❀ T E N ❀

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Der nächste Tag flog förmlich an mir vorbei, ich bekam kaum mit, was um mich herum geschah. Und immer, wenn mich jemand fragt, ob alles okay ist, nicke ich bloß und lächle. Dabei würde ich nichts lieber, als mit meinen Freunden über das sprechen, was mich bedrückt. Selbst wenn es nur belangloses Zeug ist, aber es geht eben nicht... Zumindest nicht jetzt. Ich weiß, dass ich mein Leben nicht ewig auf Lügen und Halbwahrheiten aufbauen kann, das funktioniert einfach nicht, aber Die Wahrheit ist im Moment auch keine Option. Ich werde es ihnen erzählen, aber nicht jetzt...

Nachdem ich einkaufen war fuhr ich zur Arbeit. Für einen Donnerstagabend war es verhältnismäßig ruhig. Wir hatten nur wenige Gäste, was wahrscheinlich daran lag, dass fast alle Menschen bei dem NBA spiel waren, welches vor zwanzig Minuten begonnen hat. Aber ich wollte mich auch nicht beschweren und während Sam die Bestellungen der wenigen Leute aufnahm, beschäftigte ich mich damit Gläser und Besteck zu polieren.
Gegen dreiundzwanzig Uhr wollte ich dann Feierabend machen, was ich Sam auch so mitteilte.
„Wenn du noch zwanzig Minuten wartest könnten wir zusammen gehen." Erwiderte der dunkelblonde. „...Vielleicht irgendwo noch was trinken?"
Er sah mich fragend an, doch ich lehnte das Angebot ab.
„Das ist nett, aber ich wollte noch in die Eishalle..."
„Jetzt noch?!" Er unterbrach sein tun, was darin bestand etwas in die Kasse einzutippen und warf einen Blick auf die Uhr an seinem Handgelenk. „Es ist schon nach elf..."
Ich nickte. „Ich weiß, aber das ist echt wichtig." Mir war schon klar, dass er das nicht verstehen konnte, wahrscheinlich kann das niemand, der nicht in meiner Situation ist. Aber er gab sich trotzdem damit zufrieden und wünschte mir viel Spaß, bevor ich mich dann auf den Weg machte.

Wie immer war keiner mehr da, als ich die Eishalle erreichte, doch das störte mich nicht. Ganz im Gegenteil sogar. Ich war froh, das Eis ganz für mich alleine zu haben und von niemandem gestört zu werden. So konnte ich wirklich abschalten und mich voll und ganz aufs Training konzentrieren...

Die Zeit verflog förmlich, als ich irgendwann auf die Uhr schaute war es schon halb zwei. Und weil ich wusste, dass mein Tag morgen nicht weniger anstrengend, als der heutige wird, machte ich mich auf den weg nachhause. Am liebsten wäre ich noch geblieben, wahrscheinlich sogar die ganze Nacht, denn das hier war das Einzige, was mir bestätigte, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Egal was es kostet, ich würde alles dafür geben, das zu erreichen, was ich mir früher erträumt hatte. Die Beste der Besten zu sein. Aber so richtig gesund war das schon lange nicht mehr, und das wusste ich ganz genau.

In der Hoffnung, meinen Gefühlen entfliehen zu können, stieg ich auf mein Fahrrad und fuhr los. Der eiskalte Wind peitschte in mein Gesicht, ich zog die frische Luft in meine Lunge, wo ich plötzlich das Gefühl bekam zu schweben. Nur für einen ganz kurzen Moment, ich fühlte mich frei, als gäbe es nichts, was mich noch halten könnte. Doch dann zerplatzte diese Illusion und ich wurde zurück in die Tiefe gerissen.
Völlig außer Atem kam ich zum stehen. Mein Brustkorb hob - und senkte sich schwer, ungleichmäßig, meine Lunge brannte vor Schmerzen.

Bei einem Blick um mich war da nichts als Wald. Bäume, Büsche und dieser beschissene Weg, der vom Regen total matschig geworden ist. Was ein Dreck, meine schönen weißen Schuhe...
Mein Kopf schreckte hoch, als es plötzlich neben mir raschelte. Im Augenwinkel war ich sicher jemanden gesehen zu haben. Ein Schatten von etwas, was aussah wie ein Mensch.
„Adonis?!" Rief ich, meine Stimme zitterte. Nichts. Das Rauschen des Windes zwischen den Bäumen und Sträuchern war die Antwort.
Fuck, jetzt werde ich auch noch paranoid...

Als ich zuhause ankam, mich auf die Couch setzte und die Stille über mir einbrach, taten es auch meine Gefühle. Die Emotionen überrollten mich alle auf einmal und ich konnte die Tränen nicht zurückhalten. Alles schmerzte. Jeder Muskel, jede Sehne, jeder verdammte Zentimeter meines Körpers bestrafte mich für das, was ich mit ihm anrichtete... Plötzlich fing ich an jede meiner Entscheidungen zu überdenken. Vielleicht hätte ich einfach nie hierher kommen sollen, möglicherweise hätte ich niemals vor meinen Problemen wegrennen dürfen. Womöglich hätte ich von Anfang an die Wahrheit sagen müssen...

Für eine Weile saß ich einfach nur regungslos da, weinte und schluchzte bitterlich. Ich fühlte mich so elendig, unendlich alleine und nutzlos. Warum konnte dieses Leben nicht einfacher sein? Warum musste es mir so beschissen gehen? Aber vielleicht verdiente ich das alles sogar..? Sozusagen als Karma. Für die Lügen die ich hier allen auftische, jeden Tag, jedes verdammte Mal, wenn mich jemand nach meiner Familie fragt... Aber die Wahrheit ist grausam, viel zu schrecklich, als dass ich mit jemandem darüber sprechen kann. Es gibt niemanden, der die ganze Geschichte kennt. Niemand, außer eine Person.
Ich habe Heather seit damals nie wieder gesehen...

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als plötzlich jemand einen Zettel unter meiner Tür hindurch schob. Ich hielt den Atem an, mein Herz begann schneller zu klopfen. Ich spürte es am Hals, in meiner Brust. Aber alles war still. Kein Geräusch tönte in meinen Ohren, während ich wie gebannt auf den kleinen Brief starrte, der auf meinem Boden lag. So unscheinbar, so einfach, in diesem Augenblick gingen mir tausend und kein Gedanke durch den Kopf.

Als ich dann plötzlich Schritte im Treppenhaus hörte sprang ich auf. Ich bückte mich und hob den Brief auf. Eine einzelne Träne tropfte auf das Papier, während ich den kurzen Text überflog. Die Tinte verwischte an dieser Stelle, aber das war egal.
Ich riss die Türe auf und sah... Nichts. Nichts, außer ein Strauß weißer Rosen. Fuck, er ist schon weg!
Ohne einen weiteren Gedanken zu verlieren sprintete ich die Treppen runter, draußen war es kalt. Der eisige Wind brannte auf meinem nassen Gesicht und in meinen Lungen. Doch das zählte alles plötzlich gar nicht mehr, als ich ihn erblickte.

Promised Love - the stranger in my bed | LH FFWhere stories live. Discover now