9 | Madison und Lawrence

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„Thomas.. Thomas!"
Seufzend kniete ich mich neben den Braunhaarigen und legte meine Hand auf seine Schulter.
„Hör auf! Hör auf!", bat ich brüllend, doch mein Freund war wie besessen.

„Er hat dich.. er hat Dir..
Du weißt, was er getan hat!", brüllte Thomas wutentbrannt, während Gally alles über sich ergehen ließ, ohne auch nur das Aufstehen zu versuchen.

„Ich weiß, ich weiß es! Glaub mir das mal.
Aber das bringt doch jetzt nichts, du tust dir nur weh!"

Natürlich wusste ich ganz genau, was Gally mir angetan hatte.
Die Erinnerungen quälten mich gerade in diesem Augenblick so sehr, dass ich ihm nicht mal ins Gesicht gucken konnte.

„Thom... bitte.", bat ich noch einmal ruhiger und hielt ihn fest am Oberarm fest.

Tatsächlich dringen meine Worte zu dem immer noch total angespannten und wütenden Thomas hindurch, der sich nun erhob und seine rechte Faust ausschüttelte.

Einen kurzen Blick warf ich Gally zu, der nur dankbar nickte, doch das ganze hatte ich sicherlich nicht für ihn getan.

Langsam rappelte sich der Blonde wieder auf und rieb sich die Wange, auf die Thomas eingeprügelt hatte.

„Das hab ich wohl verdient.
Will sonst noch wer? Pfanne, du? Oder Vio-"

„Wag es nicht auch nur ihren Namen in den Mund zu nehmen!", unterbrach Thomas Gally aggressiv und befand sich schon wieder in so ner Angriffshaltung.

Gally, der gar nicht auf die Warnung von Thomas einging, schickte den Rest der komischen Truppe vor.
Er war also sowas wie ihr Anführer.

„Was zur Hölle, Gally?"
Endlich hatte Pfanne seine Stimme wieder gefunden.

„Du warst tot! Minho hat Dir einen Speer durch die Brust gejagt!"
Oh davon wusste ich aber noch nichts.

„Nein, ihr habt mich zum Sterben zurück gelassen, seid einfach weg", stellte Gally klar und bekam als Antwort nur ein Gelächter meines Freundes.

„Erwarte bitte keine Entschuldigung.", meinte Thomas bissig und stand nach wie vor total verkrampft da.

„Wie auch immer wurde ich dann von diesen Leuten hier aufgelesen und wieder hergestellt."

„Zum Glück von uns allen.", murmelte ich ironisch.

„Wir stellen uns hier gegen Wicked, sie verschließen diese Tore vor uns Menschen und nur die reichen der Reichen dürfen in der Stadt wohnen, der Rest kann schön verrecken.", erklärte Gally sauer, während er sich langsam das Kinn wieder gerade rückte.

„Was wollt ihr hier?", ergänzte er danach und betrachtete uns alle.
Allein sein Anblick wies irgendwie darauf hin, dass er sich verändert hatte, aber trauen tat ich ihm deshalb noch lange nicht.

„Minho und Sol, sie sind dahinter. Wir wollen sie holen und dann weg.
Weißt du, wie man in die Stadt kommt?", fragte ich und vergaß dabei, dass Gally ja nichts von Sol wusste, doch das stellte er sofort darauf dar.

„Es gibt keinen Weg!", lachte der Blonde kopfschüttelnd und verzog dann das Gesicht.
„Wer ist Sol?"

Nachdenklich sah ich Thomas an.
Gally hatte sie gemocht, damals auf der Lichtung.
Vielleicht würde er uns helfen, wenn er wusste, dass es um sie ging.

Ich nahm mir vor, ihm das ganz vorsichtig beizubringen.
Wieso es mich kümmerte, ob dieser widerliche Kerl die Nachricht vorsichtig oder direkt bekam, wusste ich nicht.
Doch Thomas zerstörte meinen Plan.

„Violet's große Schwester. Sie wurde mit manipuliertem Gedächtnis auf die Lichtung geschickt, damals hieß sie Madison."

Seufzend drehte ich mich zu meinem Freund um und blickte ihn entgeistert an, doch der starrte Gally nach wie vor wie ein hungriges Raubtier an, dass seine Beute beobachtete.

Dann sah ich wieder zu unserem Feind hinüber.

„Madison?! Sie lebt?!", brüllte dieser sofort fassungslos und dachte dann sichtlich nach.
Er überlegte uns zu helfen.

„Ok. Ich.. es gäbe vielleicht einen Weg, aber.. ach kommt mit.", stammelte Gally und drehte sich schonmal um, doch als wir ihn folgen wollten hielt uns Thomas zurück.

„Wieso sollten wir Dir vertrauen?", fragte mein Freund bissig, nach wie vor.

„Weil wir dasselbe Ziel haben.
WCKD stürzen und Madison rausholen."

„Und Minho.", rief ich sofort, woraufhin Gally bloß mit den Augen rollte, dann aber nickte und losging.

Misstrauisch begannen wir ihm zu folgen, doch Thomas blieb nach wie vor stur an seinem Platz stehen, sodass ich tatsächlich seine Hand nehmen und ihn mit mir führen musste.

„Ich führe euch zu Lawrence. Er wird uns sagen, was zu tun ist.", meinte Gally, nickte uns einmal zu und öffnete dann die Tür zu einem Raum.

„Und starrt besser nicht.", sagte er noch kurz davor.

Nicht starren?

Misstrauisch hob ich eine Augenbraue und sah kurz zu Judie hinüber, die genauso unsicher war wie ich.

Wir betraten den Raum. Er war offen und weit und riesig großen.
Die Wände, die Mauern um genau zu sein, waren heruntergekommen, sie waren überall eingeschlagen und bröckelten irgendwo ab.
Am Ende des Raums war ein großes Beet voller Rosen und daneben stand ein Mann.

Er hatte eine sehr geknickte Haltung, kümmerte sich um seinen Blumen, roch daran und stützte sich dabei an einem Infusionsständer ab.

Je näher wir kamen, desto deutlicher konnte ich sein entstelltes Gesicht erkennen.
Das, was mir als erstes auffiel war, dass der Mann ohne Nase an dieser Rose roch, wie auch immer das ging.

Sie sah aus, als wurde sie weggeätzt, genauso wie eine Hälfte seines Gesichts.
Er hatte überall dicke, tiefblaue Adern, die hervorstachen.
Nicht nur im Gesicht und am Hals, sondern auch an seinen Händen.

Sofort kam mir wieder das Bild von Newt in den Kopf. Das Bild, was ich seit Monaten versuchte zu verdrängen.
Aber Lawrence sah ein wenig so aus wie er, als er so krank war.
Ich vermutete sofort, dass er ein Crank war. Aber so eine Art halb-Crank. Wohl wieder geheilt, oder zumindest so behandelt, dass das Virus langsamer ging.
Ich schätzte eher letzteres wäre der Fall, denn die Infusion enthielt eine blaue Flüssigkeit. Wohl eine Art Gegenmittel.

„Gally.", sprach der Fremde auf einmal mit einer tiefen, rauen Stimme, woraufhin ich realisierte, dass ich genau das tat, was ich nicht sollte.
Starren.

„Schön, dass du wieder da bist. Du hast wen mitgebracht.", bemerkte der ältere Herr und kam langsam auf uns zu gelaufen.

Thomas, der nach wie vor meine Hand hielt, stellte sich nun etwas nach vorne.

„Wir brauchen ihre Hilfe."

Violet 3 - The Death Cure Où les histoires vivent. Découvrez maintenant