13 | Tochter

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Newt

„Guten Morgen, Newt.", rief der Mann den ich wohl am meisten hasste auf dieser beschissenen Welt voller Euphorie.

Normalerweise sollten Leute wie ich mit Teresa reden, dieser scheinheiligen Mistkuh.
Aber da ich mich weigerte, musste ich stets mit dem vorlieb nehmen.

„Wirst du heute freiwillig reden?", fragte Janson und holte irgendeinen digitalen Block heraus um meine Antworten zu notieren, die er nicht bekommen würde.

„Werden Sie mich endlich zu meiner Familie zurück gehen lassen?", knurrte ich wütend und blickte dem Vater meiner Frau hasserfüllt in die Augen.
Er wusste doch, dass ich niemals aufgeben würde, bis ich endlich wieder bei Violet war.

Allein der Gedanke an sie war Grund genug weiter zu machen.

„Newt. Du solltest definitiv dankbarer sein.
Ohne die Hilfe von WCKD wärst du bei deinen Freunden gestorben.
Und ohne unsere Hilfe wärst du immer noch so gefährlich."
Er hatte nicht unrecht.

Sie hatten mich nach Teresa's Verrat, der mittlerweile gut drei Jahre zurück liegt, mitgenommen und mich sehr aufwendig wieder hergestellt.
Ich war nicht geheilt, soweit würde es wohl nie kommen aber zweimal in der Woche bekam ich ein Mittel verabreicht, dass mein Nervensystem beruhigte sodass ich relativ normal leben konnte.

Ich war ein Zombie.

Aber seitdem hielten sie mich wie eine Trophäe im Regal in diesem verdammten Gebäude gefangen, sodass ich es mittlerweile in und auswendig kannte.

Drei beklonkte Jahre lang keinen Fuß nach draußen gesetzt!
Ich musste Violet wieder sehen.
Wir würden eine Zukunft zusammen haben.
Wenn sie nicht schon längst wen anders hatte.
Oder tot war...
Das war sie nicht.
Sie war stark, die stärkste Person dieser verklonkten Welt.

Aber ich war gefährlich für sie, für alle meine Freunde.
Das zu wissen tat weh.

„Schade, dass du nicht mit Teresa reden willst.
Sie hat sicher ein paar interessante Neuigkeiten für dich.
Über meine Tochter, Vio-"

„Erzählen Sie mir nichts über Violet.
Sie verdienen es nicht mal ihren Namen in den Mund zu nehmen.
Sie haben ihre eigene Tochter ans Labor verkauft, Janson!", rief ich ihn unterbrechend aggressiv.

Dank dieser Krankheit war ich viel gereizter und aggressiver als zuvor, aber dieser Mann würde jeden verrückt werden lassen, selbst jemand immunes.

„Und du hast deine noch gar nicht kennengelernt."

Zunächst verstand ich überhaupt nicht, also wirklich überhaupt nicht, was er da sagte.
Doch das Virus hatte noch nicht all meine Gehirnzellen gefressen, also verstand ich langsam.

Ich musste auch dementsprechend geguckt haben, denn dieser verdammte Strunk begann hämisch zu lachen.

Er log. Er musste lügen!
Wie konnte er mich SO anlügen?
Nun, es war Janson.
Lügen war sein Hauptberuf, er war gut darin.

Violet war nicht schwanger gewesen.
Sie hätte es mir gesagt. Das hätte sie!

Ich war nicht Vater! Wir hatten kein Kind!

„Du scheinst mir nicht recht zu glauben, oder Newt?", rief er schmunzelnd und stand auf, ehe er zur Tür lief.

„Frag deinen Kumpel, Minho.
Dem wirst du sicher glauben."
Wieso spielte dieser Kerl so mit mir?!
Ich konnte nicht klar denken, das Gegenmittel schien für einen kurzen Moment auszusetzen.

„Minho ist hier?! Im Gebäude?!", rief ich, denn langsam fing ich an ihm zu glauben.
Er wollte Informationen von mir und er begann mich zu manipulieren, indem er mir etwas gab wofür er eine Gegenleistung erwartete.

„Das ist er.
Und du kannst dich auf dein Wissen über das Gebäude verlassen, jeden Raum durchkämmen und wirst ihn dennoch nicht finden.
Ich sage dir, wo er ist und du sagst mir, was du darüber weißt, was  meine Tochter und ihr ganzer Haufen drecksfrecher Freunde vorhat.", schlug er, wie ich's schon vermutet hatte vor.

Ich wusste es.
Und jetzt war ich es, der breit zu Grinsen begann und wieder komplett da war.
Ich hatte mein Gehirn wieder zurück, so kam es mir zumindest vor.

Ich hatte Glück, denn ich konnte ihm Antworten liefern ohne zu lügen und ohne meine Freunde zu verraten.
Denn ich wusste rein gar nichts.

„Sie wollen an einen Ort.
Ich erinnere gehört zu haben, dass sie die Immunen an einen sicheren Platz bringen wollen.
Und danach war mein Gehirn komplett infiziert.
Mehr weiß ich nicht.", erzählte ich selbstbewusst und stand auf.
Er war dran.

Sich geschlagen gebend nickte der Vater meiner Frau und ging vor Richtung Ostflügel.

Er führte mich in einen geheimen Flur, den ich tatsächlich noch nicht kannte.
Am Ende des Flurs war ein großer, runder Raum der ringsherum Türen hatte.
In der Mitte war ein Generator und mehrere Monitore, die jeden Sektor genauestens zeigte.
Es war wie das Zentrum des Flügels.

Janson warf mir einen Schlüssel zu und deutete auf eine der Türen.
Sofort steckte ich den Schlüssel ins Loch und drehte ihn rum.
Ich hatte kurz Angst, dass mich dort ein Infizierter im Endstadium begrüßen würde, doch zu meiner großen Überraschung war es wirklich mein Freund, der auf seinem klapprigen Bett saß und nach draußen aus dem Fenster sah.

In über drei Jahren hatte sich Minho kaum verändert und ich war wirklich heilfroh und überglücklich ihn endlich wieder zu sehen.

„Minho.", flüsterte ich beinahe überwältigt und lächelte.
Seit ich hier und wieder bei Bewusstsein war lächelte ich wenig.

Ich sah, wie mein bester Freund kurz innehielt.
Ihm stockte der Atem, eher er urplötzlich aufsprang, auf mich zu rannte und mich fest in seine immer noch sehr sehr starken Arme nahm.

„Newt..", hörte ich meinen besten Freund erschöpft flüstern.
Mir war sofort aufgefallen, dass er total geschwächt aussah.
Was taten sie mit ihm? Und wie lange?
Wurde er gefoltert?!

Minho sah müde aus und kaputt und gebrochen.
Sie taten ihm hier definitiv was an.

„Wieso bist du...?
Wie hast du das geschafft, du Strunk!
Was ist passiert?!
Du lebst! Du bist gesund!", rief er kopfschüttelnd und setzte sich schwach aufs Bett, ehe ich mich zu ihm setzte und zu erzählen begann.

„Janson hat dafür gesorgt, dass ich statt zu den anderen Cranks, auf die Krankenstation gebracht wurde.
Seitdem bekomme ich Spritzen gegen das Virus, aber ich werde es wohl nie bekämpfen können.
Sie lassen mich nicht gehen und es wäre auch nicht schlau gewesen, zu euch zurück zu kommen.
Denn irgendwann wäre ich durchgedrehte und hätte mich gar nicht mehr im Griff.", erzählte ich seufzend.

„Also bist du jetzt ein...-"

„Ein Crank, Min', ich bin ein Crank.
Aber ich bin ich.", erklärte ich und hoffte dabei sehr auf Verständnis und Offenheit.

Es war Minho, mit dem ich da sprach.
Natürlich nahm er das alles locker.
„Das merke ich.", lachte er.

Aber mir war nicht zum Lachen zumute und ich konnte auch nicht mehr abwarten.

„Ist es wahr? Violet... haben wir...
Haben wir eine Tochter?", fragte ich und konnte dabei gar nicht sagen, was ich alles fühlte.

Irgendwo in mir war ich furchtbar glücklich.
Wenn es wahr war, dann hatten Violet und ich eine Tochter.
Dann hatte ich eine kleine Familie die ich über alles liebte.
Und ich hatte Angst.
Das Kind hatte in dieser verklonkten Welt sicherlich keine gute Zukunft.
Aber vielleicht war es gar nicht wahr.

Das dachte ich, bis Minho minimal zu nicken begann und auf seine Füße sah.

„Lluvia. Teresa hat es mir erzählt... sie... sie haben sie ausspioniert.", murmelte er.

Violet 3 - The Death Cure Where stories live. Discover now