❀ T H I R T Y E I G H T ❀

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Es war bereits spät am Nachmittag, als wir uns dazu entschieden, dass es für heute genug war. Und das war mir ehrlich gesagt auch nur recht. Ich konnte es kaum abwarten endlich nachhause zu gehen, mich hinzulegen und einfach die Augen zu schließen...
Noch während ich diesen Gedanken hatte, wurde mir klar, wie lächerlich er doch war. Mein Zuhause war nicht mehr als ein Ort der Trauer und Verwüstung. Die Gedanken und Erinnerungen, die in mir aufkamen, wenn ich diese Wohnung betrat, zerstörten auch den letzten Rest meiner weinenden Seele. Solange, bis nichts mehr übrig sein würde.
Aber irgendwie war das auch egal. Ich hatte ein neues Zuhause gefunden, und das war dort wo David war. Er war mein neues Zuhause.

„Clara...?" Sagte plötzlich jemand, dessen Stimme mir nur zu bekannt vorkam. Bitte nicht...
„Können wir reden?" Fragte Kira und am liebsten hätte ich einfach nein gesagt. Aber das tat ich nicht. Stattdessen ignorierte ich sie einfach und fuhr mein Tun fort, welches darin bestand, das Zeug aus meinem Schließfach sorgfältig in meine Tasche zu räumen. Es war schon ewig her, dass ich das getan habe, es wurde also mal wieder höchste Zeit.
„Hör zu, Clara, ich will mich entschuldigen..." Sie stellte sich neben mich und sah mir dabei zu, wie ich zwischen meiner Tasche auf der Bank und den Schließfächern hin und her lief.
„Okay", war alles, was ich dazu zu sagen hatte. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, ob eine einfache Entschuldigung reichen würde, um das wieder gerade zu biegen.

„Wirklich, es tut mir leid. Das war scheiße von mir, aber ich wusste ja nicht dass-" Sie unterbrach sich selbst und schluckte den letzten Rest des Satzes runter. Ich blieb stehen und schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Dass meine Tante gestorben ist? Jetzt weißt du es." Dann drehte ich mich wieder weg. Es tat mir selber weh, wie kalt meine Stimme klang, aber ich durfte jetzt unter keinen Umständen irgendwelche Emotionen zulassen. Denn wenn das passierte, dann wüsste ich nicht, ob ich sie halten könnte.

Eine Zeit lang sagte niemand von uns mehr etwas. Weder sie noch ich, aber ganz ehrlich, ich hatte ihr auch nichts mehr zu sagen. Zumindest im Moment...

Nach einer Weile, in der ich die restlichen Dinge in meiner Tasche verstaut hatte, war Kira diejenige, die ihre Stimme als erstes wiederfand und mit den Worten: „Es tut mir leid" das schweigen durchbrach.
„Mhm..." Es tat ihr sicher leid, daran hatte ich keine Zweifel.
„Wirklich, du musst mir das glauben! Ich wollte dich nicht verletzten, ich schwöre es!" Sie bettelte mich beinahe an. Seufzend zog ich den Reißverschluss der Nike-Sporttasche zu.
„Bitte..." Sie klang so gebrochen, dass es mein Herz in Splitter zerfallen ließ. „Du musst mir vergeben, ich wollte das wirklich nicht. Du bist meine beste Freundin, Clara. Ich brauche dich doch..."
Genauso wie ich sie brauchte...

Ich schloss die Augen, für einen ganz kurzen Moment, und atmete einmal tief durch. Es tat mir doch auch leid, von ganzem Herzen, wenn ich ehrlich bin. Aber sie hat mich verletzt, sehr sogar. Doch das war nicht der Grund, warum es mir leid tat, zumindest nicht der einzige...

„Weißt du was, lass mich einfach in Ruhe, okay?" Ich weiß nicht, was mit mir los war, als ich meine Tasche schnappte und an Kira vorbei schnellte. So harsch, so trocken, ohne mich von ihr zu verabschieden. Aber ich konnte das gerade nicht. Ich konnte mir gerade keine Entschuldigung von ihr anhören, denn dann überkamen mich wieder all diese schrecklichen Gedanken und Gewissensbisse. Sie sagt mir mit Tränen in den Augen, wie sehr wie mich braucht, während ich ihr nichts als Lügen erzähle. Lügen darüber wer ich bin, lügen über alles, was mit meiner Vergangenheit zu tun hat. Ich bin eine schreckliche Freundin, und egal wie sehr mich ihre Worte vorhin auch verletzt haben, aber das hat sie wirklich nicht verdient.

Auf dem Weg nach draußen rief ich sofort David an. Wenn es nach mir gegangen wäre, dann hätte ich ihn wahrscheinlich nie um etwas gebeten. Doch im Moment war ich ehrlich gesagt einfach nur mehr als glücklich, dass er darauf bestanden hat, mich nach dem Training wieder abzuholen und mich mit zu sich zu nehmen. Ich hätte keine Ahnung, was ich ohne ihn tun würde oder wo ich jetzt wäre. Nicht nur im Sinne des Wortes, sondern auch in der übertragenen Bedeutung. Wo wäre ich als Mensch, als Person, wenn er sich an diesem Tag nicht auf den Barhocker neben mir gesetzt hätte.
Was spielt er in meinem Leben für eine Rolle?

Über die ganze Fahrt zu seinem Apartment stellte ich mir genau diese Frage. Was für eine Rolle spielt er in meinem Leben? Aber egal wie sehr ich auch versuchte dahinter zu kommen, ich blieb immer an der selben Stelle stehen. Es war reiner Zufall, dass wir uns gleich zweimal begegnet sind. Einmal in London, nachdem auch der letzte Rest meines Lebens dort in die Brüche gegangen war. Und in NewYork, nachdem ich ein neues Kapitel aufgeschlagen - und ein neues Leben begonnen hatte. Es war Zufall, mehr nicht.
Aber wenn es Zufall war, wie konnte er dann so perfekt passen...?

„Alles okay? Du wirkst so nachdenklich..." Fragte David, nachdem er sein Auto in der Tiefgarage abgestellt hatte und wir zusammen zum Aufzug liefen.
„Ja, es ist nur ... Das Training war anstrengend, weißt du, sonst nichts." Ich rang mir ein Lächeln ab. Wir stiegen in den Fahrstuhl und fuhren hoch in den letzten Stock. Es überraschte mich jedes Mal, wie sich sein Apartment über drei ganze Etagen zog, ich meine, was machte man mit so viel Platz? David wusste es wohl auch nicht wirklich, schätze ich...

Als wir schließlich oben angekommen waren hatten wir uns darauf geeinigt nachher essen zu bestellen. Die Frage jetzt war nur noch was.
„Also ich bin ja für italienische Pasta." Grinste der gebürtige Brite, während er sein Apartment aufschloss und wir rein gingen.
„Du kannst dir aber natürlich wünschen was du möchtest, einen Hungertod wirst du mit mir bestimmt nicht sterben..." Wir mussten beide lachen, das glaubte ich ihm sofort.

Während ich noch damit beschäftigt war meine Schuhe auszuziehen, war David bereits in die Küche verschwunden, er schien mit jemandem zu reden. Waren wir gar nicht alleine?
Ich wollte mich gerade auf den Weg machen, um nachzuschauen, als ich eine Gestalt vor mir erstreckte. Mein Herz setzte einen Schlag aus. Das Blut in meinen Adern gefror sofort.
Was machte Er hier?!

Promised Love - the stranger in my bed | LH FFWhere stories live. Discover now