❀ T H R E E ❀

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Mein Kopf brummte, als ich aufwachte. Ich blinzelte, um die Schmerzen zu unterdrücken, jedoch wurde dadurch alles schlimmer und ich wollte den gestrigen Abend einfach nur noch rückgängig machen...

Irgendwann schaffte ich es dann meine Augen offen zu halten und das Stechen in meinem Schädel zu unterdrücken. Wo zum Teufel war ich? Wie war ich hier her gekommen und was war passiert? Letztes erübrigte sich, als ich den jungen Mann neben mir bemerkte. Er schlief seelenruhig, das wenige Licht, welches es durch die halb-transparenten Vorhänge schaffte, warf leichte Schattenspiele auf sein Gesicht. Dann erinnerte ich mich an die Geschehnisse von gestern. Diese Augen, Seine Stimme, die Art wie er mich berührte.

Plötzlich wollte ich gestern nicht mehr rückgängig machen, nein, ich wollte zurück zu dem Moment, in dem wir hier hergekommen waren. Ich wollte das alles nochmal erleben, nochmal spüren wie er mich so berührte.

Schlussendlich riss ich mich von diesen Tagträumen los und fing an meine Klamotten vom Boden zusammen zu suchen. Ich musste hier verschwinden, bevor er wach wird, das war der einzig klare Gedanke den ich fassen konnte. Und so tat ich auch. Kaum war ich angezogen, hatte meine Tasche und den Rest von meinem Zeug gefunden, wollte ich gehen. Aber ich konnte nicht, nicht ohne ihn noch einmal zu sehen.

Also ging ich zurück zum Bett, während sich alles in meinem Kopf dagegen wehrte. Aber ich konnte einfach nicht anders, und als ich ihn so ansah, bemerkte ich erst die ganzen Formen auf seiner Haut. Die vielen Tattoos waren mit gestern gar nicht aufgefallen, was höchstwahrscheinlich daran lag, dass ich ziemlich betrunken - und wir ziemlich beschäftigt waren. Umso glücklicher war ich sie jetzt zu sehen, denn sie waren wunderschön. Der große Kompass zwischen den beiden Rippenbögen, der Löwe auf seiner linken Brust und die ganzen anderen Zeichnungen auf seinem Arm und Hals. Sie waren so geheimnisvoll, so interessant und am liebsten hätte ich ihn gefragt, was sie bedeuten.
Reiß dich jetzt zusammen, Clara! Stieß meine innere Stimme hervor und ließ mich zusammen Zucken. Du siehst den Typen nie wieder, was interessieren dich da seine Tattoos? Sie hatte recht, ich war viel zu neugierig. Und eigentlich hätte ich schon längst weg sein müssen...

Aber das wollte ich eigentlich nicht. Irgendwas in mir hoffte, dass er sich noch an mich erinnert, wenn er aufwacht, doch ich verwarf den Gedanken ihm einen Zettel zu schreiben, sobald er mir gekommen war. Das gestern war einmalig, jetzt war es Zeit wieder zurück zu kehren. In die Welt, die ich gestern so einfach vergessen konnte.

Eigentlich wollte ich das nicht, denn ich hatte Angst vor dem, was da draußen war, doch ich musste. Also machte ich keinen Fehler und hörte stattdessen auf meine innere Stimme, die mir schon wieder einredete, dass ich endlich verschwinden sollte...

Fünf Monate später:

Ich beobachtete, wie sich der Laden langsam füllte, während ich ein paar Gläser polierte und hinter mir ins Regal räumte. Meine Gedanken verloren sich derweil irgendwo, und ich konnte nicht einmal sagen, was in diesem Augenblick in meinem Kopf war. Na ja, eigentlich schon, aber es waren viele Dinge, viel zu viele Dinge, die mich beschäftigten, als dass ich eine bestimmte Sache davon aufzählen könnte...

Plötzlich drang sich eine Stimme in meinen Kopf. „Clara?!"
Ich schreckte aus meinen Gedanken.
„Kannst du das bitte an Tisch zehn bringen und dann die dreizehn hinten abräumen?" Bevor ich auch nur im Ansatz etwas erwidern konnte, wurde mir ein Tablett mit Gläsern in die Hand gedrückt. Ich folgte der Anweisung und nachdem ich die Gläser samt Weinflasche an die Gäste weiter gereicht hatte, fing ich hinten an abzuräumen. Der Laden war nicht sonderlich groß, ein -im Verhältnis kleines- Restaurant in Bronx, einem Stadtteil von NewYork. Die Menschen die hier her kamen waren nett, man sah ihnen an, dass sie gerne für ihr Essen bezahlen. Teurer Wein, Champagner und frisch zubereiteter Kaviar. Nicht der Lebensstil, mit dem ich mich identifizieren kann, aber ich musste diesen Job machen. Ich brauchte das Geld, denn im Gegensatz zu allen anderen, hatte ich keine reiche Familie die mir mein Leben finanzieren kann. Ich konnte schon froh sein, in der Wohnung meiner Tante unterzukommen...

