KAPITEL 3

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Staunend sah sie sich um und betrachtete die Wände. Als wenn sie sich das Bild des Hauses einprägen wollen würde, strich sie mit der flachen Handinnenfläche über die dunklen holzigen Möbel bevor sie ihren dicken Pelzmantel ablegte und über den beigen Esszimmerstühl hing. "Ich kann noch immer nicht fassen, dass du dir all das aufbauen konntest. Mit einem Job als Autorin verdient man wohl sehr gut was?" scherzte sie und ich schmunzelte. "Tja Mum. Es kommt immer darauf an was du schreibst, beziehungsweise wie du es schreibst. Ob es ein Roman oder ein Thriller ist, ist ganz egal. Du musst die richtigen Wörter finden um jemanden seelisch zu berühren." - "Ich bewundere deinen Enthusiasmus wirklich, aber ich befürchte, dass dir irgendwann keine Wörter mehr einfallen werden und du immer und immer wieder das Gleiche schreiben wirst. Du verlierst Leser, Anerkennung, deinen Job. Dabei erntest du nichts als niederschmetternde Kritik und Spott. Du weißt wie grausam die Welt sein kann, wenn sie nicht das bekommt, was sie von dir verlangt." Ermahnte sie mich und ich versuchte krampfhaft den Kloß in meinem Hals herunterzuschlucken, nachdem ich mir ihre Worte eingeprägt hatte. Außer ein krächzendes und wimmerndes 'Ja', kam nichts weiter aus meinem Mund. Denn sie erinnerte mich immer und immer wieder an meine Vergangenheit, an die ich niemals erinnert werden wollte. "Du hättest weiterhin in der Wirtschaft tätig bleiben sollen, dein Autorendasein hättest du als Nebenjob fortführen können." - "Aber wo soll ich denn die Zeit erbringen? Mit dem Job in der Wirtschaft, war ich stundenlang im Büro. Ich konnte an nichts anderes denken als Aktien oder Börsen. Und danach war Mariella am Zug. Sie ist meine Tochter und ich würde sie vor jedem Job der Welt vorziehen. Es wäre also keine Zeit mehr für meine Bücher geblieben Mum. Und ich liebe meinen Beruf und wir haben genug Geld für uns." fauchte ich sie an doch sie sah mich nur mit einer hochgezogenen Augenbraue an. "Ich mache mir nur Sorgen um euch mein Schatz. Und besonders um Mariella. Sie braucht dich, und einen Va-" - "Wehe du redest weiter!" ermahnte ich sie herrisch und sie sah mich geschockt an. "In den 2 Jahren in denen sie lebt, hatte sie nie einen gebraucht. Also brauch sie auch jetzt keinen." - "Du weißt nicht wie es ist, wenn sie älter wird. Du kannst nicht für Mariella entscheiden, wenn du selbst nicht weißt, wie sie später über all das denkt. Natürlich kann auch ich nicht sagen, dass sie es schöner finden würde, mit einer männlichen Bezugsperson an ihrer Seite. Aber ich kann dir sagen, dass es ihr gut tun würde. Ich habe dir hier ein kleines Kärtchen mitgebracht, dieser Mann, arbeitet bei uns. Er ist neu in der Firma, er hat eine sehr gute Arbeitseinstellung und ist ein Abteilungsleiter. Er ist witzig, charmant, klug, ein absoluter Gentleman. Er wird dir gefallen. Bitte, tu mir einen Gefallen und triff dich mit ihm. Er würde sich sehr freuen." Fassungslos sah ich sie an, doch ihre siegessichere Miene brachte mich lediglich zum augenrollen und ich stand auf um den Kaffee in unsere Tassen einzufüllen. "Wo ist denn eigentlich die Kleine abgeblieben?" - "Oben. Sie spielt. Immerhin muss sie ja nicht mitbekommen wie du mir wieder einmal einen neuen Mann anhängen willst." - "Ich will dir keinen anhängen, ich will dein Familienglück vollkommen machen. Mit ihm wärst du finanziell unabhängig, du kannst dir also mehr Zeit für Mariella nehmen, du hättest einen Mann der dich glücklich machen würde." - "Du weißt nicht, ob er Mariella und mich glücklich machen würde.
Immerhin ist er ein Mann." Störrisch gab ich das Gesagt von mir und kreuzte meine Hände als ich mir diese auf meinen Schoß legte. "Schätzchen, du bist für die Männerwelt geschaffen, sieh dir doch mal deine kleine Prinzessin an. Die hast du nicht von einer Frau bekommen. Das war eine Phase, die jetzt vorbei ist! Lass uns das Thema wechseln." Herrisch befahl sie es mir und ich musste wieder einmal die Augen rollen. Sie verstand nie, wie ich eine Frau lieben konnte und ich war froh, dass sie in der Zeit, als Olivé an meiner Seite war, nie hier war wenn Olivé es war. Wie ein Pfeil schoss mir der Gedanke an meine Vergangenheit, vor Olivé und auch vor Mariella in den Kopf und ich versuchte diese schleunigst wieder aus meinem Kopf zu bekommen. Doch es funktionierte nicht, immer und immer wieder ertappte ich mich dabei, daran zu denken. Immer wieder funkelten diese dunkelgrauen Augen mich an..und dieses fröhliche Grinsen. Jordan war ihr Name. Eine Französin im Auslandjahr, in die ich mich hoffnungslos verliebte. Jordan war die Erste, die mein Herz gestohlen hatte und sie war die einzige und letzte, die es zerstört hatte. Meine Gedanken schwiffen ab als ich ein zartes Kichern hörte. Sofort drehte ich mich um und sah in die leuchtenden Augen meiner wundervollen kleinen Tochter die bereits am Esstisch saß und mit ihrer Grandma malte. Tief atmete ich ein bevor ich vom dröhnen des Telefons gestört wurde. "Ich geh kurz ran Mum." sagte ich und gab nebenbei Mariella einen Kuss auf die Stirn. Schnell schnappte ich mir das Telefon und ging nach draußen. "Evelyn Pierce?" - "Hallo Mrs. Pierce. Wir erwarten bereits ein neues Kapitel Ihres Romanes?!" es war eine weibliche Stimme, und dennoch klang sie so dunkel und verführerisch, dass es mir ein Schauer über den Rücken laufen lies. Sie war erotisch und magisch zugleich. Und sofort hatte sie eine Wirkung auf mich, die mein Körper prickeln lies. "Ähm, ja tut mir wirklich Leid. Ich kam in den letzten Tagen nicht dazu-" - "Das sagen Sie bereits seit 2 Monaten. Morgen um 11 Uhr werde ich höchstpersönlich bei Ihnen sein und mir ein Bild davon machen, ob es sich noch lohnt auf ihre Werke zu warten." unterbrach die Stimme mich desinteressiert. "Okay. Mrs.?" fragte ich stotternd. "Hawking" sagte die Stimme bevor der mir bekannte Ton erklang, dass diese Person aufgelegt hatte. "Hawking" flüsterte ich noch selbst zu mir bevor ich mich panisch umsah. Sie war diejenige, die die Firma leitete. Der "Hawking Verlag." Das hieß, die höchste Vorgesetzte, will persönlich hier herkommen.
In mir brach Panik und Angst aus, ich war erschöpft doch ließ es mir vor den beiden nicht anmerken. Stattdessen lehnte ich mich gegen die Wand und atmete kurz durch bevor ich mich fröhlich wieder zu den beiden gesellte. "Mum, kannst du Mariella morgen zu dir nehmen, oder die Nacht? Ich hole sie morgen ab, ich hab ein wichtiges Meeting mit dem Verlag." Sagte ich lächeln und meine Mutter zögerte nicht eine Sekunde bevor sie fröhlich antwortete. "Natürlich mache ich das! Dann werden wir ganz viel Spaß haben!" rief sie zu Mariella welche grinste und quietschte vor Freude. Schnell ging ich nach oben und packte einige Sachen von Mariella in eine kleinen Tasche. Pyjama, frische Kleidung, eine Jacke, ihr Kuscheltier und natürlich Zahnbürste und Zahnpasta. Den Rest, den Mariella mitnehmen wollte, lies ich sie selbst einpacken und setzte mich wieder zu meiner Mutter. "Und während du mal eine kurze Pause von der Kleinen hast, kannst du ja ihn anruf-" - "Mum!" - "Ist ja gut. Aber bitte tue es irgendwann einmal für mich." Eindringlich und mit einem Hundeblick sah sie mich an, ich konnte es nicht fassen, dass sie es immer wieder schaffte, mich weich zu bekommen. "Vielleicht rufe ich ihn heute oder morgen an, und dann werde ich entscheiden ob ich ihn sehen will oder nicht!" Bestimmte ich und meine Mutter fiel mir um die Arme. Vorsichtig kam Mariella die Treppen herunter und stellte sich mit ihrem kleinen Rucksack vor uns hin und sah mich lächelnd mit großen Augen an. "So jetzt geht es los mein Schatz, hab ganz viel Spaß ja?" flüsterte ich und sie nickte grinsend. "Danke Mum. Bis morgen dann." - "Bis Morgen mein Schatz, hol sie ab wann du willst. Du weißt, dass sie auch ein paar Tage bei mir bleiben kann, ich habe sie gerne bei mir und sie ist auch nicht abgeneigt." - "Danke, ich überlege es mir." rief ich ihr zu während sie Mariella in ihren Wagen brachte und selbst einstieg um danach loszufahren. Seufzend ließ ich die Tür ins Schloss fallen und lehnte mich an diese. Es war so ruhig ohne Mariella, und doch war es einmal gut, um über alles nachzudenken. "Hawking" flüsterte ich mir zu und dachte kurz über diese dominante und verführerische Stimme nach. Ich schloss die Augen und mein Atem wurde bei jedem Gedanken unregelmäßiger, was mich aufkeuchen lies. Sofort riss ich die Augen auf und schüttelte den Kopf. Kann es wirklich sein, dass mich eine Stimme so verrückt machte? Schwer atmend ging ich wieder in die Küche und setzte mich an meinem Platz um meinen Kaffee auszutrinken. Bis mir das Kärtchen auffiel, welches meine Mutter hier gelassen hatte. Ich zog es über den Tisch und spielte kurz damit herum bevor ich laß, was darauf stand. "Micah Landsberg. Abteilungsleiter: Finanzen" flüsterte ich und dachte kurz nach.

Let me be your poem [girlxgirl]Where stories live. Discover now