50 | ein Ozean zwischen uns

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Newt

Erwartungsvoll blickte Thomas mich an, doch ich konnte einfach nicht antworten.
Was hätte ich ihm denn sagen sollen?
Ich wusste selbst nicht, was ich fühlte.
Ich erinnerte mich kaum noch an eine Zeit, in der ich Violet nicht geliebt habe.

Ich wollte ihn nicht belügen, andererseits war die Stimmung zwischen uns gerade so wieder in Ordnung gewesen.
Ich nahm also tief Luft und antwortete schließlich doch mit einem: „das ist Vergangenheit.
Alles ist gut."

Dabei war es das nicht, nichts war gut.
Nichts fühlte sich gut noch richtig an, außer mit ihr zu reden.
Das musste aber nicht gleich ein Indikator dafür sein, dass ich noch Gefühle für sie hatte.
Es musste nicht zwingend irgendetwas bedeuten.
Auch nicht, dass sie mir genau just in dem Moment über den Weg lief, als ich gerade zurück zum Essen war, welches ich an dem heutigen Tage anscheinend überhaupt nicht mehr schaffen würde.

Sie schien mich allerdings gar nicht zu bemerken, starrte stattdessen auf den Boden und hatte die Stirn vor lauter Sorgen in Falten gelegt.
„Violet?", sprach Ich sie vorsichtig an, ehe sie ganz an mir vorbei huschen konnte, doch erschrecken tat es die Schwarzhaarige dennoch ein wenig, sodass sie benommen aufzuckte.

„Oh, entschuldige Newt.
Ich hab dich nicht wahrgenommen.", entschuldigte sie sich höflich und zwang sich zu allem Überfluss auch noch ein Lächeln auf.

„Alles ok?
Hast du etwa mit Gally gesprochen oder wieso siehst du so aus, als hättest du einen Geist gesehen?", scherzte ich grinsend um verzweifelt die Stimmung ein wenig aufzulockern, doch Violet sah alles andere als begeistert oder amüsiert aus.
Ich konnte natürlich nicht von mir behaupten, dass ich Gedanken lesen konnte, doch sie schien keinerlei positive mehr zu haben.
Sie blickte mich aus leeren, müden Augen ganz aufgelöst an, als hätte sie einen langen Kampf hinter sich.
Und ich konnte nicht erkennen, ob ich sie darauf ansprechen oder lieber in Ruhe lassen sollte.

„Kann ich dir helfen?", fragte ich schließlich also relativ neutral und überließ ihr somit die Entscheidung.
Ich war nie ein Mensch gewesen, der andere gerne zum reden zwang.
Violet nahm einmal tief Luft und fuhr sich mit der Hand über die fast von Schweiß bedeckten Stirn, immer hin war es auch ziemlich heiß an dem heutigen Tage.

„Ja, ich habe mit Gally gesprochen.", antwortete sie ein wenig widerwillig, nach langer Überlegung. Das Thema fiel ihr sehr schwer, also hatte ich großes Verständnis dafür.
Ich wusste nicht, wie ich auf diese Nachricht reagieren sollte. Ich hatte zwar schon irgendwie damit gerechnet - wie ich ihr bereits gesagt hatte, aber ich hatte mir dabei nicht überlegt, was ich auf eine bejahende Antwort sagen sollte.
Nun war ich derjenige, der tief Luft holte und dabei die Stirn in Falten legte - eine Angewohnheit, die ich mir eigentlich abgewöhnen wollte.
„Er will es ihr sagen, aber ich werde es nicht tun.", ergänzte sie flüsternd.

Jetzt sah ich sie verwirrt und mehr oder weniger vollkommen geschockt an.
„Und das glaubst du ihm? Violet, er spielt doch nur den netten um fein aus der Sache rauszukommen. Er zählt darauf, dass du ihm glaubst und ihm dieses Angebot machst!"
Ich wollte sie auf keinen Fall so anbrüllen, aber ich war einfach so fassungslos über diese Entscheidung. Er verdiente zu leiden. Er verdiente komplett ruiniert zu sein und alles zu verlieren, was ihm lieb und heilig war.
Ich hatte keine Ahnung, woher diese extremen Gedanken kamen und ja, sie ängstigten mich, aber irgendwie waren sie mittlerweile ein Teil von mir geworden.
Sobald ich den erschrocken Gesichtsausdruck der Dunkelhaarigen erkannte, bereute ich meinen Ton und setzte einen Schritt zurück.

Violet 3 - The Death Cure Where stories live. Discover now