K A P I T E L 6

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„Es tut mir wirklich leid, dass ich dich hier im Haus festhalte.", behutsam legte sich eine Hand auf Seths Schulter, welche er lächelnd mit seiner umschloss. „Alles in Ordnung Mum. Es ist sowieso mal an der Zeit, dass du dich ausruhst und nicht immer alles an dir hängen bleibt." Seitdem Sam ihn vor einigen Tagen los geschickt hatte um seiner Mutter Medizin zu bringen,hatte er weder das Haus verlassen, noch ihre Seite. Eine Grippe hat sie die ersten Tage außer gefecht gesetzt und so lag es an Seth sich um den Haushalt und Sue zu kümmern. Drei Tage war er nicht mehr im Wald gewesen, nicht mehr Patrouille gelaufen und hatte außer Leah, niemanden seines Rudels gesehen. Er freute sich wie verständnisvoll sie waren, doch er wusste nicht die ganze Wahrheit.

Natürlich hatte Sam Verständnis für seine Abwesenheit, schließlich ging es hier um seine Familie. Doch normalerweise würde er Leah mit einbinden, ihre Aufgaben kürzen damit sich die Geschwister die Aufgaben teilen konnte. Nicht nur Seth von ihnen befreien. Die Stimmung im Rudel war seitdem Treffen am Fluss angespannt, alle Argumente schienen widerlegt worden zu sein und trotzdem schwand das Misstrauen nicht. Billy war außer sich gewesen als er davon erfuhr und hielt trotz Sams Schilderung weiterhin an seiner Aussage fest. Dieses Mädchen konnte nicht menschlich sein.
Und da kam Seths ins Spiel. Er hat sie als einziger Gestaltenwandler bereits gesehen und natürlich hätte Sam ihn einfach mit der Frage konfrontieren können. Doch seine Schwester hielt ihn davon ab, auch wenn sie durch die vielen Aufgaben von seiner Anwesenheit weniger als sonst zu Hause war, so hatte sie doch im anscheinend richtigen Moment das Haus betreten.

Flashback
Sie hatte das Gefühl ihre Beine waren aus Blei, so schwer als könnte sie keinen Schritt mehr vor den anderen setzten. Zwei Schichten und das den zweiten Tag hintereinander waren doch anstrengender als sie es sich gedacht hatte und nun wünschte sie sich nichts sehnlicheres als in ihr Bett zu fallen. Leise öffnete sie die Tür, daran bedacht ihre Mutter nicht zu wecken, was sich wiederum erledigte als sie deren Stimme wahrnahm. „Und hast du ihr schon geschrieben?", Leahs Augenbrauen zogen sich zusammen, als sie ihren Bruder ein leises 'Ja' murmeln hörte. „Sie ist ein nettes Mädchen." - „Das ist sie wirklich." - „Und bildschön noch dazu." - „Mom!", sie musste nicht mal Seths Gesicht sehen, allein des klang seiner Stimme reichte um zu merken wie verlegen er gerade war. „Das muss dir nun wirklich nicht peinlich sein, ich war auch mal in deinem Alter.", die Geschwister befanden sich nicht mal im selben Raum und doch trugen sie den gleichen angeekelten Gesichtsausdruck. Ihr war zwar nicht bewusst das Seth ein Mädchen kennen gelernt hatte, doch schmunzelte als ihr bewusst wurde wie oft er in den letzten Tagen lächelnd vor seinem Handy saß. Breit grinsend bei dem Gedanken was für ein Gespräch dem Jüngeren nun bevorstand brachte sie die ersten Treppenstufen hinter sich. Als sie den nächsten Satz ihrer Mom wahrnahm ,versteifte sich ihr Körper und das Grinsen erstarb.
„Auf der Hochzeit habt ihr euch auch gut unterhalten, ich wusste es war eine gute Idee euch ein wenig alleine zu lassen."
Schlagartig war ihr klar, dass es nicht um irgendein Mädchen aus dem Reservat ging zu dem Seth Kontakt hatte. Es ging um den vermeidlicher Neuzugang der Cullens.



Es hatte eine regelrechte Diskussion im Hauses Urleys ausgelöst als Leah ihnen davon erzählt hatte. Sam hielt es für besser den jüngeren Clearwater erstmals aus allem raus zu halten. Da schien es wie ein perfekter Zufall zu sein, dass ihn seine Mutter zuhause braucht.
Nachdem er den letzten Topf im Schrank verstaut hatte und die Küche seiner Meinung nach ordentlich genug war begab er sich wieder ins Wohnzimmer. „Ich werde mich etwas hinlegen , danke fürs aufräumen mein Schatz.", lächelnd streichelte Sue seine Wange, bevor sie schmunzelnd auf die Kommode deutete. „Dein Handy hat vorhin ein paar Mal reagiert.", schneller als sie schauen konnte hatte Seth sein Handy in der Hand, genauso schnell legte sich ein Lächeln auf seine Züge. Bevor sie endgültig nach oben verschwand rief sie ein letztes Mal nach ihrem Sohn, welcher einen kurzen Momente brauchte um sich aus seiner Trance zu lösen.
„Grüß Mila von mir."


**

Genau dieser Name zog sich nun über das Display, nervös atmete er aus. Seine Wangen glühten immer noch von den Worten seiner Mutter von vor wenigen Minuten. Sue hatte ihm Milas Nummer noch am gleichen Abend als sie diese bekommen hatte gegeben. Und natürlich konnte sie nicht auslassen wie verlegen die Brünette auf ihre bitte reagiert hatte. Auch wenn er gefühlt hunderte Male eine Nachricht an das Mädchen geschrieben und sofort wieder gelöscht hatte, so hatte er sich doch getraut. Und er bereute es keine Minute lang. Aus den erst kurzen und etwas peinlichen Nachrichten wurden immer längere, welche sich mittlerweile sogar in Anrufe verwandelt hatten.
„Hey." - „Hey, ich hab dich doch hoffentlich nicht gestört?", lächelnd starrte er Löcher in die Luft. Jedes mal, jedes Mal hatte sie Angst ihn zu stören, obwohl er derjenige war, der sie anrief. „Nein keine Sorge, meine Mum ist sowieso gerade schlafen gegangen. Du hast mich gerade davor gerettet noch mehr putzen zu müssen." und schon hörte er wieder ihr Kichern, ihr süßes Kichern was in seinem Magen ein Feuerwerk entfachen ließ. „Dann solltest du mir dankbar sein, dass ich meine wertvolle Zeit mit dir verbringe.", das Grinsen war nicht mehr von seinem Gesicht zu bekommen. Auch wenn sich ihre Antwort spielerisch angehört hatte, so hätte die Brünette am liebsten ihr Handy fallen gelassen und fragte sich wieso sie gerade so etwas sagen musste. Seht machte sie nervös und so fragte sie sich oft genug wieso sie manchmal Sachen von sich gab, bei denen sie sich sicher war anhörten als wäre ihr IQ im Minusbereich. Als sein Lachen jedoch durch den Hörer ertönte entspannte sie sich und für ein Moment hörte sie nur noch ihn.
„Na gut. Ich danke dir Mila, dass du deine ausgesprochen wertvolle Zeit mit mir am Telefon verbringst." - „Für dich immer.",erneut hielt sie die Luft an. Ihr Mund hatte schneller reagiert als ihr Gehirn. Eine kurze Stille legte sich über die Unterhaltung, ehe Seth sich räusperte. „Gut das es auf Gegenseitigkeit beruht.", ihre Wangen wurden heiß und sie unterdrückte den zwang ihr Gesicht lächelnd in einem Kissen zu vergraben.
„Was hast du heute den so gemacht während ich zuhause Dienstmädchen spiele?", wie immer wenn er nervös war, lief er während des Gesprächs planlos durch Haus, bis er sich schließlich auf der Veranda nieder ließ. „Nicht viel wirklich, ich war im Garten...",murmelte Mila und sah auf den Strauß auf ihrem Schreibtisch. „Du kannst dich solange draußen beschäftigen?", das Thema Natur schien die beiden zu verbinden und so wurde er wieder hellhörig. „Ja...",kam es dann verlegen aus dem Hörer. „Ich weiß auch nicht wieso. Es ist einfach so friedlich weißt du? Die Blumen, Bäume einfach alles." - „Doch ich versteh dich, mir geht's genauso." „Wirklich? Du findest es nicht langweilig?", unruhig zupfte sie an ihrer Bettdecke herum. Dieses Wort beschrieb sie ihrer Meinung nach eigentlich am besten. Sie interessierte sich weder sonderlich für Mode, noch irgendwelche Sportarten. In einer Landschaf wie Tennessee war ihr die Natur so nah und so wunderschön, dass sie sich nichts anderes vorstellen konnte als diese zu genießen.
„Ganz im Gegenteil. Mein Angebot steht immer noch.", verlegen rieb er sich den Nacken, hatte er jetzt vielleicht zu weit getrieben?
„Gerne."

**

Lachend saß Seht auch eine dreiviertel Stunde später noch auf der Veranda. Ihre Gesprächsthema waren über die verschiedensten Thema gewandert, mittlerweile lachten sie über die peinlichsten Erlebnisse. Es war angenehm wie frei sie miteinander reden konnten, zusammen lachten. Wäre Leah nicht so laut aus dem Wald gestapft gekommen, hätte er sie wahrscheinlich nicht bemerkt, so sehr war er auf die Stimme am anderen Ende der Leitung fixiert. „Dein Urlaub ist vorbei Brüderchen, in fünf Minuten hast du mit Brady und Jared Patrouille.", müde klopfte sie ihm auf die Schulter ehe sie im Haus verschwand. Gerade als er überlegte wie er das Gespräch mit Mila am besten beenden konnte, ohne sie zu schnell abzuwürgen, hörte er wie sich ihre Stimme an eine andere Person richtete. „Was?...ja, in Ordnung. Bis gleich.", es hörte sich an als würde sie aufstehen und ein Klicken ertönte ,anscheinend hatte sie die Tür geschlossen. „Seth? Sei mir nicht böse, aber ich muss langsam auflegen. Ich hab ganz vergessen ,dass wir essen gehen wollten.", ihre Stimme war deutlich leiser als zuvor, unsicherer. „Meine Schwester ist gerade nach Hause gekommen, ich muss auch langsam auflegen." „Oh ok, dann wünsch ich dir viel Spaß mit deiner Schwester." - „Danke und dir viel Spaß beim Essen. Ich schreib dir.", lächelte er dann mit hochroten Wangen. „Ich freu mich drauf.", lächelte sie dann ebenfalls.

**

Das Gefühl vom Freiheit durchströmte Seth indem Moment als er mit vier Pfoten auf dem Waldboden aufkam. Brady und Jared neben ihm, während der Wind durch sein Fell wehte. Er war froh wieder aus dem Haus zu kommen und da es seine Mutter besser ging sprach auch nichts dagegen. So hatte auch Sam einsehen müssen, Seth nicht länger eine Auszeit geben zu können. Sie hatten in seiner Abwesenheit die Cullens genaustens im Auge behalten, sich jedoch soweit zurück gehalten nichts zu provozieren. Der Alpha hatte ein Machtwort gesprochen und auch wenn nicht alle damit einverstanden waren, so würden sie sobald Jared, Brady und Seth wieder da waren ein Packtmeeting halten. Deswegen hatte er auch allen deutlich eingebläut, ihre Gedanken bei sich zu behalten.

**

Völlig ausgepowert aber glücklich verwandelte sich Seht zurück, die Sonne war kurz davor hinter dem Horizont zu verschwinden als er durch die Tür in Sam und Emilys Haus trat. Da sie noch nicht vollständig zu sein schien, schnappte er sich einen Muffin und ließ sich auf einen freien Stuhl am Tisch nieder. Wo er auch gleich von einer lächelnden Emily begrüßt wurde. „Es bleibt viel zu viel übrig wenn du nicht mitisst Seht.", grinsend biss er erneut von seinem Muffin ab. „Ich hab dich auch vermisst Emily." Fast wäre ihm das Stück wieder aus dem Mund gefallen, als eine Hand Kontakt mit seinem Hinterkopf fand. „Lass den Mund zu wenn du isst, die Manieren wirst du jawohl in den paar Tagen nicht verloren haben.", ein getuscheltes „Tschuldigung" folgte als sich sein Alpha zu seiner Verlobten gesellte.
Mittlerweile fehlten nur noch Jacob und Brady, der Rest des Packs saß bereits mit vollen Tellern um den Tisch herum und unterhielten sich lautstark. Die Tür knallte auf als einer der jüngsten genervt herein trat. „Wer ist dir den über die Leber gelaufen?", grinste Collin. „Seth hat anscheinend vergessen, dass wenn man sich zurück verwandelt auch all sein Kram mitnimmt.", mit einer schneller Handbewegung hatte er ihm etwas zugeworfen, was sich als Seths Handy entpuppte. „Es hat ununterbrochen geklingelt.", murrte er dann.
Mit dem Gedanken an seine Mutter entsperrte er es, doch nicht ihr Name sprang ihr entgegen sondern ein andere.
Mila.
Nachrichten, Anrufe, alles im Überfluss.
[18:35] Ich hoffe du machst dir einen schönen Abend mit deiner Schwester. Bei mir sind alle Essen gefahren, ich bin zuhause geblieben :)
[18:56] Ich merke gerade wie paranoid ich werde, ich sollte definitiv weniger Horrorfilme schauen.
[19:02] Es ist aber auch schon gruselig alleine in einem Haus am Waldrand zu sein.
[19:10] Irgendwie fühle ich mich unwohl, ich will sie aber auch nicht bei ihrem Essen stören, weißt du?
[19:17] Hoffentlich störe ich dienen Abend nicht. Sorry.
[19:24] Kannst du vielleicht kurz mit mir telefonieren? Ich würde jetzt gern deine Stimme hören.
[19:30] Seth ich glaube jemand ist im Haus

[Mila: 4 verpasste Anrufe]
Das war vor mehr als zwanzig Minuten.
„Seth alles in Ordnung?", verwirrt musterte ihn seine Schwester und auch die anderen hatten seinen Stimmungswechsel bemerkt. „Ich weiß nicht ganz." Seine Finger glitten über das Display, wählten zuerst seine Mailbox. „Hey, ich hoffe wirklich ich stör dich nicht. Aber es ist so komisch allein im Haus zu sein. Na gut, bis dann." - „Nochmal ich. Ich bin wirklich der Meinung ich werde paranoid, ich könnte schwören die Verandatür war geschlossen aber-" - „Ich hoffe du siehts es bald, ich könnte jetzt wirklich jemanden gebrauchen der mir sagt,dass ich mir alles einbilde."
„Seth langsam wird mir das zu gruselig ich schwöre ich hab was gehör-"
Er ignorierte alle um sich herum, alle die diese beunruhigenden abreißenden Nachrichten gehört hatten die Mila hinterlassen hatte. Bevor er reagieren konnte leuchtete ihr Name erneut auf, sie rief ihn an. „Mila?" - „Seth gott sei dank!", ihr Stimme zitterte. - „Mila was ist los,was sollen diese Nachrichten?" - „E-es ist jemand im Haus Seth, ich bilde mir das nicht ein. Ich hab mich versteckt. Ich-ich weißt nicht was es ist a-aber-"Ein Krachen ertönte, so laut das er sich mit verzerrtem Gesicht das Handy vom Ohr entfernte. „Mila?" - ein erneutes Krachen.
„Mila!" - „Was wollen sie von mir?" und wieder, es hörte sich an wie eine Glasscheibe die in tausende und abertausende Teile zersprang, übertönte ihre vorher noch so kratzige Stimme.
„Was sind sie?Ich-NEIN!"
Im selben Moment in der die Leitung verstummte ertönte ein heulen.
Ein Wolfsheulen.





Bis(s) sie die Wahrheit kennt | Seth ClearwaterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt