K A P I T E L 44

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Sein Handeln würde Konsequenzen mit sich ziehen, früher oder später. Aber es hielt Seth nicht davon ab ohne zu zögern die Grenze zwischen dem Land der Gestaltenwandler und Vampire zu überqueren. Er verbarg seine Gedanken vor seinen Brüdern, etwas was in Wolf Form deutlich schwieriger war. Er versuchte sich unauffällig zu verhalten, wollte nicht ungewollt Aufmerksamkeit auf sich ziehen oder womöglich in die Arme eines Cullens auf Jagt laufen.
Sein Tempo verlangsamte sich als er in die Nähe des Hauses der Cullens gelang. Da er niemanden im Wald aufgenommen hatte, schienen sie alle zuhause zu sein. Und so musste er darauf achten, dass sie ihn nicht bemerkten. Auch wenn er nicht vor hatte wie auf dem Präsentierteller genau vor einem der Fenster vorbei zu laufen, war er sich trotzdem bewusst wie aufmerksam sie waren. Allen voran wegen Mila und dem was passiert war.

Seth wusste sie war im Haus der Cullens, ihr Geruch war das komplette Gegenteil zu den Vampiren, süß und beruhigen anstatt unangenehm  beißend. Er wusste nicht wie lange er im Wald versteckt bleiben würde. Vielleicht würde er es wirklich riskieren zu bleiben bis die anderen sein Verschwinden bemerkten. Sein einziger Fokus lag darauf selbst zu sehen das es ihr gut ging. Er verlor die Zeit aus den Augen und ehe er sich versah war der Himmel schwarz und nur einige Sterne erleuchteten die Nacht. Das Haus war ruhig und nur ein Raum, das Wohnzimmer wenn er sich nicht irrte war minimal erleuchtete. Er wusste nicht mal welches Zimmer ihr gehörte, doch es war ihm egal. Er sehnte sich danach Mila endlich wieder zu sehen, dass er sich auch damit zu frieden geben würde lediglich zu wissen, dass sie im Haus der Cullens sicher war.

Fast hätte er aufgegeben als in einem weiterem Zimmer plötzlich das Licht anging. Zuerst passierte nichts weiteres und er glaubte es sei nur einer der Vampire die dies getan hatten. Sein Herz schwoll in seiner Brust als er sie sah oder zumindest so viel wie das spiegelnde Glas der Fenster von ihr freigab. Minimal bewegte er sich nach vorne in der Hoffnung besser sehen zu können. Seine Sicht war nicht perfekt, doch es genügte ihm vollkommen. Angespannt beobachtete er wie sie das Fenster oder eher die Tür komplett öffnete. Sein erste Gedanke galt der Gefahr in welche sie sich begab, nur ein falscher Schritt- sie verschwand wieder. Unruhig bewegte er sich auf der Stelle, wartend was sie als nächstes tun würde.
Sie setzte sich auf den Boden, in einer Decke gewickelt und mit einem Buch in der Hand. So verbrachte sie die nächste Zeit, sah immer wieder auf um in den Himmel zu sehen. Oder wie in diesem Augenblick in die Tiefe der Wälder vor ihrem Haus. Alles in ihm schrie danach sich zu zeigen, wenigstens einmal ihren Blick fangen zu können um in ihre Augen zu sehen. Doch er wusste es besser, verweilte in seiner Position und beobachtete die Schönheit weiter. Unzählige Gedanken wiederholten sich immer wieder in seinem Kopf. So viel was er ihr sagen wollte und dann dieser Drang sie endlich wieder in seine Arme schließen zu können. Mit ihr am Lagerfeuer zu sitzen, sie mit Emily backen zu sehen oder wie sie mit den anderen lachte.

Alles war friedlich, bis sie plötzlich nach hinten sah. Seth richtete sich alarmiert auf, als würde er in dieser Situation reagieren können. Als Emmett dann Momente später in sein Blickfeld trat entspannte sich der Gestaltenwandler wieder. Er konnte nicht genau ausmachen was sie miteinander sprachen, auch wenn er alles gegeben hätte um ihre Stimme zu hören. Emmett sprach deutlich lauter und trotz seines verbesserten Gehörs konnte er keine Antwort von Mila wahrnehmen. Der Vampir setzte an das Fenster zu schließen, hielt jedoch in seiner Bewegung inne. Emmett verweilte an der gleichen Position an der Mila zuvor gesessen hatte und sein Blick wanderte durch die Nacht in den Wald. Seth sackte ungewollt in sich zusammen, wissend, dass der Vampir deutlich bessere Sinne als ein Mensch besaß.
"Gutes Versteck Kleiner.", der Humor in Emmetts Stimme ließ den Gestaltenwandler wieder atmen welcher ungewollt die Luft angehalten hatte.

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"Was ist los?", so entspannt und nebenläufig Seth die Frage in den Raum warf, bei den Gesichtern seiner Brüder ahnte er bereits böses. Und spätestens als er Sam sah, welcher sich mit verschränkten Armen und ernster Miene zu ihm drehte, wusste er, dass er erwischt worden war. "Du warst selbst dabei als wir das Abkommen angepasst haben, du solltest genau wissen was hier das Problem ist Seth.", erwiderte Sam und Seth wusste sofort, dass er verloren hatte. Er hatte nicht damit gerechnet aufzufliegen, zumindest nicht so schnell. "In Notfällen dürfen wir auf das Land der Cullens.", murmelte Embry dann kleinlaut vom Tisch aus. Neben ihm Jared und Paul, während Emily das Ganze zögerlich von dem Küchentresen aus beobachtete. Wo der Rest des Packs war wusste Seth nicht, gleichzeitig änderte es nichts an dieser Situation. Wenn selbst Jared und Paul stumm blieben und sich nicht einmischten, war Sam wirklich sauer. "Ich wollte nur nach ihr sehen-", begann der Gestaltenwandler, doch Sams erhobene Hand ließ ihn verstummen. "Wenn Mila sich bereit fühlt, wird sie zurück ins Reservat kommen.", erwiderte er. "Ich wollte wirklich nur nach ihr sehen, ich habe aufgepasst und wollte nur-", begann Seth erneut den Versuch sein Handeln zu erklären. "Es reicht.", Sams Tonfall ließ selbst Emily inne halten. Die anderen spannten sich merklich an, es war nicht selten das Sam ein Machtwort sprach, doch gegenüber Seth war dies neu.  "Ich weiß wie sehr du dich danach sehnst sie wieder zu sehen.", begann der Ältere. "Aber du darfst dein Herz nicht vor deinen Verstand setzten. Du kannst nicht blind vor Liebe so leichtsinnig handeln.", presste der Alpha hervor. Zum Glück des Jüngeren hatten die anderen, allen voran Emily Sams Wut dämpfen können. Sie hatten noch nie eine vergleichbare Situation erlebt, doch die welche dieser am nächsten kam hatte unendliches Chaos im Reservat ausgelöst. Mila und Seth waren kein Vergleich zu Jacob und Bella und trotzdem erinnerte es gerade Sam ungemein an das Geschehen mit dem Swan Mädchen.

Seth hatte noch nie davon gesprochen Mila zu lieben. Liebe war allen voran für Gestaltenwandler ein bedeutsames Wort. Doch jeder wusste wie viel er für das Mädchen empfand ohne es jemals ausgesprochen zu haben. Auch genau deswegen konnten sie ihn verstehen und sein Verhalten nachvollziehen. Gerade die aus der Gruppe welche selbst Partner hatten wussten wie sich der jüngere Clearwater fühlte. "Sie ist fast gestorben, schon zum zweiten Mal durch die kalten Wesen.", erinnerte Sam ihn schweren Herzens. Sam wollte Seth nicht nur mit Wut gegenüber stehen, er verstand ihn. Trotzdem stand die Sicherheit des Packs und des Reservats vor allem. Und dies musste ihm klar gemacht werden, egal wie ungern Sam selbst solche Worte von sich gab. Er wollte Seth nicht verletzten, dass war das letzte was er damit erreichen wollte. Aber er musste ihn an seine Aufgaben als Gestaltwandler erinnern und daran wie wichtig es war sich darauf zu konzentrieren. Allen voran wenn die Situation mit Mila vorerst nicht von ihm selbst geändert werden konnte. "Sie braucht Zeit um damit umzugehen, dass müssen wir alle akzeptieren, egal wie sehr wir sie wiedersehen wollen."
Sam wusste wie sehr Emily Mila endlich wieder in die Arme schließen wollte. Wie oft Claire Quil nach ihr fragte und immer wiederholte wie sehr sie ihre Freundin vermisste. Jedes einzelnen Packmitglieder hing mehr an dem Cullen Mädchen als sie es zugeben wollten. Selbst Leah wollte sie nicht nur wegen Seth wieder in ihrer Nähe haben. Mila hatte Leah eine Art Halt gegeben den sie vorher durch niemanden in dieser Gruppe erhielt. Niemand anderes aus sie hatte es geschafft, dass Leah und Emily wieder miteinander sprachen. 

"Wenn sie es will wird sie wieder ins Reservat kommen, aber bis dahin setzt niemand einen Fuß auf das Land der Cullens, verstanden?", Sam sprach nicht nur Seth an, denn sein Blick wanderte kurz zu den anderen Mitgliedern des Packes. Stumm nickte jeder mit dem Kopf, Sams Art schüchterte selbst Paul und Jared ein. "Du wirst mehr Patrouillen übernehmen." Seths Blick war starr auf den Boden gerichtete als er zustimmend nickte. "Ich hoffe ich habe mich klar genug ausgedrückt was den Aufenthalt auf dem Gebiet der Cullens angeht." Seths nicken beendete für Sam das Gespräch, mit einem kurzen Blick zu Emily wand er sich ab, verschwand aus der Tür und machte sich auf den Weg zu Billy Black.

"Ich weiß, dass sie Zeit braucht.", Seth Schultern senkten sich ergeben, sein Blick immer noch auf den Boden gerichtet. "Aber ich hasse den Gedanken hier rumzusitzen und ihr nicht helfen zu können. Auch wenn ich weiß, dass sie genug Hilfe bekommt.", redete er weiter. Sprach niemanden direkt an, doch er hatte das Gefühl sich rechtfertigen zu müssen, obwohl kein muss dafür bestand. "Ich wollte damit niemanden in Gefahr bringen oder verärgern.", redete er weiter. "Hast du nicht.", überrascht sahen alle zu Paul der die Arme vor der Brust verschränkte. "In Gefahr gebracht meine ich.", setzte er hinterher. "Ja Sam ist einfach nur sauer weil du seine Anweisungen ignoriert hast und verschwunden warst.", mischte sich nun auch Embry ein. "Sie ist nicht mehr im Krankenhaus sondern bei den Cullens richtig?", fragte Jared dann und Seth nickte zögerlich. "Dann solltest du es wirklich lassen. Sam hat recht, die Cullens lassen sie wahrscheinlich keine Minute allein, ich bezweifle dass es ihr dort schlecht gehen kann."
Mit jedem Wort seiner Brüder schien Seth immer mehr in sich selbst zusammen zu sacken. Emily wusste, dass die anderen mit ihren Worten keinen Schaden anrichten wollten. Viel mehr versuchten sie ihm klar zu machen, dass er sich keine Sorgen machen brauchte. Doch in diesem Moment wirkte es für Seth so, als würden sie ihn nicht verstehen und nur noch mehr Salz in die Wunde streuen wollen.
"Er meint es nicht so böse wie-", begann Emily doch Seth schüttelte den Kopf. "Ist schon gut.", er versuchte zu lächeln, doch die schwarzhaarige sah wie es nach wenigen Sekunden fiel. "Ich sollte nach Hause gehen, sagt mir einfach bescheid wenn ich zur Patrouille kommen soll." Ohne auf die Antwort der anderen zu warten verschwand Seth, doch die angespannte Stimmung blieb.

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Als Seth zuhause ankam ging er ohne auf seine Mutter zu reagieren in sein Zimmer. Frustriert schloss er seine Zimmertür hinter sich und ließ sich auf sein Bett fallen. Eigentlich sollte es Berg auf gehen, doch der Gestaltenwandler fühlte sich wie in einer endlosen Schleife gefangen. Er versuchte sich immer wieder daran zu erinnern, dass es Mila gut ging und dies die Hauptsache sein sollte. Aber er wollte sie sehen, wollte sie wieder bei sich haben. Er wollte selbstsüchtig sein und einmal in all dem Chaos an sich selbst denken. Würde ohne zu zögern Sam Anweisung und die Worte seiner Brüder ignorieren um sie zu sehen. Wahrscheinlich würde er in den nächsten Tagen und Wochen wenig Zeit haben um darüber nachzudenken. Den extra Patrouille Schichten von Sam waren kein Witz.
Sein Handy meldete sich, wahrscheinlich einer der anderen die sich freuten, dass Seth ihre Patrouille übernehmen musste. Sein genervter Gesichtsausdruck erstarrte innerhalb von Sekunden als er die Nachricht sah. Sein Herz schlug ihm so schnell gegen die Brust, dass er für einen Moment nur noch Rauschen hören konnte.

Ich vermisse dich auch, mehr als jeden anderen



Bis(s) sie die Wahrheit kennt | Seth ClearwaterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt