettern.
„Bist du sicher, dass du das schaffst? Du hast schon zwei Drinks getrunken..."
Ich meinte Besorgnis in seinem Blick erkannt zu haben und musste grinsen.
„Ach was, ich mach das ganz oft."
„Okay, aber bitte pass auf." Er warf mir ein warmes Lächeln zu, welches ich mir zu Herzen nahm und dann die Sprossen hochkletterte, dicht gefolgt von dem netten jungen Mann mit den wunderschön braunen Augen.

Oben angekommen fühlte sich die Luft noch frischer an, als sie es zehn Meter weiter unten getan hat. Ich schloss die Augen und spürte wie der Wind durch meine Haare tänzelte. Für einen Moment konnte er jeden Gedanken aus meinem Kopf vertreiben, so musste sich also Freiheit anfühlen... Das Leben war da unten, alle Probleme die ich hatte waren plötzlich klein und unbedeutend, und der Moment, der war hier oben...

„Und, nah genug?"
Ich sah zu meiner linken, ein leichtes Lächeln umspielte meine Lippen.
„Ja," flüsterte er in die Stille der Nacht. „Aber vielleicht ist das mit den Menschen da oben auch nur eine Lüge. Ich weiss es nicht..."
Stimmt, vielleicht war das nur eine Lüge, eine Art um seine Geliebten in Erinnerung zu behalten? Aber selbst wenn, was ändert das noch? Tote kommen nicht mehr zurück, egal ob man es will oder nicht. Und vielleicht ist das auch besser so, manchmal will man nämlich gar nicht, dass jemand zurückkommt, der eigentlich tot ist...

Keine Ahnung wie viel Zeit vergangen ist, geschweige denn wie viel Uhr es mittlerweile war, aber wir saßen immer noch da und beobachteten den schimmernden Nachthimmel von NewYork. Meine Beine waren eng an meinen Körper angewinkelt und mein schwerer Kopf lag auf der Schulter des dunkelhaarigen, es war bestimmt mitten in der Nacht...

„Woher wusstest du das eigentlich, dass wir uns wieder sehen?" Brach ich irgendwann das schweigen und hob meinen Kopf, um ihn ansehen zu können.
„Willst du das wirklich wissen?"
Natürlich wollte ich das, sonst hätte ich doch nicht gefragt, oder? Dachte ich stumm und nickte nur, statt das zu sagen.
„Tja, also bei unserm ersten Treffen hat deine Unterwäsche nicht zusammengepasst."
Ein empörter Laut verließ meine Kehle und er lachte.
„Was willst du damit sagen?"
Mein Blick klebte weiterhin auf ihm, währenddessen war ich mir nicht sicher, ob er das wirklich ernst gemeint hat. Ehrlich gesagt hatte ich etwas tiefgründigeres erwartet, aber das?!
„Ich mein ja nur. Man sagt doch, wenn sie beim ersten Treffen Unterwäsche trägt, die nicht zusammengehört, sieht man sich wieder, und wenn sie passt eben nicht..."
Sowas blödes hatte ich ja noch nie gehört... „Wenn das jetzt eine von diesen komischen Jungs-Theorien ist, ist sie wirklich die schlechteste die ich je gehört habe."
Ich meinte das genauso wie ich das gesagt habe, denn ich fand sie wirklich scheiße.
„Mag sein. Du kannst mir aber nicht erzählen, dass es nicht die Wahrheit ist, oder bist du nur eine Einbildung und wir sitzen hier eigentlich gar nicht?"
Sein Blick wurde eindringlicher, und ich musste zugeben, dass er tatsächlich recht hatte.
„Tja, ich bin echt, ziemlich echt sogar. Aber vielleicht ist es ja heute das letzte mal, dass wir uns sehen..." Grinste ich ihn an. „Zumindest wenn wir es von Unterwäsche abhängig machen."

Wir mussten beide lachen, wahrscheinlich war das komplett lächerlich. Aber das war es mir wert. Die Art wie seine Augen in der Dunkelheit funkelten machte mich verrückt. Alles an ihm tat das. Wie er redete, selbst wenn es nur Schwachsinn war, der Anblick seiner vollen Lippen, am liebsten würde ich sie küssen.
Oh Gott, ich musste diese Gedanken loswerden! Ich wusste das, aber es ging einfach nicht. Seine Anwesenheit gab mir Gefühle, die ich so nicht kannte. Als wäre er eigentlich schon immer bei mir gewesen, als wäre er dieses fehlende Puzzleteil in meinem Leben. Das, was mir vor langer Zeit einmal genommen wurde...

„Na ja, man kann es bestimmt rausfinden, oder?" Ich verstand erst gar nicht, was er damit meinte, war viel zu gefangen in meinen Gedanken, bis er die Lücke zwischen uns schloss und unsere Lippen verband. Sobald ich verstand erwiderte ich den Kuss. Seine Hand wanderte in meinen Nacken, wo er mich noch näher zog, die meine an seine Wange. Mein Daumen glitt über seinen Kiefer, seinen Hals und ich spürte wie mir wärmer wurde.

Es gab nicht wirklich viel, was ich in diesem Moment wusste, aber eine Sache erschien mir glasklar, auch wenn alles andere verschwommen war: Ich wollte nie mehr etwas anderes fühlen. Diesen Moment festhalten, bis er von selber dableiben würde. Denn das machte alles irgendwie einfacher, ihn bei mir zu haben linderte Schmerzen, von denen ich dachte, sie würden für immer so schrecklich unerträglich bleiben. Doch ganz tief im inneren wusste ich, dass auch das hier nicht für die Ewigkeit bestimmt ist...

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Uh la la...
Was denkt ihr passiert als Nächstes?

Vergesst natürlich wie immer nicht eure Meinung dazulassen, ich freu mich immer sehr eure Kommentare zu lesen <3

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Promised Love - the stranger in my bed | LH FFWhere stories live. Discover now