Kaum waren die zwei Tabletts mit den Gläsern und Tellern in der Küche, machte ich mich ans Bonnieren. Aus meinem Kopf tippte ich die Bestellungen des Pärchens ein, welche sich unweit nach saubermachen an die dreizehn gesetzt hatten.

Eine Rosé Schorle, eine Flasche Wasser still und den weißen Hauswein... Eine Rosé Schorle, eine Flasche Wasser still und den weißen Hauswein... Wiederholte ich in meinem Kopf, als sich die Eingangstüre öffnete.
Ich blickte von der Kasse hoch und sah direkt in zwei tief schwarze Augen. Unsere Blicke verhakten sich in einander, für einen Moment blieb die Welt um mich herum stehen. Ich konnte nicht glauben, dass das wirklich passierte. Er, er war es. Der Typ aus der Bar, der Typ mit den wunderschönen Augen und den vielen Tattoos. Der Typ, von dem ich dachte, ihn nie wieder zu sehn...

Ich weiß nicht wie lange wir den Augenkontakt gehalten haben, aber es waren sicher nur ein paar wenige Sekunden, bevor er sich in Gang setzte und zu einem Tisch im mittleren Bereich lief. Er begrüßte die drei Jungs, welche dort bereits saßen, mit üblichen Handschlägen und setzte sich dann selber hin. Ich beobachtete noch wie Sam zu ihm hin lief um seine Getränke Bestellung aufzunehmen, ehe ich mich wieder meinen Aufgaben widmete.

Um acht war der Laden voll. Ich bereute es, mich nicht krank gemeldet zu haben, genau wie Jasmin, die uns heute eigentlich hätte aushelfen sollte. Also waren wir nur zu zweit, um diesen ganzen Stress irgendwie zu händigen. Ich rannte von einem Tisch zum nächsten und wieder zurück. Ich hasste diesen Job und freute mich bereits auf den Feierabend. Und ich weiß nicht warum, aber heute fühlte es sich schlimmer an als sonst. Vielleicht, weil es Freitag war und vielleicht auch, weil ich sowieso schon total gestresst bin. Aber womöglich war es auch, weil ich irgendwie spürte, dass mich jemand beobachtete. Ich hasste dieses Gefühl, wenn man wusste, dass jemand jeden Schritt von dir verfolgt, und die Tatsache, dass er es war, machte es nur noch schlimmer...

Die vier Jungs saßen immer noch am Tisch Nummer sieben, obwohl sie längst aufgegessen hatten. Ich warf immer wieder einen Blick in ihre Richtung, wenn ich an der Kasse stand, und hatte dabei nur eine Frage im Kopf. Was machte er hier? Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, eine wildfremde Person wieder zu treffen? Diese Welt war riesig, da konnte ich mir mit Wahrscheinlichkeitsrechnung ausdenken, dass die Chance sich wieder zu sehen praktisch gleich null war. Und trotzdem saß er jetzt da, den einen Arm auf der Stuhllehne seines Nachbars liegen und lachend. Dieses verdammte Lachen... Ich konnte mich noch genau daran erinnern, wie es geklungen hatte, als ich bei ihm saß und ihm von einer lustigen Geschichte aus meiner Grundschulzeit erzählt habe.
Ob er sich wohl noch daran erinnert?
Keine Ahnung, aber eigentlich war es auch egal. Unsere Nacht war schön und der Fakt, dass wir uns jetzt hier wiedersehen rein zufällig, dachte ich so für mich, während ich die Summen des ganzen Trinkgeldes auf einen Zettel schrieb. Das Restaurant hatte sich derweil schon wieder etwas geleert. Bis auf ein paar einzelne Tische und ein paar wenige Leute an der Theke war keiner mehr da.

„Hey Clara, ich würde dann jetzt Schluss machen. Kriegst du den Rest noch alleine hin?" Fragte Sam, während er seinen Kellnergütel unter den Tressen schob.
„Ja klar, ist ja nicht mehr viel." Ich lächelte, was der Amerikaner freudig erwiderte und sich bedankte. Ich wünschte ihm noch einen schönen Feierabend, bevor ich mich wieder daran machte, die ganzen Einnahmen von heute zu zählen und aufzuschreiben.

Die Menschen verschwanden nach und nach und irgendwann waren es nur noch vier die übrig blieben. Ich warf einen Blick in den beinahe leeren Raum und sah, wie auch sie anfingen sich langsam auf den Weg zu machen. Sie standen auf, nahmen ihre Sachen und gingen dann Richtung Ausgang.
„Danke, das Essen war wirklich sehr lecker," sagte einer von ihnen, die anderen stimmten zu und ich bedankte mich. Dann fiel die Tür ins Schloss und ich konnte endlich durchatmen.

Was ein Arbeitstag... Aber was macht man nicht alles für seinen Traum?

„So sieht man sich also wieder..." Er war hier...

Promised Love - the stranger in my bed | LH FFजहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें