44 | In Flagranti 2

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Violet

Ich rannte.
Ich rannte ohne zu wissen wohin.
Ich war vollkommen davon überzeugt, dass ich das gerade nur geträumt hatte.
Wie konnte er das nur tun?!
Das brachte alles nur noch mehr durcheinander! Mich vor allem am meisten.
Wieso musste er die Dinge noch komplizierter machen, als sie es ohnehin schon waren?
Immer noch völlig unter Schock starrte ich auf das weite Meer, das bloß vom nächtlichen Mondschein angeleuchtet wurde und wünschte mir, einfach verschwinden zu können.
Wie sollte unser Leben miteinander jemals funktionieren, ohne dass irgendjemand darunter litt?

Natürlich hatte dieser Kuss etwas in mir ausgelöst, das zu leugnen, würde jetzt doch sowieso nichts mehr bringen. Es wussten nämlich anscheinend sowieso alle schon was ich fühlte und das besser als ich selbst.
Thomas, Newt, Judie und die Leser und Leserinnen dieser Zeilen sicherlich auch.
Doch was wusste ich schon?
Ich konnte in diesem Teil meines Lebens einfach nicht solch wichtige Entscheidungen treffen und ich konnte auch niemandem noch mehr unnötigen Schmerz zufügen.
Wieso musste ich das auch sagen? Wieso konnte ich nicht einfach zustimmen, als er mich darum gebeten hatte, einfach Freunde zu sein?
Gott, ich musste meine impulsiven Gedanken wirklich besser im Griff haben.

In meiner ganzen Verwirrung Panik fand ich wie durch ein Wunder doch zurück ins Bett, in welches ich mich sofort schmiss und erstmal damit beschäftigt war, wieder Luft zu bekommen.

Den ganzen Rest der Nacht saß ich wach in meinem Bett und dachte über alles Geschehene nach. Eine musste es ja, denn ich hatte das Gefühl, dass alle anderen diese Themen irgendwie totschwiegen und herunter schluckten.
Immer mal wieder sah ich dabei zu Lluvia hinüber, als wäre sie irgendwie die heilige Lösung zu all meinen Problemen, aber sie sollte vor allen Dingen einfach aus allem rausgehalten werden und daran würden sich auf die beiden Jungs halten müssen. Auch das war eine Sache, die mich schwer besorgte:
Sie waren jahrelang beste Freunde gewesen und diese Situation sollte wirklich nicht alles kaputt gemacht haben.

Sobald die Sonne am frühen Morgen aufging war ich auf den Beinen und sah, dass ich mich um Llu kümmerte. Sie war eine Frühaufsteherin und somit musste ich sie gar nicht wecken.
Vielleicht war das mit der heiligen Universal-Lösung vorhin doch nicht so weit hergeholten gewesen denn, egal wie oft ich es schon erwähnt hatte, sie schaffte es wirklich immer mich aufzuheitern.
Ich glaube nicht, dass irgendjemand der keine eignen Kinder hat, je verstehen könnte wie tief diese Liebe geht.
Es ist, als definierte sich das Wort Liebe ganz von Neuem durch sie.

„Newt heute treffe?", waren die ersten Worte, die die kleine verschlafen von sich gab, nachdem ich gewaschen hatte und nun anzog.
„Ich weiß es nicht. Möchtest du das denn?", fragte ich so geduldig und verständnisvoll wie es nur ging, denn es ging hierbei nicht um Newt, Thomas oder mich, sondern nur um Llu, was für sie das richtige war und was sie wollte.

„Will Newt?"
Lachend hob ich sie vom Bett und ging anschließend vor die Tür, sodass uns die Sonne direkt ins Gesicht knallte.
Zum Glück hatte ich Llu eine furchtbar niedlichen Mini Sonnenhut aufgesetzt, über den ich allein schon immer lachen musste, wenn ich sie ansah.

„Natürlich will er das, mein Schatz.
Ich hab's dir doch gesagt, er liebt dich!
Aber wir müssen erst was essen.
Und weißt du was noch viel mehr Spaß macht? Deine Lieblingstante zu wecken, ja!", rief ich enthusiastisch und Llu begann augenblicklich glucksend zu kichern und zu lachen.
Mann, war das ein schönes Geräusch.

Sol's kleine Hüttchen/Zelt befand sich direkt am Strand, am nächsten am Wasser dran und so, wie ich sie kannte würde sie noch tief schlafen und ich wollte sie liebend gerne dabei stören, weshalb ich grinsend mit Llu auf dem Arm in die Hütte schlich und beinahe augenblicklich wieder umdrehte, die Beine in die Hand nahm und erstmal vom Strand weg eilte.

„Was Mami? Was?", rief meine aufmerksame Tochter mit erschrockener Stimme, doch ich musste mir wirklich das Lachen verkneifen.
Wobei ich in der nächsten Sekunde ein schreckliches Déja Vu bekam.
Ich war schließlich nicht das erste mal in eine ... ungewohnte Bettsituation geplatzt.
Nur war es damals nicht meine Schwester gewesen..

Ich hatte zwar nicht genau gesehen, wer da bei ihr gelegen hatte, aber es war definitiv ein Typ gewesen.
Und beide sahen wirklich erschöpft aus, als hätten sie eine anstrengende und lange Nacht hinter sich gehabt.

„Ähhmmm..
Ich hab bemerkt, dass ich doch so hungrig bin, dass wir lieber zuerst was essen.
Hast du keinen Hunger?", redete ich mich schnell aus der Situation raus und lächelte Llu beruhigend an, woraufhin sie nickte und sich über die rosigen Lippen leckte.

„Vio!", begrüßte uns Pfanne fröhlich, der sich in seiner offenen, selbstgebauten Küche ziemlich wohl fühlte und mit einigen anderen bereits voll in Gang war.
Als er Llu in meinen Armen sah, ließ er allerdings alles stehen und liegen um sie strahlend in seine zu schließen und sie wie eine Trophäe in die Luft zu heben.
„Wenn das nicht das süßeste Törtchen in der Geschichte ist!", trällerte er voller Freude und Lluvia lachte ununterbrochen und genoss es richtig, der Mittelpunkt der Erde zu sein.
So, wie es sich gehörte.

Ich glaubte, dass der Grund, warum wir alle so besonders beschützend waren, was Llu anging, war, weil sie noch die Chance hatte völlig normal aufzuwachsen.
Ohne ein Trauma, was sie ihr Leben lang verfolgen würde.

„Kann ich euch helfen?", fragte ich grinsend, nachdem ich Llu auf dem Tisch vor mir abgesetzt hatte, doch Pfanne schüttelte bloß mit dem Kopf.

„Wir sind so gut wie fertig.
Außerdem sollst du dich ausruhen, ich hab strengste Anweisungen darauf acht zu geben!"
Pfanne drehte sich lachend wieder um und schnitt ein wenig Obst zurecht, doch ich legte den Kopf ein wenig zur Seite.

„Anweisungen? Von wem?"
Hatte Thomas...?

„Na von mir natürlich."
Sol's Stimme riss mich aus dem Gedankengang und ich musste sofort so breit grinsen wie lange nicht mehr.
Genauso drehte ich mich um, nur um sie zusammen mit Newt auf mich zukommen zu sehen.

Mein Kopf verband sofort die Punkte und mir wurde schnell klar, warum sie zusammen gekommen waren.
Das Grinsen auf meinen Lippen verschwand.

Violet 3 - The Death Cure Where stories live. Discover now