❀ T H I R T Y F I V E ❀

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Noch nie hatte sich eine Stille so unendlich laut angehört, wie sie es in diesem Moment tat. Nachdem ich David von Heather erzählt habe, was mit ihr passiert ist und, dass es meine Schuld ist.

„Es ist nicht deine Schuld", flüsterte er schließlich in die Stille, während einzelne Tränen über sein Gesicht liefen. Sie rannten mit meinen um die Wette.
„Hast du das verstanden?" David griff nach meiner Hand und ich zuckte mit den Schultern, ohne auch nur einen Moment den Blick von seinen Augen abzuwenden, die mich noch immer tränenunterlaufen anfunkelten. Und trotzdem waren sie wunderschön...

„Sie war meine beste Freundin." Ich rang mir ein Lächeln ab, der Gedanke war schmerzend und schön zugleich. „Ich habe sie geliebt. Wirklich." Dann wendete ich meinen Blick von ihm ab und sah auf meine Hand, welche fest von David seiner umschlossen wurde. Die mit Tinte gezeichneten Formen, welche seine sehnigen Finger schmückten, waren in der Dunkelheit des Zimmers nur zu erahnen.

„Du weißt, dass du immer mit mir reden kannst, oder?" Fragte er in die Stille, in der mir selbst sein Flüstern so unglaublich laut vorkam. Und natürlich wusste ich das, aber über manche Dinge redet man einfach nicht, manches behält man lieber für sich. Eigentlich...
„Hast du das verstanden?" Wiederholte er seine Frage noch einmal, doch ich wagte es nicht ihn anzuschauen.
Zu wissen, dass er jetzt noch mehr Dinge über mich wusste, die ich noch keinem anderen erzählt habe und sicher auch niemals tun werde, war komisch auf so unglaublich viele Art und Weisen. Einmal, weil er damit immer mehr zu jemandem wird, den ich so tief in mein Leben hineingelassen habe, wie sonst niemanden. Und gleichzeitig wird er damit zu jemandem, den ich eigentlich so schnell wie möglich loswerden muss. Er darf nicht wissen, was damals passiert ist. Keiner darf das. Dann wäre das hier alles umsonst gewesen...

„Clara. Bitte sag mir, dass du das verstanden hast... Ich will dich nicht verlieren..." Man hörte es in seiner Stimme, Emotionen brannten in der Kehle. Und es brach mir das Herz, als ich in seine glasigen Augen schaute und kein Wort heraus bekam. Das hier hätte nie so passieren dürfen. Das mit uns, das mit Heather, meine Tante. Einfach alles. Und während ich mir ganz genau das versuchte klar zu machen, und unsere Tränen um die Wette rannten, wusste ich nur eines ganz sicher: Ohne ihn habe ich niemanden. Er ist der einzige, der mich so gut kennt, der mich versteht auch wenn ich nichts sage. Ich mochte ihn wirklich gerne.

„Und was ist mit dir?" Brachte ich schließlich hervor, als ein brüchiges Stück meiner Stimme zurückgekehrt war.
„Nein, nicht mich. Du wirst mich nicht verlieren, ich werde nicht gehen. Nicht, wenn du mir nicht sagst, dass ich es tun soll." Ein von Schmerzen gezeichnetes Lächeln huschte über seine vollen Lippen, kleine Grübchen bildeten sich neben seinen Mundwinkeln.
„Ich verspreche es dir, wenn du es mir auch versprichst." Dann fuhr er mir mit dem Daumen über meine feuchte Wange und wischte damit Tränen weg, für die nicht er verantwortlich war.
„Keine Geheimnisse mehr. Wir stehen das zusammen durch, niemand hat es verdient alleine zu sein, und das musst du auch nicht, ja? Ich bin bei dir."
Kaum hatte er ausgesprochen war ich ihm auch schon wieder in die Arme gefallen. Die Arme, welche mich auffingen, wenn ich fiel. Die ersten seit acht Jahren.
„Keine Geheimnisse, ich verspreche es dir." In diesem Moment, während ich wartete bis die Wärme von David auf meinen kühlen Körper übersprang, während er mich festhielt und es sich anfühlte, als würde er nie wieder loslassen, ganz genau in diesem Augenblick fragte ich mich etwas: Wieso machten wir uns Versprechen, von denen wir beide wussten, dass wir sie nicht halten könnten? Ich würde immer Geheimnisse haben, um ihn und mich zu schützen, das was wir haben. Und er wird irgendwann gehen. Wenn ihn die eklige Realität auf dem Weg einholt, auf dem er bereits an Vorsprung gewonnen hat, wenn er merkt, dass auch er nicht für immer weglaufen kann...

Als ich das nächste Mal aufwachte, lag David nicht mehr neben mir. Seine Betthälfte war leer, nicht mal warm. Wo war er bloß hin?
Schlussendlich rappelte ich mich auf und stand schon wenige Momente später im Flur, welchen ich auf leisen Sohlen entlang ging. Es war so still, kein Geräusch brach durch das Vakuum, in dem ich mich anscheinend befand. Als wäre er seit einer Weile nicht hier gewesen...
Und dann, als ich gerade anfing zu hinterfragen, ob all das letzte Nacht vielleicht gar nicht passiert ist und er nie hier gewesen war, was eigentlich überhaupt keinen Sinn ergab, denn wie hätte ich sonst in seinem Apartment landen sollen? In diesem Moment hörte ich seine Stimme aus der Küche.
Ohne, dass es meine Absicht war, blieb ich neben der Treppe stehen und versuchte zu entschlüsseln, was David da sagte.

„Nein du verstehst es nicht!" Er klang verzweifelt, irgendwie wütend und ich fragte mich, wer was nicht versteht.
„Ich will, dass es aufhört. Ich will, dass sie endlich aufhört, mich mit der scheiße zu terrorisieren ... Es ist meine Schuld, okay, ich habs kapiert, aber ich kann verdammt nochmals nichts ändern!" Wieder machte David eine kurze Pause, wahrscheinlich telefonierte er, denn ich hörte niemand anderen reden. Nur ihn, wie er immer wieder zustimmend murmelte oder gelegentlich ein klares „ja" oder „nein" hervorbrachte.

Um was es wohl ging? Was machte ihn so sauer? Wen meinte er mit Sie und mit was terrorisierte Sie ihn? Viel zu viele Fragen in meinem Kopf, über die ich eigentlich gar nicht nachdenken wollte, da es mich nichts anging. Und eigentlich war ich auch viel zu müde, um mich jetzt zu fragen, was seine Probleme waren. Ich hatte eigene, und die waren auf jeden Fall groß genug, um alles andere unwichtig wirken zu lassen.

„Ich habe doch selber keine Ahnung man... Biete ihr Geld an, egal wie viel, ich zahle es ihr, aber sie soll einfach die scheiß Klappe halten und mich in Ruhe lassen, okay?!" Er stoppte kurz, bevor er erneut zum reden ansetzte und mir somit gar keine Zeit ließ um das was er da gesagt hatte richtig einzuordnen.
„...Doch, es ist meine Aufgabe, ich werde den selben Fehler ganz sicher kein zweites Mal machen. Ich bleibe hier solange sie mich braucht, das bin ich ihr irgendwie schuldig. Der Tod ihrer Tante trifft sie ziemlich schwer..."
Er sprach über mich...? Warum? Mit wem?

Promised Love - the stranger in my bed | LH FFDove le storie prendono vita. Scoprilo ora